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Full text: 20, 1897

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1897 Ko. 4 — 
Observatorium zu St. Petersburg vorgenommen worden sind, trotz der grossen Verschiedenheiten der Prüfungs 
räume und der durch sie bedingten Lokaleinflüsse zu sehr gut übereinstimmenden Resultaten geführt haben. 1 ) 
Hier ist der Ort, auf eine neuerdings in Amerika lebhaft diskutirte Frage einzugehen, die bisher ausser 
von Stokes 2 3 ) von keinem der auf diesem Gebiete thätigen Forscher beachtet worden ist und die mit dem 
Vorhergehenden in einem gewissen Zusammenhänge steht. 
Man bemüht sich bei den Versuchen mit dem Rotationsapparat eine möglichst konstante Geschwindig 
keit herzustellen, obwohl das Anemometer bei seiner Anwendung Luftbewegungen ausgesetzt ist, die niemals, 
auch nicht für kurze Zeit, als konstant angesehen werden können, sondern häufig sehr heftigen Aenderungen 
unterworfen sind; es entsteht daher die Frage, ob die für völlig gleichmässige Bewegung berechneten Kon 
stanten ohne Fehler zur Berechnung variabeler Windgeschwindigkeiten angewandt werden können. Bei Be 
nutzung einer Formel mit quadratischem Gliede sieht man sofort, dass, wie schon erwähnt, durch Anwendung 
des Quadrates der allein zu beobachtenden mittleren Schalengeschwindigkeit an Stelle des mittleren Quadrates 
derselben ein kaum zu bestimmender Fehler entstehen muss. Aber auch bei Anwendung der linearen, für 
gleichförmige Bewegung abgeleiteten Gleichung auf wirklichen Wind wird ein Fehler eingeführt, der um so 
grösser wird, je grösser das Trägheitsmoment der rotirenden Theile des Robinsonschen Anemometers — 
nur für dieses gilt die vorliegende Betrachtung — ist und je plötzlicher und heftiger die Variationen der 
Windstärke sind. Auf den ersten Blick zwar könnte es scheinen, dass die rotirenden Theile des Anemo 
meters bei wachsender Windgeschwindigkeit in Folge ihrer Trägheit um ebensoviel Zurückbleiben müssen, 
wie sie bei abnehmender schneller laufen, als der mittleren Windgeschwindigkeit entsprechen würde. Marvin 
hat jedoch gezeigt, dass dies keineswegs der Fall ist. Die im Jahre 1888 von Whipple und Dines®) im 
Aufträge des Wind-force committee der Meteorological Society ausgeführten Untersuchungen haben nämlich 
zu einer Diskussion zwischen Hazen und Marvin 4 ) Veranlassung gegeben, die mehrere Monate hindurch 
geführt wurde und in die vorliegende Frage einiges Licht gebracht hat. Die Untersuchungen von Whipple 
und Dines bezogen sich auf das Robinsonsche Anemometer und auf das von Dines konstruirte Helikoid- 
Anemometer und wurden mit einem Rotationsapparat von nahezu 7 m Armlänge im Freien ausgeführt, 
selbstverständlich an möglichst windstillen Tagen; die Geschwindigkeit des Windes überstieg bei keinem der 
Versuche 2 m. 
Während die Resultate für das Helikoid-Anemometer sich sehr gut übereinstimmend zeigten, wurden 
für das Robins on-Anemometer sehr abweichende Ergebnisse erhalten; der „Anemometer-Faktor“ wurde 
viel zu klein gefunden. 
Hazen war nun der Ansicht, der Einfluss des freien Windes sei an sich genügend, diese Abweichun 
gen zu erklären und ging dabei von der folgenden Ueberlegung aus: Ein auf einer von S nach N fahrenden 
Lokomotive aufgestelltes Anemometer wird bei Nordwind eine Geschwindigkeit registriren gleich der Summe 
beider Bewegungen, bei Südwind gleich der Differenz derselben; bei Ost- oder Westwind addirt sich die 
Windgeschwindigkeit einfach zu der der Lokomotive. Hazen schliesst hieraus, dass während weniger als 
einem Viertel der Rotation des Apparates die Wirkung eines gleichförmigen Windes auf entgegengesetzten 
Seiten sich kompensire, während durch mehr als drei Viertel der Rotation der Wind kontinuirlich die 
Anemometer-Bewegung verstärkt; das Anemometer wird also während mehr als drei Viertel der Rotation 
beschleunigt, während weniger als ein Viertel derselben verzögert. Das Helikoid-Anemometer ergab nach 
Hazen deshalb bessere Resultate, weil es durch eine Windfahne mit seiner Fläche parallel znm Arm des 
Apparates gestellt wurde; bevor der freie Wind ihre Lage ändern konnte, war der Arm schon in einer Lage, 
in welcher der Wind die Fahne nach der entgegengesetzten Seite zu drehen suchte. 
Diese Erklärung Hazens ist offenbar unzulässig, wie auch von Marvin betont wird. Ein über die 
Bahn des Anemometers wehender Wind addirt seine Wirkung nicht einfach zu der der fortschreitenden 
Bewegung, sondern die Resultirende ergiebt sich in folgender Weise: Ist V die Geschwindigkeit der Anemo- 
meteraxe, v die des freien Windes, A der Winkel zwischen ihren Richtungen, so ist die momentane Resul- 
tirende: R _ ]/V 2 + v' 1 — 2 Vv cos 
! ) Dubinsky, Rep. f. Met. ßd. 11. No. 7. 
2 ) Stokes, Proceedings R. Society. Vol. XXXII, 170. 
3 ) Whipple and Dines, Quart. Journ. XIV, 253. 
4 ) Science XIII, 226, 248, 268, 287, 307. Amer. Met. Journ. V, 492, 552, VI, S, 115.
	        
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