Kleinere Mitteilungen.
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2 Stunden begleitet. Auf dem Gipfel des 2 km hohen Mit, Washington erfolgte der
Durchzug der Front zur gleichen Zeit wie in Boston und war von einem Temperatur-
sturz von 31° C im Verlaufe von 10 Stunden gefolgt.“
Abb. 2 stellt die Wetterlage!) kurz vor Durchzug dieser Front in Boston
dar, wo die Temperatur noch +-13° beträgt, während schon in der Seeen-
region 30° Kälte unterschritten werden. An der Nordseite der Front liegt ein
verhältnismäßig schwaches Tief von 995 mb südlich des St. Lorenz-Golfes, flankiert
von zwei Hochdruckgebieten östlich von Bermuda und über dem Felsengebirge.
Besonders katastrophal ist die Auswirkung der Kältewelle über den Golfstaaten,
wo selbst an der Küste der Gefrierpunkt weit unterschritten wird,
Wenn die Energie eines Sturmwirbels schon vorher an der erzeugenden
Frontalzone als Höhensturm aufgespeichert ist, so schloß ich beim Studium der
Willetschen Beschreibung, dann müßte sich das Lorenz-Golf-Tief in kurzer Zeit
zu einem ganz schweren Sturmwirbel entwickeln, und die im „VWetterb, d. D.
Seewarte‘“ enthaltene und in Abb. 3 wiedergegebene Wetterkarte vom 10. Februar
1933, 0 Uhr bestätigt diese Schlußfolgerung in treffendster Weise: Im Verlaufe
von 36 Stunden hat das Lorenz-Golf-Tief sich um volle 50 mb vertieft,
ist als Orkanwirbel — genau der Richtung der Frontalzone folgend — nordost-
wärts zur Davisstraße gezogen und hat den gesamten westlichen Teil des
Nordatlantiks in seinen Einflußbereich einbezogen, wobei die erzeugende
Kaltfront noch weit südwärts bis nach Bermuda hin deutlich ausgeprägt ist.
So außergewöhnlich wie die Frontalzone, so energiereich war auch
dieses Tief, denn bei seinem Durchzug wurde an der Nordwestküste Grönlands der
tiefste Luftdruck im Verlaufe mehrerer Jahrzehnte gemessen und noch auf
der Ostgrönlandsee erzeugte die Druckwelle nach Überschreiten des grönländischen
Massivs einen Tiefdruckkern von 955 mb. Dabei folgte dieses Tief (vgl. die in
Abb. 4 eingezeichnete Zugbahn) vom Lorenzgolf aus fast genau dem Größt-
kreis, während es im Anfangsstadium vom Mündungsgebiet des Mississippi aus
zunächst etwas polwärts abgebogen war.
Wenn man die über der Ostgrönlandsee auftauchenden Zyklonen zurück-
verfolgt, so findet man übrigens, daß fast alle über den östlichen Teilen
von Nordamerika entstehen, dann zunächst polwärts wandern und schließlich
bei Innehaltung des Größtkreises im hohen Norden Europas eine mehr nach
SE gerichtete Bahn aufnehmen.
Wie die in Boston erfolgte Abkühlung sich durch die gesamte Tropo-
sphäre erstreckte, zeigt Abb. 5, in der die beiden Aufstiege von Boston kurz
vor Durchzug der Front und etwa 14 Stunden nach der Passage wiedergegeben
sind?), Bei 1000 m Höhe überschreitet der Temperaturrückgang 30° und
beträgt bis zu der am Morgen des 9. II in 4000 m Höhe noch angetroffenen
Frontfläche 20°, In Gipfelhöhe des Aufstiegs wurde dabei ein Südweststurm
von mindestens 200 km/Stunde angetroffen, ein Wert, der recht gut zu
dem Betrag paßt, den man aus der Höhenwetterkarte des Vortages erhält.
Der Verlauf der Linien gleicher relativer Topographie der 500- über der
1000 mb-Fläche und der absoluten Topographie der 500 mb-Fläche ist in den
Abb. 6 und 7 wiedergegeben, und hier hebt sich die Frontalzone durch
einen Temperatur- und Druckgegensatz in der Höhe so deutlich
hervor wie nur möglich. Es ist kaum angängig, die Isolinien in der Wetter-
karteneinheit von 4 zu 4 Dekametern zu zeichnen. Über Chikago und noch
mehr über Ellendale (wo der Aufstieg allerdings oberhalb 2500 m extrapoliert
werden mußte) ist die Troposphäre kälter als je über dem europäischen
Raum und nur in Nordsibirien bisher beobachtet worden, während in
noch nicht einmal 1000 km Entfernung die Troposphärentemperatur nicht viel
vom Zustand im Äquatorialgebiet abweicht. Zwischen Cleveland
und Kap Hatteras erhält man für 5000 m Höhe einen Gradientwind
von 275 km/h, und dieser Wert beweist, daß man im Ursprungsgebiet
der atlantischen Sturmzyklonen mit Windgeschwindigkeiten von mehr
*) Die Wetterkarte wurde gezeichnet auf Grund der vom Mass, Inst. of Techn, herausgeg, Weather Map,
ergänzt durch einige im „„ Wetterb. d. D. Seewarte‘ enthaltene Schiffsmeldungen. — 2) Zeit: E.S.T.