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Full text: 20, 1897

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S97 No. 4 — 
Zu den Druckanemometern gehören endlich noch die Instrumente, als deren Typus das Lind’sehe 
Anemometer') genannt werden mag, bei denen der Winddruck auf die Flüssigkeits-Oberfläche in dem einen 
Schenkel eines Hebermanometers wirkt und durch die Niveaudifferenz der beiden Schenkel gemessen wird. 
Alle diese Instrumente bedürfen einer Windfahne, die ihre auffangenden Flächen dem Winde beständig 
entgegenhält, was sich jedoch wegen des fortwährenden Richtungswechsels des Windes niemals vollkommen 
erreichen lässt. Ihre Vorzüge bestehen darin, dass sie auch momentane Stösse registriren und damit Maximal- 
werthe des Druckes und der Geschwindigkeit geben, während die Rotationsinstrumente nur die mittlere Ge 
schwindigkeit in einem bestimmten Zeitraum liefern. 
Die Geschwindigkeit des Windes, deren Kenntniss für den Meteorologen weit wichtiger ist, als die des 
Druckes, kann aus den Angaben dieser Apparate nur mit Hülfe von Formeln abgeleitet werden, die bei 
dem gegenwärtigen Zustande der Aerodynamik für jedes einzelne Instrument mit Hülfe des Experiments 
und theoretischer Betrachtung besonders aufgestellt werden müssen, da zur Zeit keine vollständige und all 
gemeine Relation zwischen der Geschwindigkeit und dem Drucke des Windes auf eine Fläche von beliebiger 
Gestalt und Grösse bekannt ist. 
Die zweite grosse Klasse bilden die sogenannten Sauganemometer, bei denen die Aspirations 
wirkung gemessen wird, welche der Wind in der Nähe eines ihm entgegenstehenden Hindernisses hervor 
bringt. Zwei ganz verschiedene Formen solcher Instrumente sind vorgeschlagen worden, entsprechend zwei 
verschiedenen Arten, in denen eine bewegte Flüssigkeit eine Druckverminderung hervorbringt. 
In der ersten Form wird die Druckverminderung dadurch veranlasst, dass der Wind durch ein horizon 
tales Rohr streicht mit einer Verengerung oder einem Diaphragma im Inneren, bei der zweiten -wird die 
Saugwirkung in einem vertikalen Rohr hervorgebracht, über dessen offenes oberes Ende der Wind hinweg 
streicht. Nur die zweite Form allciu hat als Hagemann’sches Anemometer 2 ) eine beschränkte Anwendung 
gefunden, obwohl, wie vor mehreren Jahren G. E. Curtis 3 ) gezeigt hat, die Saugwirkung in dem horizon 
talen Rohr eine aus der Theorie der Flüssigkeits-Strömung leicht abzuleitende Beziehung zur Geschwindig 
keit hat, die nicht weniger bestimmt ist, als hei jeder andern Klasse von Anemometern. Weitere experi 
mentelle Untersuchungen über diese Instrumente, zu denen die Anemometer von Overduyn, 4 5 ) Bourdon 6 ) 
und Arson (i ) gehören, würden zur Prüfung der interessanten theoretischen Ausführungen von Curtis sehr 
wünschenswerth sein. 
Die dritte und wichtigste Gruppe bilden endlich die Rotationsanemometer, die sich von den bisher 
besprochenen vor allem wesentlich dadurch unterscheiden, dass sie, wie schon bemerkt, die mittlere Ge 
schwindigkeit während eines gegebenen Zeitraumes liefern. Eine vollständige Theorie derselben bietet noch 
grössere Schwierigkeiten dar, als die der Druckanemometer, da es sich um Bewegungsprobleme handelt, 
während dort nur Gleichgewichts-Bedingungen aufzustellen sind, und dabei ausser dem schiefen Stoss des 
Windes strenge genommen auch die durch die Rotation der beweglichen Theile des Apparates hervor 
gerufenen Wirbel berücksichtigt werden müssen. Dieselben werden daher durchweg empirisch graduirt, in 
dem man die Windgeschwindigkeit durch eine geeignete Interpolationsgleichung direkt als Funktion der 
Rotationsgeschwindigkeit des beweglichen Systems darstellt, wenngleich theoretisch dieselben zunächst auch 
nur den Druck des Windes messen. Hierher gehören zunächst die sogenannten Flügelanemometer, deren 
erstes 1752 von Schober 7 ) beschrieben worden ist. Dasselbe scheint lange keine Beachtung gefunden zu 
haben, bis Woltmann 8 ) auf seine Wichtigkeit für Geschwindigkeitsmessungen an Luft-und Wasserströmun 
gen hinwies. „Der Woltmann’sehe Flügel“, wie diese Gattung von Instrumenten in Deutschland bezeichnet 
zu w r erden pflegt, besteht aus Windmühlen artigen leichten Flügeln an einer horizontalen Drehungsaxe, die 
durch eine Windfahne der Richtung des Windes parallel gehalten wird, so dass letzterer immer unter dem 
selben Winkel auf die schief gestellten Flügelebenen stösst. Die Theorie dieser Instrumente wurde von 
*) Lind, Philos, Transactions LXV, 353. 1775. 
^ G. A. Hagemann, Annuaire pour l’année 1876 de ¡’Institut météorologique Danois, pag. 33. 
3 ) G. E. Curtis, American Met. Journ. V, 193. 
4 ) Overduyn, Mechanics Magazine LXI, 82. 1854. 
5 ) Bourdon, Comptes Rendus XCIV, 229. IS82. 
6 ) Ar son, Mémoires de la soeiété des ingénieurs civils 1876, 505. 
7 ) Schober, Hamburger Magazin IX, Stück 2. 
s ) Woltmann, Theorie und Gebrauch des Hydrometerflügels, oder zuverlässige Methode, die Geschwindigkeit der 
Winde und strömenden Wässer zu beobachten. Hamburg, 1790. Neue Aufl. 1835.
	        
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