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lagerungen, welche sich in der Nähe von Korallenriffen bilden. Letztere werden
wegen ihrer Gefährlichkeit für die Schifffahrt auf den Seekarten schon seit längerer
Zeit hervorgehoben.
Ueberall ist es hier die möglichst eingehende Kenntniss der naturgesetz-
lichen Verhältnisse, welche zu erstreben ist und woraus alle praktischen Be-
ziehungen und Consequenzen leicht abgeleitet werden können, soweit sich die
Wissenschaft überhaupt für das, besondere Anforderungen stellende pulsirende
Leben verwerthen lässt. Vor einseitiger Behandlung muss aber sowohl im In-
teresse der Wissenschaft wie besonders. des praktischen Seewesens gewarnt
werden und namentlich in der jetzigen Zeit, in welcher die wissenschaftliche
Arbeitstheilung nicht selten dahin führt, dass die Beziehungen zum Ganzen ver-
loren gehen und das Wissen nach manchen Seiten hin ein lückenhaftes wird.
So nothwendig wie diese wissenschaftliche Arbeitstheilung auch ist und so sehr
auch im Einzelnen die grossartigsten Erfolge der Wissenschaft gerade hierauf
zurückzuführen sind, so ist dieselbe stets ein Hinderniss des wissenschaftlichen
Fortschritts, wenn man dabei die Beziehungen des Einzelnen zum Ganzen ver-
zisst oder vernachlässigt, wie es in Folge einer einseitigen und ungenügenden
Durchbildung und eines dadurch beschränkten Gesichtskreises nicht selten der
Fall ist, und ist es nothwendig, darauf in der neueren Zeit besonders auf-
merksam zu machen. Es ist dies aber um so mehr nothwendig für die prakti-
schen Schifffahrtsinteressen, als es sich hier um die gesammte Meereskunde
und die daraus für das Seewesen zu ziehenden Vortheile handelt,
Die Vervollständigung unserer Kenntnisse über das Weltmeer wird, einer-
seits durch besondere, fest oder für eine längere Zeit eingerichtete und mit
allen Hülfsmitteln ausgerüstete wissenschaftliche Stationen an geeigneten
Küsten, am besten auf freiliegenden Inseln, andererseits, um die Verbindung
zwischen den untersuchten Einzelgebieten herzustellen, durch ebenso reich aus-
gestattete und für die Erforschung grösserer Distriete bestimmte Kxpeditionen
am vollständigsten und raschesten zu gewinnen sein. Die von der deutschen,
englischen und amerikanischen Marine, sowie die von der Commission zur
wissenschaftlichen Erforschung der deutschen Meere getroffenen Maassregeln
verdienen hier besondere Beachtung. Es wird hier auch, wie oben schon er-
wähnt, eine gewisse wissenschaftliche Arbeitstheilung zwischen den seefahrenden
Nationen, wie sie unter Anderem in grossartiger Weise kürzlich bei der Beob-
achtung des Vorbeigangs der Venus vor der Sonne zur Erscheinung gekommen
ist, nicht entbehrt werden können. Nur dadurch wird es möglich werden, an
einzelnen geeigneten Stellen des atlantischen, des indischen und des grossen
Oceans, in den Polardistricten und in einzelnen Binnenmeeren eine Reihe von
vollständig eingerichteten wissenschaftlichen Stationen für Meereskunde zu
schaffen und durch eine Reihe von wissenschaftlichen Expeditionen das bezüg-
liche Material in kürzeren Zeiträumen zusammen zu erhalten.
Dass die Nord-Polardistriete hierbei nicht vernachlässigt werden dürfen,
darauf hat Petermann seit Jahren und in sehr anzuerkennender Weise auf-
merksam gemacht, ebenso wie von Neumayer mit Recht auch die Südpolar-
gegenden besonders hervorgehoben worden sind. Was der einzelnen seefahren-
den Nation in solcher Ausdehnung zu erreichen nicht möglich ist, das kann
durch das Zusammenwirken der verschiedenen Völker der Erde in grossem
Maasse erreicht werden, auch dann schon, wenn die einzelnen Seestaaten nur
einen Theil derjenigen Mittel für diese grossen und wichtigen Aufgaben flüssig
machen, wodurch das seemächtige England zur Kenntniss des Weltmeeres nach
einzelnen Richtungen wesentlich beigetragen und sich dadurch die Völker der
Erde verpflichtet hat. Die hier berührten Aufgaben gehören den Seestaaten der
ganzen Erde an; auch schon um der nöthigen wissenschaftlichen Kräfte willen
ist ihre Mitwirkung nicht zu entbehren. Ihre Lösung gereicht den Völkern
zur Ehre, besonders der Marine.
Zunächst ist aber immer darauf hinzuweisen, dass es werthvoller ist,
weniger Stationen und Expeditionen auszurüsten, aber diese mit vollstän-
digem wissenschaftlichen Apparat und mit den dazu nothwendigen Kräften,
als durch ein zu grosses Untersuchungsfeld und durch nach Personen und Ge-
väthen mangelhafte Ausstattung einer gewissen oberflächlichen Untersuchungs-
weise Vorschub zu leisten. Die wichtigsten Küstengebiete mit ihren angren-