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System Nordsee
1 System Nordsee
mation durch Datenkompression, Filterung, Integration, Klassifizierung etc. sind des
halb Grundvoraussetzung für belastbare Bewertungen. Beobachtungen sind jedoch
nie flächendeckend oder zu jedem Zeitpunkt verfügbar. Für eine Vervollständigung der
Zustandsanalyse werden deshalb auch numerische Modelle genutzt, die Beziehun
gen zwischen den diversen Zustandsvariablen realisieren.
Eine ganzheitliche Darstellung des vernetzten Zustands der Nordsee in einem linea
ren Text ist problematisch. Um notwendige Verweise auf andere Berichtsteile zu be
grenzen, ist der Aufbau so strukturiert, dass Vorwärtsverweise möglichst vermieden
werden. Ursache für die Veränderlichkeit des physikalischen Nordseezustands ist der
variable atmosphärische Antrieb. Eine Rückwirkung des Meeres auf die Atmosphäre
wird vernachlässigt. Ebenso verhalten sich chemische Stoffe gegenüber dem physika
lischen Zustand passiv: Sie verteilen sich in Abhängigkeit vom Strömungszustand,
ohne selbst auf die Strömung Einfluss zu nehmen. Die Richtung der skizzierten Wir
kungskette Atmosphärenphysik => Meeresphysik => Meereschemie spiegelt sich in der
Abfolge der Kapitel. In den Unterkapiteln werden die Themen, wenn möglich und sinn
voll, vom Aktuellen zum Historischen und vom Groß- zum Kleinräumigen hin abgehan
delt. Die Deutsche Bucht als Subsystem der Nordsee wird jeweils im Anschluss an die
se betrachtet, lokale Zeitserien werden gewöhnlich ans Ende gestellt.
Der Zustand der Atmosphäre hat erhebliche Bedeutung für den Zustand des Meeres
und dessen Verständnis. Dabei können auch sehr kurzlebige atmosphärische Ereig
nisse, insbesondere Stürme, entsprechend kurzfristige (Sturmflut), aber auch nach
haltige Folgen (z. B. Auflösung der Schichtung) für den Meereszustand haben. Zu
sätzlich zum Wetterlagenkalender, in dem auch Sturmereignisse verzeichnet sind,
enthält System Nordsee erstmals eine Analyse der langzeitlichen Entwicklung der
Sturmfrequenz im Nordseeraum.
Im Abschnitt Meeresphysik werden die wichtigsten ozeanographischen Zustandsgrö
ßen in Beiträgen zu Meeresströmung, Seegang, Wasserstand, Temperatur und Salz
gehalt diskutiert. Informationen zum Meereis findet man unter Temperatur, denn Meer
eis lässt sich nicht nur als negativer Wärmeinhalt auffassen, sondern ist seit 1996
aufgrund des erheblichen Wärmeinhalts des Meeres zu Winterbeginn kaum noch auf
getreten. Der Regimecharakter der Nordseetemperatur, der auch bio-ökologisch von
erheblicher Bedeutung ist, wird in einen quasi-globalen Zusammenhang zu NAO,
NPO / PDO und ENSO gestellt.
Das Kapitel Meereschemie enthält neben dem um eine Langzeitanalyse der Fluss
frachten erweiterten Nährstoffabschnitt Beiträge zur Belastung der Nordsee mit orga
nischen Schadstoffen, Spurenmetallen und radioaktiven Stoffen. Neben Hintergrund
informationen (Quellen, Umweltverhalten, Toxizität) zu den diversen Stoffgruppen und
Stoffen werden schwerpunktmäßig Konzentrationsverteilungen von Schlüsselstoffen
(mit stoffklassentypischem Verhalten) im Meerwasser und Sediment präsentiert und
interpretiert. Besonderheiten bzw. Anomalien werden mit natürlichen Umweltverände
rungen und / oder anthropogenen Einflüssen in Zusammenhang gebracht. Hervorzu
heben sind die Konzentrationsverteilungen hydrodynamisch quasi-konservativer Stof
fe (z. B. Hexachlorcyclohexan-Isomere und polare Pestizide), die oft regional robuste
Zusammenhänge zum Salzgehalt aufweisen, welche Wassermassenidentifizierungen
und Quellenzuordnungen ermöglichen.