239
über der Insel Kulang-seu, welche dem inneren Hafen Schutz gewährt. Die
Einwohnerzahl soll über 200,000 Seelen betragen.
Schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts gründeten Portugiesen dort eine
Niederlassung. Der schöne und leicht zugängliche Hafen, sowie die unterneh-
mungslustige und friedliebende Bevölkerung zogen später englische und hollän-
dische Handelsschiffe an, welche bis zum Jahre 1730 einen lebhaften Verkehr
mit den Sunda - Inseln und Europa unterhielten. Um diese Zeit wurde das
Recht, den Hafen von Amoy zu besuchen, allen fremden Nationen, mit Aus-
nahme der Spanier, ‚entzogen und erst durch den Vertrag von Nanking (am
26. August 1841) wurde Amoy zugleich mit Futscheuw, Ningpo und Shanghai
dem fremdländischen Handel wieder eröffnet, der aber freilich jetzt noch bis
zum weitaus grössten Theile in den Händen der Chinesen sich befindet, indem
diese in Hongkong ihre Einkäufe an europäischen Fabrikaten machen und mit
Ausnahme des Theegeschäftes auch alle Zweige des Exporthandels beherrschen.
Die wichtigsten Export-Artikel Amoy’s sind ausser Thee und Zucker (von der
Insel Formosa), Papier und Porzellanwaaren. Als Handelsplatz ist Amoy be-
deutender als Swatow, namentlich ist hier die deutsche Segelschifffahrt stark
vertreten, welche nächst der englischen den ersten Rang einnimmt. Nach den
Angaben von Scherzer (Commerzieller Bericht der österr. Expedition 1868—
1871) betrug der Tonnengehalt der ausgelaufenen Schiffe im Jahre 1868 184,477
Tonnen und im Jahre 1869 205,837 Tonnen. Bis zum Jahre 1873 ist dieser
Tonnengehalt zu 234,000 Tonnen angewachsen, von denen 73000 Tonnen auf
Schiffe unter deutscher Flagge fallen.
Der Commandant S. M, S. „Ariadne“, Corv.-Capt. Kühne, hat während
seines vierwöchentlichen Aufenthaltes mehrere Notizen über den Hafen von Amoy
gesammelt, die wir hier mittheilen und welche um so schätzenswertfher sind,
als Amoy selbst als Hafenplatz erst in der neuesten Zeit etwas eingehender
beschrieben ist (China Sea Directory Vol. III, pag. 169—176) und doch gerade
jetzt für die deutsche Schifffahrt eine erhöhte Bedeutung gewonnen hat,
Der eigentliche oder innere Hafen von Amoy wird durch das Fahrwasser
gebildet, welches zwischen den beiden Inseln Amoy und Kulang-sew liegt. Dies
Fahrwasser ist nur schmal und wird noch durch eine Menge Klippen verengt,
welche bei Hochwasser zum Theil überfluthet werden und deshalb auch mit
weissen, gemauerten Pfeilern kenntlich gemacht sind. Die Schiffe müssen da-
her gegen Ebbe und Fluth, welche ungefähr 3 Seem. läuft, mit zwei Ankern
verankert werden. Grösseren Schiffen, namentlich wenn sie nicht einen längeren
Aufenthalt in Amoy zu nehmen beabsichtigen, ist daher anzurathen, ausserhalb
in der Bucht zu ankern, welche geräumig und rings von hohen Bergen ein-
geschlossen ist und einen guten, sicheren Ankerplatz bietet.
Was die Ausrüstung und Verproviantirung von Schiffen betrifft, so bietet,
mit Ausnahme einiger Lager von australischer Kohle, Amoy nicht viel mehr,
als Swatow. Das in Amoy gebackene Hartbrod ist von sehr geringer Qualität;
Trockenproviant, Salzfleisch u. s. w. ist nur in geringen Quantitäten vorhanden.
Das frische Rindfleisch war um 1 Dollar theurer, als in Swatow, das Brod aber
um 3 Cent. billiger.
Die Ansegelung der Bucht von 4moy bietet während des Tages bei
einigermassen klarem Wetter keinerlei Schwierigkeiten, da man an der Nan-
schai- Wuhang-Pagoda, sowie an den vor dem Eingange liegenden Inseln vor-
zügliche Landmarken hat, um die unter Wasser liegenden Untiefen zu vermei-
den. Auch bei Nacht ist die Ansegelung durch das erst kürzlich angezündete
Feuer auf der am Eingange des Hafens liegenden Insel Tsing - seu (s. „Nachr.
f. Seef.“ 1875, No. 389) ungefährlich geworden.
Das Klima Amoy’s is& nach den an Ort und Stelle von Corv. - Capitain
Kühne eingezogenen Erkundigungen sehr angenehm und soll das gesundeste
an der ganzen chinesischen Küste sein, sowohl im Winter, als im Sommer.
Während dieser letzteren Jahreszeit ist die Temperatur eine erträgliche und
weniger hohe, als in allen anderen chinesischen Häfen, da gegen Mittag regel-
mässig eine frische Seebrise einsetzt. KEigentlich heiss und drückend sind nur
die Abendstunden, nachdem die Seebrise aufgehört hat. Der Gesundheitszustand
Amoy’s ist daher auch stets ein schr guter; Epidemien sind hier nicht bekannt.
Den in Amoy ansässigen Fremden bietet dieser Platz auch noch die besondere