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Wetter einen sehr bedenklichen Ausdruck an. Das Barometer, welches Vor-
mittags auf 740°" stehen geblieben war, fing stark an zu fallen, die Luft sah
drohend und schmutzig aus, die See nahm schnell zu und der WNW-Sturm stieg
auf die Stärke 10 bis 11. Nachmittags um 2 Uhr, als ich alle diese Anzeichen
eines schweren Sturmes in Betracht zog, beschloss ich ein Ansegeln der Sirasse
aufzugeben, da ich es nicht riskiren durfte, unter solch ungünstigen Umständen
und bei Nacht diese gefahrvolle Küste anzulaufen. Wir waren zu dieser
Zeit nur noch 110 Seoem. von dem Eingange der Magellan-Strasse entfernt,
und da das Schiff, trotzdem wir nur die dicht gereeften Vor- und Grossmars-
segel und die gereefte Fock führten, nicht unter 9.5 bis 10 Seem. Fahrt lief, und
der Strom direet auf die Küste zu setzte, so wären wir noch während der Nacht
vor die Strasse gekommen. Ich konnte unter solch ungünstigen Umständen
von Wind und See aber nicht daran denken, vor der Strasse beizudrehen, dä
ich — im Falle das Wetter anhaltend so unsichtig und stürmisch blieb — auch
später nicht mehr von der Küste hätte abkreuzen können, und immer auf ein
Umspringen ‚des Sturmes nach SW rechnen musste, Wollte ich daher nicht zu
viel Zeit verlieren, so musste ich mich nothgedrungen dazu entschliessen, wieder
südlich und um das Cap Horn zu steuern. Wir haben dabei denn auch 80
günstige Windverhältnisse vorgefunden, dass wir nicht allein keine Zeit ver-
säumt, sondern schneller in eine günstige Position östlich von der Magellan-
Strasse gelangt sind, als wie dieses durch die Benutzung der Strasse selbst
möglich gewesen wäre.
Am 20. September drehte der Wind nach West und SW, und nahm an
Stärke etwas ab, nachdem das Barometer wieder von 732"" auf 739”"- ‚ge-
stiegen war. . Die See lief immer noch enorm hoch und durch die Drehung des
Windes unregelmässiger, während das Wetter eine einigermaassen klare Aussicht
durch fortwährende Hagelböen unmöglich machte. (Ein Ansteuern der Magellan-
Strasse wäre unter diesen Umständen überhaupt sehr fraglich gewesen.)
Am 21. Mittags befanden wir uns dicht bei den Inseln Diego Ramirez,
liefen nördlich von denselben vorbei und steuerien nach dem Cap Horn, welches
wir um 5 Uhr Nachmittags in Sicht erhielten. Der Wind war südwestlich geblieben,
wehte mit starken Hagel- und Schneeböen mit der Stärke von 8 bis 10, und
die See stieg zu ausserordentlicher Höhe. Die Temperatur war bis auf —1° C.
gefallen.
Beim Passiren des Cap Horn um 8 Uhr Abends nahm die See plötzlich be-
deutend an Stärke ab, obschon wir noch lange nicht. im Schutze des Caps
waren, da dasselbe erst Nord peilte. Es scheint, dass das Cap Horn eine Art
Wetterscheide bildet, da östlich von demselben auch das Wetter sich änderte
und mit zunehmenden Schneeböen sehr diek und unsichtig. wurde, In der
Hoffnung, dass. der SW-Wind stehen bleiben würde, beschloss ich, durch die
Strasse „le Maire“, zwischen Staten Insel und Tierra de Fuego, hindurchzugehen
und dadurch bedeutend abzuschneiden, doch sollte auch dieses durch ungünstigos
Wetter verhindert werden.
Wir hatten gegen Erwarten bei Diego Ramirez einen so ‚starken nach
Osten setzenden Strom — 2 bis 3 Seem. pro Stunde -— gefunden, dass ich
wiederum fürchten musste, die Distanz bis zur le Maire-Strasse zu überlaufen.
Ich hatte gehofft, während der Nacht östlich von Cap Horn Schutz gegen den
SW-Sturm und weniger See zu finden, aber es setzten fortwährend schwere und
recht lang anhaltende Schneeböen ein, während deren man kaum einige Kblg.,
weit sehen konnte, und die bis zur Stärke 11 stiegen. Ich habe noch nie
etwas Achnliches von schweren Böen erlebt, denn so gross war ihre Gewalt, ob-
schon dieselben mit achterlichem Wind einsetzten, dass man Mühe hatte, sich
auf der Commandobrücke festzuhalten. Auch der Capitain Jung, der bereits so
oft um Cap Horn gefahren war, erklärte, dass er solche’ hoftige Böen nie vorher
erlebt hätte. Nachdem um 12 Uhr Nachts die Fock festgemacht war; liefen wir
immer noch 10 Seem. Fahrt, so dass auch das Grossmarssegel geborgen werden
musste und wir nur noch vor dem dicht gereeften Vormarssegel und der Sturm-
fock liefen. Um’'4 Uhr Morgens befanden wir uns meiner Rechnung nach kaum
10 Seem. mehr von der Küste ab, die Schneeböen nahmen an Dauer und Stärke
eher zu als ab, so dass ich es nicht riskiren durfte, unter solchen Umständen die le
Maire-Strasse, in welcher sehr starker Strom — 3 bis 5 Seem. — setzt, anzu-
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