1792
Kieler Commission ein glänzendes Zeugniss ab. Wir werden über den Inhalt
derselben weiter unten berichten (s. S. 186) und wollen an dieser Stelle nur
von einem Abschnitt dieses Jahresberichtes, welcher für die Hydrographie im
Allgemeinen und für die physikalische Kenntniss der Nordsee im Besonderen
von Wichtigkeit ist, einen kurzen Auszug bringen. Dieser Abschnitt „Zur
Physik des Meeres“ ist von Herrn Dr. H. A. Meyer in Kiel verfasst und
enthält die Bearbeitung der „Beobachtungen über Meeresströmungen, Tempera-
tur und specifisches Gewicht des Mecrwassers während der Nordseefahrt vom
21. Juli bis 9. September 1872,“
In dieser Zeit hat die „Pommerania*“ einen Weg von etwa 2400 Seem.
zurückgelegt und dabei fast alle Küsten der Nordsee berührt, so dass man die
Reiseroute der „Pommerania‘“ als eine Rundfahrt um die Nordsee auffassen
kann. „Wenn indessen auch vielleicht einige Fahrten quer durch die Nordsee
noch von Interesse gewesen wären, so ist doch keine erhebliche Tiefe oder
bemerkenswerthe Formation des Meeresgrundes ununtersucht geblieben und
dürften die Ergebnisse dieser Untersuchungsfahrt ein recht vollständiges allge-
meines Bild von der Beschaffenheit der Nordseo darstellen“ (s. a. a. 0. pag. 5).
Im Ganzen sind innerhalb der 50 Reisetage 255 Beobachtungen angestellt wor-
den, welche sich auf die Bestimmungen der Tiefen, Temperaturen und des spe-
cifischen Gewichtes des Wassers, auf Strömungen, auf Wind und Wetter er-
streckten. Die diesem Aufsatze in dem „Jahresberichte etc.“ beigefügte
Karte bringt durch verschiedene Farbentöne die Tiefenverhältnisse der Nordsee
zur klaren Anschauung. Man ersicht aus dieser Karte, welche auf den sorg-
fältig angestellten Lothungen der „Pommerania‘“ beruht, dass der Meeresboden
der Nordsee ziemlich regelmässig von Norden gegen Süden und Osten zu auf-
steigt, dass die südlichen und östlichen Küsten überall von einem viele Meilen
breiten, aber weniger als 37,66 Met. (20 Faden) tiefen Meeressäume umgeben
sind und dass überhaupt die kleinere südöstliche Hälfte des ganzen Meeros
kaum irgendwo mehr als 56,5 Met, Wassertiefe besitzt. Diese flachere Hälfte
der Nordsee kann man ziemlich scharf durch eine von der Nordgrenze der
Doggerbank bis in die Mitte des Skagerrakes zwischen Skagen und der nor-
wegıschen Küste abschneiden. Aber auch der nördlich von dieser Linie gele-
gene Theil des Meeresgrundes fällt nur allmälig nach Norden zu ab und er-
reicht nirgend eine Tiefe von 188,8 Met. (100 Faden), ausser in der nicht
breiten Rinne, welche sich hart an der norwegischen Küste entlang zieht, sich
am Skagerrak fortsetzt und dann plötzlich an der schwedischen Küste endet. *)
Der Schifffahrt gefährliche Untiefen finden sich nirgend in einiger Ent-
fernung von den Küsten, aber ein submarines Plateau von grosser Wichtigkeit
wird zwischen dem flacheren südlichen und dem tieferen nördlichen Abschnitte
der Nordsee durch die ihres Fischreichthums wegen. so bekannten langgestreck-
ten Doggerbank gebildet, deren Längenausdehuung etwa zwei Fünftheile der
Breite der ganzen Nordsee ausmacht. In der Nähe der englischen Küste steigt
sie bis auf 15—17 Met. unter dem Wasserspiegel empor, nach Osten sinkt sie
bis auf 32 Met. hinab. Während alle südlich und östlich von der Doggerbank
gelegenen Küsten sehr flach verlaufen, fallen die nördlichen, die norwegische,
schottische und die Küste von Nordengland entweder schroff ab oder haben
doch schon in unmittelbarer Nähe wenigstens 37,66 Met. Wassertiefe. Im
Grossen und Ganzen ist daher die Nordsee ein sehr seichtes Meer; ihre Grund-
beschaffenheit ist im Gegensatze zur Ostsee steinfrei; es fehlen hier die an vie-
len Paten der Ostsee massenhaft vorkommenden erratischen Blöcke (s. a. a. O0.
pag. 8).
Temperaturen der Nordsee.
In der nördlichen tieferen Hälfte der Nordsee finden sich im Sommer
Wasserschichten von sehr ungleicher Wärme, sowohl in verticaler Abstufung
*) Die grösste innerhalb dieser Rinne von Dr. Meyer gelothete Tiefe betrug 687,4 Met.
(365 Faden) bei Neerstrand am Buken Fjord am der Westküste von Norwegen; weiter nördlich
am Kors Fjord bei Korsnaes (südlich von Bergen) wurden 634,6 Met, (337 Faden) gelothet und
weiter südlich, 48 Seem. in NWzW von Skagen 602.6 Meter (320 Faden).