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Full text: 20, 1897

Dr. Gerhard Schott: J)ie Flaschenposten der Deutschen Seewarte. 
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Kehren wir zu der grossen Westwindtrift zurück, so wird die ostnordöstliche Richtung bei einigen in 
relativer Nähe von Australien abgesandteu Flaschen besonders deutlich, z. B. bei No. 18 und 22 (Ind. Ozean) 
und bei den auf Neu-Seeland gestrandeten No. 17 und 21 (Ind. Ozean). 
Andererseits kommen freilich auch grade hier in Nähe von Land ausnahmsweise andere Richtungen 
vor, so in der grossen von Australiens Südküste gebildeten Bucht die NW-Richtung (No. 29), wofür eine 
zeitweise, zumal im südlichen Sommer vorhandene Gegenströmung maassgebend ist, so auch (ebenda) die 
auffallende SO-Richtung (No. 32). Rüssel 1 ) hat für beide Richtungen einige Beispiele mehr, ausserdem 
auch noch dafür, dass Flaschen, die südlich von 40° S-Br. zwischen Tasmanien und Neu-Seeland abgesandt 
werden, fast ausnahmslos an den Westküsten Neu-Seelands gefunden werden, und zwar besonders an der 
Westküste der Nordinsel, also nach einem NO-Ivurse: ein Beiweis, dass die Westwindtrift einen Stromzweig 
entlang der neuseeländischen Westküste nordwärts sendet. Dass auch an der Ostküste der Slidinsel Wasser 
nach Norden wenigstens manchmal fliesst, dafür kann aus der Reihe der Russel’schen Flaschenposten 
No. 27 angeführt werden, die von 46°S-Br. 103° O-L. nach 44° S-Br. 172° O-L. gelangt ist; um die Nord 
spitze der Nordinsel herum sind auch 3 Flaschen (No. 1, 98 und 149 bei Rüssel) von Westen her auf 0-, 
daun SO-Kurs getrieben und im Hauraki-Golf gestrandet. 
Alle diese Flaschenposten an Neu-Seelands Küsten entsprechen auf das Beste dem Strombilde, welches 
die Deutsche Seewarte in dem neuen Atlas des Stillen Ozeans (1896) auf Tafel 3 und 4 gegeben hat. 
Für die rund um die Erde gehende Osttrift der höheren südlichen Breiten liegen noch einige andere 
Beweise vor, die durch Treibkörper verschiedener Art geliefert werden. Bekannt ist das bei Neumayer 2 ) 
und auch bei Krümmel 3 ) erwähnte Fass vom Walfischfänger „Ely“; letzterer scheiterte auf den Maedonald- 
Inseln in 53° S-Br. 73° O-L., und ein Fass von seiner Ladung wurde 510 Tage später bei den Chatham-Inseln 
in See unter 43°S-Br. 179°W-L. aufgefischt. Hierher gehört auch die Trift der Gallionsfigur des „Blue Jacket“, 
welcher am 9. März 1869 zwischen Kap Horn und den Falklands-Inseln in etwa 58° S-Br. 60°W-L. auf 
brannte; die Gallionsfigur ist offenbar losgekommen, sie wurde Anfang des Jahres 1872 bei Freemantle 
(Westaustralien) in ungefähr 32° S-Br. und 116°0-B. gefunden und zweifelssicher rekognoszirt. 4 ) Dem Kurse 
auch dieser „Treibfrachten“ ist also eine beträchtliche Nordkomponente eigen gewesen. 
Die 3 vom Kap Horn ausgegangenen Stromflaschen (No. 83, 90 und 93 von Tab. II, Südatl. 
Ozean) 5 ) zusammen mit der eben erwähnten „Blue Jacket “-Figur haben unter allen sicher 
beglaubigten Treibkörpern die grössten Entfernungen zurückgelegt, nämlich 8500—8600 Sm., 
es können natürlich auch rund 9000 Sm. sein, da die Entfernung auf der Karte zwar loxodromisch, aber 
doch immer ohne etwaige Um- und Irrwege, gemessen ist. Die vom Kap der Guten Hoffnung ausgegangenen 
und in Australien gefundenen Stromflaschen haben einen Weg von rund 5200—5600 Sm. gemacht. Die aus 
gedehntesten Flasclienreiseu aus den übrigen Ozeanen sind erstens die Reise von No. 206 (Nordatlantischer 
Ozean), welche von der Gegend der Kap Verden durch die Westindischen Gewässer mit dem Golfstrom bis 
nach Irland ging und somit eine Distanz von ungefähr 7700 Sm. ergiebt, 6 ) und zweitens die Reise der 
Flasche No. 33 (Stiller Ozean) von der Ecuadorküste bis nach Nordaustralien, was ebenfalls 7700 Sm. Weg 
bedeutet. 
Die Geschwindigkeiten, welche für die allgemeine Ostströmung der höheren südlichen Breiten auf 
Grund der Flaschenreisen berechnet sind, sind durchweg massig, überschreiten 10 Sm. pro Tag nur in einem 
Falle (No. 21, Indischer Ozean) ganz unbedeutend (10.6 Sm.). Die Maximalschnelligkeit der entsprechenden 
Russe Eschen Stromfiaschen ist auch nicht grösser; denn 14 nahe unter der Küste Südaustraliens abge- 
sandte Flaschen, welche etwas schneller getrieben zu sein scheinen (13.8 Sm. pro Tag) können mit diesen 
Hochseetriften über ganze Ozeane hinweg nicht wohl in Vergleich gebracht werden. Wenn man 8—9 Sm. 
tägliche Versetzung für diese langen Flaschenreisen annimmt, dürfte man der Wahrheit nahe kommen, es 
ist dies auch ein Werth, der den Besteckdifferenzen aus diesen Gegenden entspricht; für die 3 Kap Horn- 
Flaschen sind 8.0, 7.3 und 9.2 Sm. täglichen Weges berechnet, da diese 3 Zettel bis nach Australien 
2'¡2 — 3 Jahre lang unterwegs gewesen sind. 
’) Siehe obeu Seite 4. 2 ) Peterm. Mittheil. 1868, Seite 99. 
3 ) Handbuch der Ozeanographie, II. Band. Seite 47G. 4 ) Siehe „The Argus“, Melbourne 1872, 28. März. 
5 ) Dass eine von diesen 3 Stromflaschen zugleich den ältesten und ersten Zettel der Sammlung auf der Seewarte bildet, 
wurde schon oben erwähnt, siehe Seite 4; cf. auch Dr. Neumayer in Peterm. Mittheil. 1SGS. Seite 99. 
c ) Siehe, oben Seite 9 und Fftcsimile No. 1 und 2.
	        
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