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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 3 (1875)

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personal besteht aus dem Gouverneur, aus einem Colonialsecretair und einigen 
Schreibern. Das Gerichtspersonal besteht aus einem Notar und aus den von 
der Bevölkerung gewählten Beisitzern. Dem Gouverneur steht ferner ein De- 
tachement von 25 Soldaten, mit Corporal und Lieutenant, sowie ein Marine- 
Arzt, zu Gebote. Ein von der Regierung angestellter Ingenieur leitet die etwa 
nöthigen Vermessungen etc. Ausserdem ist Stanley der Sitz eines Bischofs, 
der von hier aus die Missions-Stationen vom Rio de la Plata um Cap Horn 
bis Valparaiso verwaltet und zuweilen bereist; ausserdem befindet sich auch 
noch ein Prediger der anglikanischen Kirche daselbst. 
Die Kirche von Stanley liegt in 51° 41‘ 20“ Süd-Br. und 57° 51’ 56“ 
West-Lg.*) (Mittel von 20 Beobachtungen), was mit früher gemachten Beob- 
achtungen beinahe genau übereinstimmt. Der Hafen hat eine Ausdehnung 
von 4 Seem., eine Breite von !/z Seem. und eine durchschnittliche Wasser- 
tiefe von 4.6 bis 12.8 Met., die bis dicht an das Ufer reicht. Für Schiffe, 
die bei Cap Horn Schaden erleiden, was alle Jahr häufig vorkommt, würde 
Stanley Harbour von unermesslichem Werth sein, wenn sich daselbst ein Dock, 
Schlipp oder auch nur eine Einrichtung, grössere Schiffe Kiel zu holen, befände. 
Man findet zwar in den englischen Port-Charges erwähnt, dass Schiffe ihre Ha- 
varien hierselbst beseitigen können und nicht nöthig hätten nach Rio de Janeiro 
oder Montevideo zu segeln, aber dem ist nicht so, denn wer grössere Havarien 
arlitten hat und hier zimmern will, ist schlecht berathen, da man hier mit dem 
wenigen sehr theueren Material, welches selbst erst eingeführt werden muss, 
nur im Stande ist kleine Schäden auszubessern. Es hält schon sehr schwer, 
ein beschädigtes oder gebrochenes Steuerruder zu ergänzen, mithin ist es noch 
viel schwieriger grössere Reparaturen am Schiffsboden vorzunehmen, die starke 
Hölzer und Dockbequemlichkeiten erfordern. Ebenso schwer ist es, einen neuen 
Mast zu bekommen, und die Versuche, solche Reparaturen hierselbst vorzunehmen, 
endigen einmal der oben erwähnten Umstände wegen, andererseits des so hohen 
Zimmerlohnes (ein Zimmermann erhält den Tag 15 bis 20 Mark) und der gleich- 
falls sehr theuren Ladung-Lagerungskosten wegen, sehr häufig mit Condemnirung 
des Schiffes. Die Einwohner leben ausser von Schafzucht und oinigen Hand- 
werken hauptsächlich von den in Havarie einkommenden Schiffen, Der ganze 
Handel, wie auch die Schiffsausbesserungen sind in Händen zweier Firmen, diese 
sind die Falkland Island Company und Mr. D... Diese beiden Firmen veran- 
lassen die ganze Einfuhr, sie handeln mit Allem, was zum nöthigen Bedarf der 
Menschen gehört, aber auch mit den grössten europäischen Luxusartikeln. Die 
Arbeiter und Handwerker können nur durch dieselben Beschäftigung finden. 
Diese Firmen beherrschen demnach mit ihrem Gelde die ganze Bevölkerung. Wird 
eine Ladung condemnirt und verkauft, so kann sie nur eine dieser beiden 
Firmen ankaufen, mithin wegen Mangels an Concurrenz für einen sehr billigen 
Preis; ist die Ladung auf den Falkland-Inseln verwendbar, so müssen die Ein- 
wohner diesen Firmen dieselbe, gegen sehr hohen Preis, abkaufen; hat die 
Ladung an Ort und Stelle keine Verwendung, so wird solche in kleine Schooner 
zeladen und nach dem Rio Negro oder Montevideo verschifft und dort gut ver- 
kauft. Dasselbe geschieht mit den condemnirten Schiffen, die von einer der 
Firmen als Speicher, Holk etc. für einen Spottpreis angekauft werden, z. B, Schiffe 
von 1000 Tonnen für 3 bis 500 Pfad. Sterl. Das noch verwendbare Inventar 
wird meistens zur Ausrüstung der eigenen kleinen Fahrzeuge benutzt oder 
auch verkauft. Die Masten werden herausgenommen und bei Bedarf für je 
200 Pfd. Sterl. abgelassen; das kahle Unterschiff, nachdem ihm auch die noch 
irgend zu entbehrenden Balken und Hölzer genommen worden sind, dient dann 
als Hulk und wird Schiffen, die wegen Havarie ihre Ladung löschen müssen, 
gegen eine tägliche Miethe von 2 bis 4 und mehr Pfd. Sterl. als Speicher ver- 
pachtet. Bei Kohlenladungen übersteigen dann die Hulks- und Lagerungskosten 
in ganz kurzer Zeit den Werth der Ladung. Dazu kommt, dass die Inhaber 
dieser Firmen gleichzeitig die Consuln fremder Nationen sind, sowie auch die 
*) Nach der brit. Admir,-Karte „Stanley Harbour“ No. 1774 (Tit. VIII, No. 136) liegt der 
Beobachtungspunkt von Fitzroy und Sulivan R. N. in 51° 41‘ 10“ Süd-Br. und 57° 51’ 830“ 
West-Lg. und nach Raper 1874 liegt der, der Regierung gehörige Speicher in 51° 41‘ 0“ Süd- 
Br. und 57° 51‘ 30“ West-Le. A. d, R.
	        
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