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Correctionen zur Rückführung der Temperatur - Mittel auf wahre
Mittel für die norddeutsche Küste.
Von Dr. W. Koeppen,
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.)
Da die Deutsche Seewarte, aus Rücksichten auf den telegraphischen Ver-
kehr und die Sturmwarnungen, genöthigt ist, von nun an sowohl in Hamburg,
als auf ihren Beobachtungsstationen an der Küste, andere Stunden zu den me-
teorologischen Beobachtungen zu wählen, als die vom preussischen Meteorologischen
Institute angenommenen und in Norddeutschland sehr allgemein benutzten, 6* Mor-
gens, 2" Nachm. und 10* Abends, so drängt sich die Frage auf, wie die Mittel
der neuen Temperaturbeobachtungen mit jenen der älteren der Seewarte und
anderer norddeutscher Stationen vergleichbar gemacht werden können. Leider
jässt sich eine ganz sichere und genaue Antwort auf diese Frage zur Zeit noch
nicht geben, weil die in Norddeutschland bisher zur Feststellung des täglichen
Ganges der Temperatur angestellten Beobachtungen und Untersuchungen sehr
wenig übereinstimmende und meistens sehr unsichere Werthe ergeben haben.
Am meisten Zutrauen verdienen jedenfalls die Resultate der an der Pulver-
magazinwache zu Schwerin seit 1854 alle zwei Stunden angestellten Beobach-
kungen, da diese die einzigen sind, welche auch die Nachtstunden umfassen,
Allein manche Abweichungen dieser Beobachtungen von den Angaben der
übrigen Stationen Norddeutschlands und der benachbarten Länder scheinen
darauf hinzudeuten, dass einige störende Einflüsse, die vermuthlich von Strah-
lung herrühren, bei den Schweriner Beobachtungen nicht ganz vermieden sind,
[mmerhin lassen sich durch den Vergleich sämmtlicher norddeutscher Stationen,
für welche der tägliche Temperaturgang bestimmt worden ist, und einiger Sta-
tionen aus, England und den Niederlanden, für Hamburg und wahrscheinlich für
sämmtliche Stationen in der Nähe der deutschen Nord- und Ostseeküste, die an
die arithmetischen Mittel der Temperaturen von 6%, 2* und 10*, sowie an jene
von 8: Morgens und 8% Abends anzubringenden Correctionen mit grosser Wahr-
scheinlichkeit folgendermassen feststellen (in ° C.)*):
Jan. Fbr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oet, Nvbr. Dzbrz
U/g (6b + Qh + 100) — 0.1 —0.1 0.0 +02 +02 +02 +02 +02 +01 — 01 — 0.1 — 0.1
Ua (8b + 83) +04 +05+06-05 E02 00 +01 +04 +07 +07 +04 +03
Für das Mittel aus den täglichen Extremen können wir die, zur Rück-
führung auf das wahre Mittel nöthigen Correctionen aus den an der Seewarte an-
gestellten Beobachtungen bestimmen, da hier seit März 1868 neben den Ablesungen
um 6, 2 und 10 Uhr auch die Angaben eines guten Thermographen von Negretti
and Zambra, der in demselben Jalousiekasten mit dem Psychrometer hing, auf-
gezeichnet worden sind. Die Resultate der ersten Jahre weichen allerdings be-
deutend von jenen der späteren ab; die Differenzen zwischen dem Mittel der
Extreme und dem aus den Terminbeobachtungen hergeleiteten sind in jenen
früheren. Jahren bedeutend grösser, als später, und ihr Gang ist unregelmässig;
namentlich, wenn man auf die einzelnen Tage im Tagebuche eingeht, findet. mad
viele Zahlen, die zweifelhaft scheinen. Die Beobachtungen des Jahres 1869
insbesondere scheinen zum Theil wenig zuverlässig zu sein. Seit dem Mai 1871
sind die Beobachtungen hingegen bis zum April 1875 ausschliesslich von einem
and demselben Beobachter, Herrn W.Reinert, angestellt worden, und in den
letztvergangenen Monaten von demselben im Vereine mit Herrn Capt. Hege-
mann. Lassen wir den Mai 1871 fort, in welchem noch einige zweifelhafte
Grössen vorkommen, vermuthlich weil der Beobachter noch nicht die volle
Uebung erlangt hatte, so zeigen die letzten 4'/2 Jahrgänge eine solche Ueber-
einstimmung in den Verhältnissen der nach den verschiedenen Methoden hbe-
rechneten Temperaturmittel zu einander, dass man schon hieraus auf die Zuver-
Jässigkeit der Beobachtungen mit Sicherheit schliessen könnte, auch wenn man nicht
mit der aufopfernden Sorgfalt bekannt wäre, mit welcher Herr Reinert die
Beobachtungen durchgeführt hat.
*) Vgl. Köppen: Tafeln zur Ableitung der Mitteltemperaturen ete, im Repertorium für
Meteorologie. Bd, II. No, 7 (1873).