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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1897 No. 3 —
scheu als der deutschen Küste, „ausserhalb aller Gründe — nach dem Segelhandbuch, p. 79 — auf 54° 2719 N
und 12°9I7 0 in lim Wassertiefe bei dem gleichnamigen Iiiffe, vor welchem es den nahenden Seemann
warnen soll.“
Das Gjedser-Riff schiesst von der Südspitze der Insel Falster in südöstlicher Richtung 8.3 Seemeilen
weit aus, sein innerer Tlreil bildet mit den östlichen Ausläufern des Rothen Sandes einen zusammenhängen
den Grund. Es besteht aus dem von Gjedser Odde spitz vorspringenden Landgrund und den sich in dessen
Verlängerung seewärts anschliessenden Steingründen Trindelen mit 1.8 m, Mellern Ivnoben mit 5 m, Yder-
Knoben mit 3.7 m und Varsko mit 5.6 m geringster Tiefe. Zwischen den Gründen führen Rinnen mit 6 bis
8 m Tiefe hindurch, doch sind dieselben schwierig aufzufinden.
Auf diesem zu Dänemark gehörenden Feuerschiffe werden täglich Strom, Wind und Wassertempera
turen gemessen, sowie Beobachtungen über den Salzgehalt des Wassers in verschiedenen Tiefen angestellt.
Die gütige Unterstützung der Handelskammer zu Lübeck, wie nicht minder der Herren Professor Adam
Pauls en in Kopenhagen und Geheimrath Neumayer in Hamburg ermöglichten mir nun diese Unter
suchung. Der Direktor von Det danske meteorologiske Institut überliess mir mit grosser Liebenswürdigkeit
eine Kopie der Journale des Feuerschiffes. Der für solche Zwecke stets hülfsbereite Leiter der Deutschen
Seewarte verpflichtete mich durch geschätzte und willkommene Winke, während der Sekretär der Handels
kammer, Herr Dr. jur. Franck, mir andere werthvolle Quellen erschloss. Allen fühle ich mich dadurch
auf’s tiefste verbunden und verfehle nicht, an dieser Stelle dafür meinen innigsten Dank auszusprechen,
welchen ich auch denjenigen meiner Schüler, die mir einen Theil der mechanischen Rechenarbeit abnahmen,
hiermit abstatten möchte.
Ich musste nach Empfang der Journale von Kopenhagen zuerst den reichhaltigen Stoff sichten und aus
dem vielseitigen Material das für meine Zwecke Erforderliche auswählen.
Wie Krümmel sagt, waren die praktischen Seefahrer der Ueberzeugung, dass in erster Linie der Wind
den Strom mache; und in der Tliat redet die alltägliche Erfahrung der See eine so eindringliche Sprache
für diese Auffassung, dass es nicht verwunderlich ist, dieser wie einem traditionellen Axiom in praktisch
seemännischen Kreisen zu begegnen. Man darf sagen, je unbefangener, je weniger — gelehrt der Seemann,
um so entschiedener wird er den Satz vertreten: „der Strom wird vom Winde gegeben“, und um so aus
schliesslicher wird er im Winde die Ursachen der Strömung erkennen. Auch einige Verfasser neuerer Lehr
bücher der Steuermannskunst haben sich rückhaltlos dieser Ansicht angeschlossen, während andere, von den
eigentlichen Theoretikern beeinflusst, dem Winde nur eine mehr oder weniger bedingte Einwirkung auf den
Strom zusprechen.
Da sich die vorliegende Untersuchung nur mit den für den Seemann hauptsächlich in Betracht kom
menden Oberflächen-Strömungen befassen soll, wurden aus dem zu Gebote gestellten Material von vornherein
die Barometer- und Thermometer-Beobachtungen, sowie die Bestimmungen des spezifischen Gewichtes aus-
geschieden. Ich beschränkte mich nach Muster der angeführten Dinklage’sclien Arbeit auf die Notizen über
Wind und Strom. Es standen mir die Resultate dreier Jahre, 1893, 1894 und 1895 zur Verfügung, von
denen ca. 32 Monate mit täglich je 6 Mund- und 6 Strom-Notirungen vorliegen. Im Jahre 1893 war das
Feuerschiff vom 7. Januar Nachmittags 6 Uhr bis zum 14. März Nachmittags 3 Uhr wegen Eisgefahr ein
gezogen. Für 1894 liegen alle Beobachtungen vor, während 1895 der 7. Februar bis 22. März 10 Uhr Vor
mittags keine Notizen bringen, da das Feuerschiff' des Eises wegen im Hafen weilte. Danach standen 5918
einzelne Wind- und ebensoviel Strom-Messungen nach Richtung und Stärke zur Verfügung. Laut Mitthei
lung des Meteorologischen Institutes in Kopenhagen werden die Wind-Notirungen nach Schätzung gemacht
und in Werthen der Beaufort-Skala niedergeschrieben. Die Strom-Messungen geschehen mit der Logge, beide
Richtungen, Wind und Strom, werden missweisend (magnetisch) aufgezeichnet, die Stärke des Stromes in
Seemeilen für die Stunde angegeben. lieber die Zweckmässigkeit dieser Methode der Strombeobachtung
äussert schon der alte Brarens in seinem „System der praktischen Steuermannskunde“ (2. Auflage, Magde
burg 1807), dass „sich der Strom nur dann genau erforschen lässt, wenn man mit dem Schiffe oder einem
Fahrzeuge vor Anker liegt. Da auch die Erfahrung lehrt, dass der Seestrom sich in der Tiefe verliert, so
kann ebenfalls, wenn die Gelegenheit es zulässt, auf der hohen See, wo kein Grund zu erreichen ist, durch
ein ausgesetztes Fahrzeug der Strom erforscht werden.“
Diese Aufgabe hat vor Kurzem der Kommandant des amerikanischen Vermessungsfahrzeuges „Blake“,
Kapt.-Lieut. Pillburry, V. St. M., für tiefes Wasser in glänzender Weise gelöst, indem er, um den ruhenden
Punkt als Basis für Strommessungen zu gewinnen, in einer Tiefe von 3986 m im Golfstrom ankerte. Er