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zrossen Schwierigkeiten, genaue Ablesungen zu bekommen, wieder aufgegeben,
doch spricht sich Dr. Börgen in der Einleitung zu diesem vierten Abschnitt
darüber folgendermassen aus: „Dass die Luft sehr trocken war, kann man an
der Seltenheit der Niederschläge und dem bei stiller Luft fast beständig
klaren Wetter, sowie auch aus dem Umstande erkennen, dass selbst bei der
strengsten Kälte der menschliche Athem nicht in Gestalt von Nebel sichtbar
wurde, was in unserem feuchten Klima schon bei Temperaturen von über 0°
einzutreten pflegt.“ Die Niederschlagsmenge konnte ebensowenig gemessen
werden, wofür Dr. Börgen folgenden Grund angiebt: „Ruhiger Schneefall oder
Regen war sehr selten, dagegen brachten fast stets die Stürme solchen. Da
der Wind aber immer von colossalem Schneetreiben begleitet war, bei welchem
er nicht nur den fallenden, sondern auch den schon vorher gefallenen Schnee
fortführte, so wäre es unmöglich gewesen, auch nur irgend verlässliche Beob-
achtungen zu machen.“ Die Niederschläge sind daher nach den Beobachtungs-
stunden angegeben und wurden im Ganzen nur 531 Stunden Schnee und
104 Stunden Regen notirt, also nur 7° des ganzen Jahres, wobei zu beachten,
dass wenn zu einer Beobachtungsstunde Regen oder Schnee fiel, es nicht noth-
wendigerweise die ganze Stunde geregnet oder geschneit zu haben brauchte,
die wirkliche Dauer der Niederschläge also noch etwas geringer anzunehmen
sein dürfte. Völlig wolkenleer waren 1927 Stunden oder 80,3 Tage, also mehr
als ein Fünftel des ganzen Jahres. Die Anzahl der klaren Tage ohne eine
sonderliche Bewölkung war natürlich noch bei weitem grösser, da nur 0° Be-
wölkung notirt wurde, wenn thatsächlich keine Wolke am Himmel zu sehen
war. Die mittlere Bewölkung betrug 4.9 (10 völlig bedeckt) also noch nicht
ganz die Hälfte.
Stürme wurden im Ganzen 32 beobachtet von zusammen 764 Stunden
Dauer, sämmtlich mit Ausnahme eines 6stündlichen schwachen Süd-Sturmes, aus
Norden bis NW. Ein Sturm vom 16. bis 20, Dec. dauerte 103 Stunden mit
einer mittleren Strecke von 9.1 nach Beaufort, oder 57 Seem. Geschwindigkeit
die Stunde. Als besondere Charakteristik dieser Stürme wird angegeben, dass,
dieselben fast ohne Ausnahme bei völlig heiterer Brise eintraten und durch ein
vorheriges Fallen des Barometers im Allgemeinen nicht angezeigt wurden.
Das einzige Kennzeichen eines herannahenden Sturmes war eine Schicht Stra-
tuswolken, die sich am südlichen Horizonte bildeten und allmählig herauf-
zogen, während im Norden der Himmel äusserst klar und durchsichtig erschien.
Es scheint damit die Anwesenheit einer warmen Compensationsströmung in den
oberen Schichten der Atmosphäre angedeutet, wie dieselbe auch in der That
von den Reisenden öfters auf den Bergen der Sabine-Insel beobachtet wurde.
Die eine vorherrschende Windrichtung machte es schwierig aus den nur
ein Jahr umfassenden Beobachtungen eine genaue barische und thermische Wind-
rose zu entwerfen; der Versuch ist allerdings für die 4 Jahreszeiten und das
ganze Jahr zusammen genommen gemacht worden und geht aus der Unter-
suchung wenigstens so viel hervor, dass der höhere Luftdruck unstreitig über
dem eisbedeckten Innern von Grönland liegt, woher auch die kältesten Winde
kommen, während die SO-Winde den niedrigsten Luftdruck und die höchste
Temperatur bringen.
Der auf Sabine Insel beobachtete Luftdruck und die verhältnissmässig
grosse Höhe des Barometerstandes zeigt ebenfalls das Vorherrschen der Polar-
winde an. Der mittlere Barometerstand des Jahres war 29.sıs engl. Zoll ==
758.s8 mm. und zeigt der März den höchsten, 766.49 mm., der Juli don niedrigsten,
754.57 mm., Luftdruck, während in Reykjavik das Jahresmittel aus 14jährigen
Beobachtungen nur 750.10 mm. beträgt. Aus Allem diesem scheint hervor-
zugehen, dass wir längst der Ostküste von Grönland wahrscheinlich ein Com-
pensationsgebiet für die heftigen SW-Stürme zu Suchen haben, die im Winter
unsere Küsten bestreichen und dass Beide in einem gewissen Zusammenhango
mit einander stehen. Daraus geht aber die grosse Wichtigkeit einer weiteren
Erforschung von Ostgrönland in meteorologischer Beziehung hervor und es
dürfte bei einer demnächstigen Deutschen Expedition ganz besondere Sorgfalt
gerade auf diese Boobachtungen verwandt werden.
Die hydrographischen Arbeiten der zweiten Deutschen Nordpolarfahrt
betreffen zunächst Beobachtungen über Meerestemperaturen und Strömungen,