8
Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1905 Mo. 1 —
Verbindet man dann die beiden auf denselben Stern bezüglichen Punkte durch eine Gerade, so kann man
während der in Betracht kommenden 20 m aus diesem Diagramm die Zenitdistanzen mit einer für die Ein
stellung am Universal-Instrument hinreichenden Genauigkeit entnehmen. Auf Blatt B am Schlüsse dieser
Schrift sind die Wege der beiden Sterne des Paares No. 237 in dieser Weise graphisch dargestellt.
In der Nähe des Kreuzungspunktes beider Sternwege sind besondere Skalen für die Azimute beider
Sterne anzulegen; diese Wahl für die Stellung der Azimutskalen ist empfehlenswert, weil das Zenitdistanz-
Diagramm in unmittelbarer Nähe des Kreuzungspunktes nicht benutzt wird. Auf den Skalen sind die vollen
Grade des Azimuts mit Hülfe des Diagramms auf Blatt 2 nach einem Verfahren abzusetzen, welches am
einfachsten durch ein Beispiel (No. 237, West-Stern: rj Bootis) erläutert werden kann. Man setze an der
Oberkante eines Papierstreifens durch zwei Marken eine Strecke von 10 cm (20 Zeitminuten entsprechend)
ab. Ferner bilde man auf Grund der obigen Rechnung den Unterschied in Azimut für die Zwischenzeit
von 20“; bei i? Bootis erhält man also 65° 43' —60° 37' = 5° 6'. Der Papierstreifen wird nun in der Höhe,
welche dem letzteren Unterschiede entspricht, auf das Diagramm des Blattes 2 gelegt und seitlich so ver
schoben, daß die linke Marke auf die Minute 37 (das Azimut von q Bootis für 16 h 43 m war 60° 37') innerhalb
des von 10 zu 10' geteilten Gradstreifens auf der linken Seite fällt. Die Marke rechts muß dann auf die
Minute 43 (das Azimut für 17 h 3 m war 65° 43') innerhalb des geteilten Streifens auf der rechten Seite fallen.
Auf dem Papierstreifen können jetzt nach den stärkeren Linien des Diagramms auf Blatt 2 die vollen
Azimutgrade abgesetzt und auf Blatt 3 übertragen werden. Wenn die Azimut-Veränderung in 20 ra weniger
als 3° beträgt, ist die Anfertigung von Azimutskalen, welche von Grad zu Grad fortschreiten, nicht erforder
lich. Bei einer so geringen Veränderung genügt es, wenn in dem Diagramm (an den Endpunkten der wage
rechten Linien) die Azimute der Sterne zu Anfang und am Schluß der in Betracht kommenden 20'" angegeben
werden. — Da es sich nur um das Aufsuchen der Sterne handelt, so ist bei der Anfertigung des Diagramms
große Sorgfalt keineswegs erforderlich.
Es möge, um die Uebersichtlichkeit des Diagramms zu erhöhen, empfohlen werden, alle auf den Ost
stern bezüglichen Angaben (Name, Größe, Sternweg, Azimutskala u. s. w.) rot, alle auf den Weststern bezüg
lichen Angaben schwarz einzutragen.
§ 5. Vorbereitungsbeobachtungen.
Es soll die Aufstellung und Handhabung des Instruments sowie die Ausführung der Beobachtungen
im folgenden kurz besprochen werden, um einerseits dem Anfänger eine genügende praktische Anleitung zu
bieten, und um andererseits den mit astronomischen Beobachtungen Vertrauten auf diejenigen Punkte hinzu
weisen, welche bei der Anwendung der Methoden gleicher Zenitdistanzen entweder besonders zu beachten
sind, oder bei welchen, gegenüber anderen Methoden, in diesem Falle eine geringere Genauigkeit und Sorg
falt in der Ausführung zulässig ist. Auch auf naheliegende und während des Unterrichts bei Anfängern
häufig beobachtete Irrtümer wird besonders aufmerksam gemacht werden.
Die Nivellierung des Instruments ist mit Hülfe des festen Niveaus auszuführen; das genaue Senkrecht
stellen beider Achsen mit Hülfe des Aufsatzniveaus kann, wenn nicht gerade ein bedeutender Fehler in
dieser Hinsicht vorliegt, unterbleiben. — Die Kenntnis des Indexfehlers ist nur genähert (etwa innerhalb 1')
erforderlich. Man stellt den mittleren Horizontalfaden nach einander bei „Gewicht rechts“ und bei „Gewicht
links“ auf eine terrestrische Marke (Licht) und liest bei jeder Lage das Mikroskop I ab.*) Die Ablesung
des festen Niveaus kann unter der Annahme, daß anfangs gut nivelliert worden ist, unterlassen werden.
Der Zenitpunkt ergibt sich durch
Z = i (R+L) 18
Es empfiehlt sich, die genäherte Zenitpunktbestimmung bereits bei Tageslicht auszuführen, und durch Ver
schiebung des Vertikalkreises Z nahezu zu Null zu machen. Fehler innerhalb 1' bis 2' können außer Acht
gelassen werden.
Vor Beginn der Beobachtung ist durch Einstellung eines möglichst entfernten und scharfen terrestrischen
Objekts zu prüfen, ob der mittlere Horizontalfaden genau horizontal ist, erforderlichen Falls ist eine sorg
fältige Berichtigung vorzunehmen. Man vermeide es hierbei aber, die Unendlichstellung des Fadennetzes zu
*) Bei den von der Firma C. Bamberg für die Kaiserliche Marine gelieferten Universal - Instrumenten ist die Teilung
des Vertikalkreises so beziffert, daß die Ablesungen bei der Stellung „Gewicht rechts“ mit wachsender Zenitdistanz zunehmen.