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Full text: 42, 1924

Dt. H. Rauschelbach: Harmonische Analyse der Gezeiten des Meeres. I. Teil. j7 
die die augenblickliche Lage des Mondknotens berücksichtigt, ist eine Funktion der beiden 
Größen 5 und v, die ihrerseits wieder wie auch I von N abhängig sind. f bedeutet die Länge des 
aufsteigenden Mondknotens vermindert um den Bogen vom Schnittpunkt der Mondbahn mit dem 
Himmelsäquator bis zum aufsteigenden Knoten der Mondbahn mit der Ekliptik; v ist die Gerade 
aufsteigung des Schnittpunktes der Mondbahn mit dem Himmelsäquator. Um bei dieser nicht ganz 
reinen harmonischen Darstellung der Tiden einen möglichst geringen Fehler zu begehen, werden 
für / x der Wert für I und für u x der Wert der Funktion von f und v genommen, die genau für 
die Mitte des Zeitraums gelten, für die die Beobachtungen zu bearbeiten sind. 
Jede Tide x hat ihr besonderes f x und u x ; nur die reinen Sonnentiden S p , R 2 , T 2 , P x haben 
den Wert f x = 1 und u — 0, da die Sonnentiden ja nicht von der Lage der Mondbahn abhängig sind. 
Die Winkelgeschwindigkeit der Tide x, die erste Ableitung des Arguments V x = F(t, s, p, h) 
nach der Zeit ist eine Funktion von y, a, 1], co, wenn 
y — die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde, 
o — die mittlere Bewegung des Mondes, 
t] — die mittlere Bewegung der Sonne, 
co = die mittlere Bewegung des Mondperigäums 
bedeutet. Da V x —i x t ist, kann der Ausdruck (17) auch in der üblichen Form 
(20) R x ■ cos (4 t — f x ) 
geschrieben werden. 
4. Seichtwassertiden und Veränderlichkeit der Tiden. 
Außer den Tiden, die den verschiedenen harmonischen Gliedern der fluterzeugenden Kräfte 
entsprechen und als Grundtiden bezeichnet werden mögen, tritt in flachem Wasser, d. h. wenn die 
Amplituden einzelner Tiden nicht mehr als geringe Bruchteile der Wassertiefe angesehen werden 
können, noch eine ganze Anzahl von Tiden auf, die nicht unmittelbar von den fluterzeugenden 
Kräften abhängen und denen daher in der Entwicklung dieser Kräfte keine harmonischen Glieder 
entsprechen, die die gleichen stündlichen Phasenänderungen aufweisen. Da diese Nebentiden um so 
bemerkbarer werden, je seichter das Wasser wird, werden sie auch Seichtwassertiden genannt; diese 
werden noch in Obertiden und Verbundtiden geschieden. 
a. Entstehung der Seichtwassertiden. 
Wenn eine Welle aus tiefem Wasser in seichtes Wasser übergeht, so unterliegt die Form der 
Welle einer mit der Weiterbewegung fortschreitenden Veränderung. Besonders in Flüssen wird der 
vordere, ansteigende Teil der Gezeitenkurve meist steiler als der hintere, abfallende Teil sein. Die 
Abweichung der Kurve von der einfachen harmonischen Form läßt sich durch Einführung der 
Obertiden, von einfachen harmonischen Gliedern, deren Phasen um das Zwei-, Drei-, Vierfache der 
Winkelgeschwindigkeit der entsprechenden Grundtide zunehmen, darstellen. 
Schreiten zwei oder mehrere Wellen gleichzeitig mit verschiedener Geschwindigkeit in tiefem 
Wasser fort, so ist die Schwankung der Meeresoberfläche hinreichend bestimmt durch die Summe 
der Verschiebungen in senkrechter Richtung, die die einzelnen Wellen hervorbringen. Sind jedoch 
in seichtem Wasser die Verhältnisse der Amplituden zweier Wellen zu der Tiefe des Wassers nicht 
gering, so ist die Darstellung der Bewegung des Meeresspiegels nach dem Satz von der Über 
lagerung von Wellen nur in erster Näherung richtig. Die Form der entstehenden Kurven ist in 
zweiter Näherung außer von den Quadraten, Kuben usw. auch von den Produkten je zweier oder 
mehrerer Amplituden der Grundtiden abhängig. Es sind daher außer den Obertiden weitere Zusatz 
tiden, die Verbundtiden, einzuführen, deren Winkelgeschwindigkeiten gleich den Summen oder den 
Unterschieden der Geschwindigkeiten je zweier oder mehrerer Grundtiden sind. Es kann an 
genommen werden, daß nur diejenigen Grundtiden zu je zweien oder mehreren Verbundtiden bilden, 
deren Amplituden die größten Produkte ergeben. 
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