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Die glückliche Beendigung des: Krieges im Jahre 1866 und die demnach
erfolgte Constituirung des Norddeutschen Bundes. stellte weitere Anforderungen
an die hydrographisch - kartographischen Arbeiten. In richtiger Erkenntniss,
dass es fortan Sache der Marine - Verwaltung sei, der allein die geeigneten
Mittel und Kräfte zur Verfügung standen, in Zukunft die Sorge dafür zu. über-
nehmen, dass ein in jeder Hinsicht genügendes Seekarten-Material der nord-
deutschen Küsten vorhanden und sowohl der Kriegsmarine selbst, .als auch dem
Schifffahrt treibenden Publikum zugänglich sei, war es das Königl. Proussische
Marine-Ministerium, welches sofort die nöthigen Anordnungen traf, um mit
aller Kraft dem Bedürfniss, welches sich zunächst für. die deutschen Küsten
der Nordsee geltend machte, Rechnung zu tragen. Von dieser Zeit. an datiren
die durch das Hydrographische Bureau nach diesem erweiterten Plane aus-
geführten hydrographisch-kartographischen Arbeiten, von denen wir hier eine
kurze Uebersicht geben wollen. .
Die durch die eigenthümlichen Verhältnisse an der Nordseeküste beding-
ten, stetig eintretenden Veränderungen in dem Fahrwasser machten zunächst
eine Revision der Jade und der deutschen Flussmündungen nöthig; doch wurde
gleichzeitig . mit der Inangriffnahme dieser Arbeit eine Vermessung und Aus-
lothung des gesammten deutschen Gebietes der Nordsee in das Auge gefasst.
Hier leitete der Corvetten-Capitain Grapow die Arbeiten, die von.1867 bis
1870 rüstig gefördert wurden und wesentliche Aenderungen und Abweichungen
von den. früher ‚erschienenen Karten ergaben. Die-.zur Verfügung gestellten
reichlichen Kräfte und Mittel — es waren daselbst thätig S. M. Aviso „Loreley“,
Commandant Corv.-Capt. Grapow, S. M. Kbt. „Basilisk“, Commandant Capt.-
Lieut. Ratzeburg, S. M. Kbt. „Wolf“, Commandant Capt.-Lieut. Matthesen
— gestatteten schon im Jahre 1868 die Herausgabe der revidirten Uebersichts-
karte der Jade-, Weser- und Elbmündungen im Maassstabe von 1: 100,000 und
der Specialkarte der Kider im Maassstabe von 1: 50,000. Im folgenden Jahre
erschien die Karte Schleswig - Holsteinsche Westküste, Blatt I und HM, daran
schloss sich 1870 die Karte der Ostfriesischen Inseln, östlicher und westlicher
Theil, beide Karten im Maassstabe von 1: 100,000. Dann noch die Deutsche
Bucht der Nordsee im Maassstabe von 1: 300,000
In.der Ostsee war inzwischen der Hafen von Kiel zum Bundes - Kriogs-
hafen verfassungsgemäss bestimmt. Eine für diesen Zweck erforderliche specielle
Aufnahme des Kieler Hafens existirte bis dahin noch nicht und wurde demgemäss
der Geometer Heydefuss von dem Königl. Preussischen Marine-Ministerium
engagirt und ihm der Auftrag ertheilt, den Hafen selbst und die denselben um,
gebenden Küsten genau aufzunehmen. Demzufolge wurde im Jahre 1870 eben-
falls noch eine Specialkarte der Kieler Förde. durch das. Marine-Ministerium
veröffentlicht und zwar in zwei verschiedenen Maassstäben, sowohl in dem
von 1:5000, als auch in dem von 1: 10,000.
Der Krieg von 1870 unterbrach zunächst die hydrographisch-kartographi-
schen Arbeiten; die gesammten Mittel der Kriegsmarine wurden durch denselben in
Anspruch genommen und erst mit dem Beginn des Frühjahres 1872 konnto an
eine Fortsetzung der Arbeiten gedacht werden. - Zwei gleich umfassende Auf-
gaben waren es, die seitens der betreffenden Behörden als durchaus nothwendig
anerkannt wurden, . | .
Bisher war immer nur auf einem. Gebiet; entweder in. der Ostsee oder in
der Nordsee, gearbeitet worden. Es galt jetzt, auf beiden Meeren gleichzeitig
vorzugehen. ,
In der Nordsee war zwar der hierauf bezüglichen Pflicht des Reiches Ge-
nüge geleistet, es waren gute Karten von dem gesammten Deutschen Küstengebiet
deutscherseits gefertigt und herausgegeben. Noch aber fehlte eine deutsche Segel-
karte der gesammten Nordsee, die ja selbst von England häufig als „German
Sea* bezeichnet wird. Noch immer benutzte die deutsche Kriegs- und Handels-
marine für dieses Gebiet die englischen und dänischen Karten.
Diese Lücke auszufüllen, wurde der Capt.-Lieut. Hohnholz beauftragt,
und ‚dieser begann, nach den nöthigen Vorarbeiten, im Frühjahre 1873 die
Lothungen in der Nordsee, die im Jahre 1874 vollendet wurden. Im Winter
1874/75 wurden die Arbeitskarten fertiggestellt und ist zur Zeit die Herstellung
der Karte des südlichen Theiles der Nordsee, der sich von 51° bis 58° 30‘