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Wenn die Passage zwischen der nördlichen und der südlichen Landspitze
nicht durch die Brandung deutlich bezeichnet ist, sollte man ohne
Lootsen nicht einsegeln,
Ohne Schleppdampfer ist die beste Zeit zum Einsegeln und Auslaufen
nach Niedrigwasser und vor Viertel-Fluth. Der Strom läuft dann gerade
durch die Kanäle und ist auf diese beschränkt.
Bei leichter Brise draussen wird der Wind in der Regel zwischen den
Landspitzen schwächer oder nimmt bis zu totaler Windstille ab. In
diesem Falle sind die Schiffe einer starken Strömung, oder schwerem
Seegange, oder beiden widerstandslos ausgesetzt. Schiffe sollten deshalb
bei leichter Brise ohne Schlepper die Einsegelung nicht versuchen.
In nebeligem Wetter sollte der Gebrauch des Lothes nicht vernach-
lässigt und das Land,an der Südseite der Barre nahe Point Adams
gemacht werden, weil in rauhem Wetter die Brandung an der Nordseite
sich 1—11/ Meilen nach See erstreckt. -
Wenn man vorzieht, ohne Dampfer über die Barre zu segeln, so ist es
am sichersten, bei den herrschenden Norwest - Sommerwinden, welche
zwischen 10 und 11 Uhr a. m. einsetzen, bei Ebbe einzulaufen. Im
Allgemeinen sollte das Einsegeln bei NW-Winden und Fluth nur bei
ganz sSchlichtem Wasser versucht werden. Tritt Windstille ein, so muss
man sofort zu Anker gehen und günstigen Strom erwarten.
So weit die Broschüre. In einem der Seewarte kürzlich eingelieferten
meteorologischen Journale der deutschen Bark „Willy Rickmers“,. Capitain Rehm,
finden sich folgende beachtenswerthe Bemerkungen über dem Columbia-Fluss:
„Columbia-Barre. Tiefe bei Niedrigwasser Springzeit 24 Fuss engl.
(7.8 Met.) Der Kurs über diese Barre ist einkommend NNW (missweisend), etwas
abweichend nach Nord oder West, je nachdem Ebbe oder Fluth läuft. — Die
Barre ist mit Winden zwischen SSO durch Süd bis West, welche hier in den
Monaten von Ende September bis Anfang April oft vorherrschend sind, wenn
dieselben eine grössere Stärke als 4 (Beaufort - Scala) haben, mit beladenen
Schiffen ausgehend nicht zu passiren. Es kommt deshalb vor, dass Schiffe,
vollkommen segelfertig, manchmal noch Wochen lang warten müssen, ehe sie
in See gehen können.
Lootsenwesen. Für die Strecke von See über die Barre bis nach der
kleinen Stadt "Astoria (12 Seem. von See) sind im Ganzen nur zwei Lootsen im
Dienst, welche durchaus nicht genügen, sondern mindestens verdoppelt werden
müssten. Dieses Lootsenwesen hat ein früherer Capitain, jetzt Rheder und
Kaufmann, Georg Flavel, durch Contract mit dem Staate Oregon, inne. Der-
selbe hat zwei Dampfer, zugleich Lootsen- und Schleppdampfer und Lootsen zu
halten, und da er das alleinige Monopol besitzt, so dürfen nur solche Leute
lootsen, welche in dieses Mannes Diensten stehen. Das Lootsenwesen lässt
dadurch viel zu wünschen übrig und wird manchmal nach Willkür und mit
weniger Gewissenhaftigkeit gehandelt, so dass nach See bestimmte Schiffe öfter
ohne zwingenden Grund aufgehalten werden. Der Contract mit Mr. Flavel
soll indess, wenn ich recht berichtet bin, in diesem Jahre, 1875, ablaufen.
Astoria. Astoria ist eine kleine Stadt von ca. 1100 Einwohnern, hat
eine sichere Rhede mit gutem Ankergrunde: und mehrere Waarenhäuser und
Werften mit Vorrichtungen zum Löschen und Laden, wo Schiffe mit beträcht-
lichem Tiefgange von 20 Fuss (6 Met.) und darüber längsseits liegen können. Der
Platz. liegt für die Schifffahrt günstig und ist im Wachsen begriffen. Die Rhede
ist 1'42—2 Kblg. breit, aber 2 Seem. lang, und ist die Beschaffenheit der Ufer
sehr günstig, um Werften zu bauen, Das Lootsenwesen von Astoria nach
Portland wird ordnungsmässig und gewissenhaft durch die Lootsen selbst ver-
waltet, die in ihrem Fache sehr tüchtig und geschickt sind..
Portland, eine Stadt von 12,000 Einwohner, liegt am Williamette-Fluss,
welcher hier !2-—1 Kblg. breit ist. Die Schiffe liegen daselbst bequem längs-
seit der Werften, welche mit Waarenhäusern versehen sind und Vorrichtungen
zum ‚Löschen und Laden haben. .
Die Markzeichen, sowohl auf dem Columbia als auf dem Williamette,
welche das Fahrwasser anzeigen, sind etwas mangelhaft und schlecht.“
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