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auszuüben vermag, wenngleich der Umstand, dass zwischen den Meridianen von
70° und 80° Ost-Lg. fast nie Eisberge gesehen sind (abgesehen von einzelnen
bei den Kerguelen und Heard-Inseln, welche ihren Ursprung wohl den Gletschern
dieser Inseln verdanken), auf diese Strömung, vielleicht aber auch auf einen
wenig Eis erzeugenden Meerestheil im SW, welchen man, wie oben angedeutet,
aus der Richtung der Strömung resp. aus dem Fehlen gleicher südlicher Strö-
mungen in westlicher Länge folgern könnte, zurückzuführen sein wird.
Aus dem Vorentwickelten könnte man die eigenthümliche Folgerung
ziehen, dass, wenn man offene, d. h. land- und inselfreie polare Meere mit ge-
ringerer Eisbildung aufsuchen will, man nicht einer warmen Oberflächen - Strö-
mung folgen darf.
13) Bei Temperatur-Curve No. 48 zeigten zwei Thermometer in 100 Faden
(183 Met.) wiederum eine höhere Temperatur an, als in 50 Faden (91 Met.)
und an der Oberfläche, und zwar eine Temperatur von über 12° C., welche in
dem Diagramm nicht berücksicht worden ist.
Es ist jedenfalls auffallend, dass gerade bei oder in der Nähe äquato-
De, A solche Unregelmässigkeiten mehrfach beobachtet wor-
en sind.
Es sind bisher noch keine bedeutenden nach dem antarktischen Meere
setzenden Oberflächen-Strömungen bekannt geworden, und der neutrale Gürtel,
welcher Gewässer von sehr verschiedener Temperatur und doch von gleichem
absoluten specifischen Gewichte in sich vereinigt, zeigt, dass die Herstellung
des Gleichgewichtes zwischen warmen und kalten Gewässern vermöge des neu-
tralisirenden Unterschiedes im Salzgehalt sich ohne erhebliche Strömung voll-
ziehen kann.
Andererseits jedoch ist es eine Thatsache, dass sich in der Tiefe der
warmen Meere kalte Gewässer ansammeln, die nur aus den Polar-Meeren kom-
men können. Wenn man auch mit völliger Gewissheit annehmen kann, dass
dieser kalte Wasserzufluss ein unmessbar langsamer ist, so ist das andringende
Wasserquantum doch ein so immenses, dass es kaum durch die überwiegenden
Niederschläge in der Region der kalten Gewässer und die überwiegende Ver-
dunstung in der Region der Tropen, sowie durch die, wie es scheint, sehr ge-
ringen nach den Polar-Meeren fliessenden Oberflächen-Strömungen ausgeglichen
werden kann.
Diese Betrachtung, in Verbindung mit den mehrfach gefundenen Tempe-
ratur-Unregelmässigkeiten in der Tiefe lässt es wenigstens denkbar erscheinen,
dass nach den Polar-Meeren setzende Unterströme vorkommen, die nach physi-
schen Gesetzen dadurch ermöglicht würden, dass der grosse Salzgehalt des
Tropenwassers dieses trotz seiner höheren Temperatur specifisch schwerer
macht, als das kalte aber weniger salzhaltige Polarwasser. Solche Strömungen,
die also auf den, den Temperatur-Unterschied in den Hintergrund stellenden
Unterschied im Salzgehalt zurückzuführen wären, würden ihre Richtung nach
Gegenden nehmen, wo sehr starke Niederschläge resp. geringe Eisbildungen
stattfinden. Sie könnten nur dann von Erheblichkeit sein, wenn sie sich in der
Temperatur wenig von den salzärmeren Gewässern unterscheiden, nach denen
sie fliessen, Dies, sowie der Umstand, dass es nur Unterströme sein können,
macht es wahrscheinlich, dass ihnen jede klimatische Bedeutung abgeht. Für
die Erwärmung der Polar-Meere werden sie als wirkungslos anzusehen sein.
Aufschluss über solche Strömungen können nur Temperaturmessungen
mit anderen als den bisher gebrauchten Thermometern und Bestimmungen des
specifischen Gewichtes in den verschiedensten Tiefen, sowie Bestimmungen der
Menge der Niederschläge und der Verdunstung in allen Meeren geben.
14) Da eine Wasserbewegung nach den Polen, wenn sie nicht besonderen
Einflüssen unterliegt, gleich den äquatorialen Luftströmungen in der südlichen
Hemisphäre eine südöstliche Tendenz haben wird, schien es zur Erklärung des
auf der Länge von Kerguelen in der Regel eisbergfreien Wassers möglich, dass
ein warmer Strom gegen die südwestliche Küste Kerguelens und an derselben
entlang setze. Bei einer aus diesem Grunde am 26. Januar 1875 auf 50° 50°
Süd-Br. und 70° 31‘ Ost-Lg. genommenen Reihentemperatur wurde indess nur
kaltes Wasser unter 2.5° gefunden und ebenso ergab eine auf 51°, 49‘ Süd-Br.,