4 Meereschemie
212
System Nordsee
chen Veränderungen unterliegen (Abschnitt 4.3.53, S. 212), weder »globale«, noch zei
tinvariante, noch stoffübergreifende einfache Beziehungen zum Salzgehalt angeben
lassen. Hinzu kommt, dass der quasi-konservative Charakter der Stoffgruppe auf
grund chemischer und physikalisch-chemischer Eigenschaften in seiner »individuel
len« Ausprägung schwankt. Für eine aus diesen Gründen prinzipiell notwendige indi
viduelle Betrachtung jedes Einzelstoffes fehlt hier der Raum.
Das quasi-konservative Verhalten der polaren Pestizide macht diese Stoffe zu aus
sichtsreichen Kandidaten für erfolgreiche Ausbreitungssimulationen in der Nordsee,
wenn die Stoffeinträge über die Flüsse und die offenen Modellränder bekannt sind.
Derartige Simulationen wurden beispielsweise von Prandle (1984) und Prandle et
al. (1993) für andere passive Tracer - nämlich 137 Cs und eine Reihe von Spurenme
tallen - durchgeführt. Besonders geeignet sind hierfür offensichtlich Modelle, die rea
listische Salzgehaltverteilungen produzieren.
4.3.5.3 Zeitliche Variabilität der Herbizidgehalte
Pestizide werden meist sehr gezielt eingesetzt, so dass die Eintragsmengen und dem
zufolge die Konzentrationen des Wassers starken saisonalen Schwankungen unterlie
gen. In Abb. 4-40 ist beispielhaft der jahreszeitliche Konzentrationsverlauf im Jahr 2005
für ausgewählte Herbizide in der Elbe bei Blankenese wiedergegeben. In dieser Grafik
wurden auch Beprobungen bei Stade berücksichtigt, die zu Beginn der beiden Über
wachungsfahrten am 25. Mai und 10. August durchgeführt wurden. Die sehr hetero
genen Jahresgänge weisen kein gemeinsames Grundmuster auf (Abb. 4-40), sondern
resultieren offenbar aus uneinheitlichen Anwendungszeiten und verschieden hohen
Anwendungsmengen.
Die raumzeitliche Variabilität der Substanzkonzentrationen ist sehr komplex und Kon
zentrationenänderungen in der Elbe sind in ihrer Wirkung auf die Stoffverteilung in der
Deutschen Bucht selten einfach nachvollziehbar. Schwankende Einträge aus dem
landwirtschaftlich intensiv genutzten >Alten Land< stromab von Stade stellen eine wei
tere Komplikation dar. Auf einen zeitlichen Vergleich der Konzentrationen in der Elbe
mit denen einzelner Stationen in der Deutschen Bucht (Loewe et al. 2006) wird des
halb hier verzichtet, zumal die Herbizidbelastung der Deutschen Bucht nur durch Be
probungen im Mai / Juni und August / September belegt ist.
In Tab. 4-4 sind stattdessen regionale Konzentrationsmediane für die in diesen beiden
Messkampagnen am häufigsten nachgewiesenen Herbizide zusammengefasst. In der
Elbe variierten die Konzentrationen zwischen 0.5 und 37.2 ng/L, in Küstengewässern
zwischen 0.1 und 5.5 ng/L. In der offenen See waren bei den gegenwärtigen Bestim
mungsgrenzen nur 15 Stoffe nachweisbar, von denen Diuron (1.5 ng/L), Isoproturon
(0.9 ng/L), Atrazin (1.1 ng/L), Simazin (0.4 ng/L) und Terbuthylazin (0.1 ng/L) in höchs
ten Konzentrationen vorkamen.
Die bereits im Zusammenhang mit Abb. 4-40 angesprochene heterogene Vielfalt in der
jahreszeitlichen Entwicklung der Pestizidkonzentrationen in der Elbe tritt auch in der
Gegenüberstellung der Konzentrationen im Mai und August bei Stade deutlich hervor
(Tab. 4-4). Danach ergaben sich für 7 Stoffe - nämlich Bentazon, Chlortoluron, Isopro
turon, 2,4-D, Dichlorprop, Metribuzin und Irgarol - im Mai deutlich höhere Konzentra
tionen als im August, während für 5 andere Stoffe (Diuron, Atrazin, Hexazinon, Sima
zin und Terbuthylazin) das Gegenteil zutraf. Die Konzentrationen der restlichen 11 Her
bizide unterschieden sich hingegen an den beiden Terminen kaum.