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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 3 (1875)

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Wetter einen sehr bedenklichen Ausdruck an. Das Barometer, welches Vor- 
mittags auf 740°" stehen geblieben war, fing stark an zu fallen, die Luft sah 
drohend und schmutzig aus, die See nahm schnell zu und der WNW-Sturm stieg 
auf die Stärke 10 bis 11. Nachmittags um 2 Uhr, als ich alle diese Anzeichen 
eines schweren Sturmes in Betracht zog, beschloss ich ein Ansegeln der Sirasse 
aufzugeben, da ich es nicht riskiren durfte, unter solch ungünstigen Umständen 
und bei Nacht diese gefahrvolle Küste anzulaufen. Wir waren zu dieser 
Zeit nur noch 110 Seoem. von dem Eingange der Magellan-Strasse entfernt, 
und da das Schiff, trotzdem wir nur die dicht gereeften Vor- und Grossmars- 
segel und die gereefte Fock führten, nicht unter 9.5 bis 10 Seem. Fahrt lief, und 
der Strom direet auf die Küste zu setzte, so wären wir noch während der Nacht 
vor die Strasse gekommen. Ich konnte unter solch ungünstigen Umständen 
von Wind und See aber nicht daran denken, vor der Strasse beizudrehen, dä 
ich — im Falle das Wetter anhaltend so unsichtig und stürmisch blieb — auch 
später nicht mehr von der Küste hätte abkreuzen können, und immer auf ein 
Umspringen ‚des Sturmes nach SW rechnen musste, Wollte ich daher nicht zu 
viel Zeit verlieren, so musste ich mich nothgedrungen dazu entschliessen, wieder 
südlich und um das Cap Horn zu steuern. Wir haben dabei denn auch 80 
günstige Windverhältnisse vorgefunden, dass wir nicht allein keine Zeit ver- 
säumt, sondern schneller in eine günstige Position östlich von der Magellan- 
Strasse gelangt sind, als wie dieses durch die Benutzung der Strasse selbst 
möglich gewesen wäre. 
Am 20. September drehte der Wind nach West und SW, und nahm an 
Stärke etwas ab, nachdem das Barometer wieder von 732"" auf 739”"- ‚ge- 
stiegen war. . Die See lief immer noch enorm hoch und durch die Drehung des 
Windes unregelmässiger, während das Wetter eine einigermaassen klare Aussicht 
durch fortwährende Hagelböen unmöglich machte. (Ein Ansteuern der Magellan- 
Strasse wäre unter diesen Umständen überhaupt sehr fraglich gewesen.) 
Am 21. Mittags befanden wir uns dicht bei den Inseln Diego Ramirez, 
liefen nördlich von denselben vorbei und steuerien nach dem Cap Horn, welches 
wir um 5 Uhr Nachmittags in Sicht erhielten. Der Wind war südwestlich geblieben, 
wehte mit starken Hagel- und Schneeböen mit der Stärke von 8 bis 10, und 
die See stieg zu ausserordentlicher Höhe. Die Temperatur war bis auf —1° C. 
gefallen. 
Beim Passiren des Cap Horn um 8 Uhr Abends nahm die See plötzlich be- 
deutend an Stärke ab, obschon wir noch lange nicht. im Schutze des Caps 
waren, da dasselbe erst Nord peilte. Es scheint, dass das Cap Horn eine Art 
Wetterscheide bildet, da östlich von demselben auch das Wetter sich änderte 
und mit zunehmenden Schneeböen sehr diek und unsichtig. wurde, In der 
Hoffnung, dass. der SW-Wind stehen bleiben würde, beschloss ich, durch die 
Strasse „le Maire“, zwischen Staten Insel und Tierra de Fuego, hindurchzugehen 
und dadurch bedeutend abzuschneiden, doch sollte auch dieses durch ungünstigos 
Wetter verhindert werden. 
Wir hatten gegen Erwarten bei Diego Ramirez einen so ‚starken nach 
Osten setzenden Strom — 2 bis 3 Seem. pro Stunde -— gefunden, dass ich 
wiederum fürchten musste, die Distanz bis zur le Maire-Strasse zu überlaufen. 
Ich hatte gehofft, während der Nacht östlich von Cap Horn Schutz gegen den 
SW-Sturm und weniger See zu finden, aber es setzten fortwährend schwere und 
recht lang anhaltende Schneeböen ein, während deren man kaum einige Kblg., 
weit sehen konnte, und die bis zur Stärke 11 stiegen. Ich habe noch nie 
etwas Achnliches von schweren Böen erlebt, denn so gross war ihre Gewalt, ob- 
schon dieselben mit achterlichem Wind einsetzten, dass man Mühe hatte, sich 
auf der Commandobrücke festzuhalten. Auch der Capitain Jung, der bereits so 
oft um Cap Horn gefahren war, erklärte, dass er solche’ hoftige Böen nie vorher 
erlebt hätte. Nachdem um 12 Uhr Nachts die Fock festgemacht war; liefen wir 
immer noch 10 Seem. Fahrt, so dass auch das Grossmarssegel geborgen werden 
musste und wir nur noch vor dem dicht gereeften Vormarssegel und der Sturm- 
fock liefen. Um’'4 Uhr Morgens befanden wir uns meiner Rechnung nach kaum 
10 Seem. mehr von der Küste ab, die Schneeböen nahmen an Dauer und Stärke 
eher zu als ab, so dass ich es nicht riskiren durfte, unter solchen Umständen die le 
Maire-Strasse, in welcher sehr starker Strom — 3 bis 5 Seem. — setzt, anzu- 
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