T)r. Gerhard Schott: Die Flaschenposten der Deutschen Seewarte.
17
Archiv 1897- 2.
ó
Theil viele Wochen eher abgesandten Flaschen müssen also mindestens gleichzeitig mit der sehr schnellen
Stromflasche No. 362 gestrandet sein, wenn man nicht annehmen will, dass die 5 Flaschen erst noch irgend
welche Irr- und Umwege gemacht haben, ehe sie dem Weststrom folgten: eine Annahme, die grade hier,
bei einer der stärksten und konstantesten aller Strömungen, am wenigsten angebracht ist.
§ 5. Die im Gebiete des SW-Monsuns abgesandten Flaschenposten.
Von den hierher gehörigen Flaschenposten sind weitaus die meisten in dem vielbefahrenen Zehngrad
feld 0°—10°N-Br. und 20°—S0°W-L. abgesandt; gefunden sind die Flaschen an der Küste Westafrikas
nördlich vom Aequator, und zwar über 60 Stück noch nördlich von Kap Palmas, an der Liberia- und Sierra
Leone-Küste; östlich von Kap Palmas sind nur 6 Stück aufgelesen worden, in der Bucht von Kamerun
1 Flasche, die zwischen St. Thonie und dem Gabun ausgesetzt war. Nördlich vom Kap Verde andererseits
ist auch keine dieser Flaschen angetrieben.
Die Vertheilung auf die Monate ist eine recht ungleichmässige (siehe Tafel 1—3 nebst den zugehörigen
Kartons); von den in den Monaten Oktober, November, Dezember und Januar abgesandten Stromflaschen
ist nur eine einzige an der afrikanischen Küste angelangt; relativ viele der in dem oben genannten Zehn
gradfeld ausgesetzten Flaschen haben aber den Guineastrom erreicht, wenn sie in den Sommermonaten ab
gesandt wurden. Es ist augenscheinlich, dass hier eine reelle, jährliche Periode der Flaschenpost-Richtungen
vorliegt, sie entspricht auch durchaus unseren sonstigen Kenntnissen über die wechselnde Ausbreitung des
Guineastromes in der West-Ost-Piichtung ; da ausserdem die Triften zur afrikanischen Küste vergleichsweise
kurz sind — es handelt sich gewöhnlich um Entfernungen von noch nicht 1000 Sm., die in rund 2 Mo
naten zurückgelegt werden —, so ist es erklärlich, dass hier durch eine Trennung der Reisen nach der Jahres
zeit ozeanographische Aenderungen ans Licht kommen müssen. Bei den Passattriften, die wir in § 3 und 4
besprachen, ist der Monat, in dem die Flasche ausgesetzt wird, ganz gleichgültig, da die Flaschen sehr viel
fach 1 Jahr lang unterwegs sind.
Da in den entsprechenden Monaten der verschiedenen Jahrgänge die Grenze zwischen dem nach West
indien strömenden und dem nach Afrika strömenden Wasser unter verschiedenen Längen zu liegen pflegt,
so sieht man auf den Karten, die doch die Flaschentriften von rund 20 Jahren vereinigen, dass die zum
Aequatorialstrom gegangenen Flasclieu mehrfach in das Gebiet des Guineastromes hineingreifen (natürlich
scheinbar) und umgekehrt. Für die Breiten von 2° S. bis 10° N. sind die äussersten Abgangsorte nach
unserem Material unter folgenden Längen gelegen:
Aeusserster, d. li.
Monat
östlichster Abgangsort
westlichster Abgangsort
nach Westindien
nach Westafrika
J annar
25° W-L.
Februar
27 *
29° W-L.
März
25 >
April
26 .
31
Mai
2$ .
30 .
Juni
27 .
29
Juli
29 .
27 »
August . . .
29 >
30 .
September..
24 .
28 »
Oktober
23 .
—
November . .
22
—
Dezember ..
[29] >
—
Im Herbst und Winter beginnen also die westwärts schwimmenden Flaschentriften viel weiter im Osten
als während des Sommers.
Triftrichtungen. Die mit dem Monsun sich bewegenden Flaschen halten, wenn man eine grade Linie
zwischen Abgangs- und Fundstelle zieht, eine sehr ausgesprochene NO-Richtung ein; die 0-Richtung ist
selten, sehr selten die SO-Richtung. Letzteres erklärt sich daraus, dass nahe der Sierra Leone- und Liberia-
kiiste, wo zur Zeit unseres Winters ein SO-Strom nach dem Kap Palmas sich bewegt, kaum je Schiffe, die für
die Seewarte arbeiten, kommen; die meisten Flaschen sind viel weiter westlich, auf der Route der von den
Kap Verden nach Kap Iloque sich bewegenden Schiffe, ausgesetzt.