4.3 Organische Stoffe
System Nordsee
183
Verteilung (Global Distillation) und atmosphärische Deposition zustande. Auch techni
sche Gemische mit hohen a-HCH-Gehalten, die in einigen Entwicklungsländern noch
verwendet werden, gelangen auf diesem Wege in den Nordatlantik und die Nordsee.
Hingegen wird y-HCH auch in Europa weiterhin angewendet, was die vom europäi
schen Festland im Süden nach Norden hin abnehmenden Konzentrationen erklärt.
Die geschilderten Eigenschaften der großräumigen HCH-Verteilungen bedingen klar
unterscheidbare Isomerenverhältnisse. Für den atlantischen Einstrom in den Kanal
wurde ein a/y-Verhältnis von 0.8 bestimmt, während das mit dem Fair-Isle Current in
die nördliche Nordsee einströmende Nordatlantikwasser ein a/y-Verhältnis von 2.6
aufwies (Abb. 4-20). Die Verteilungsstrukturen des Isomerenverhältnisses im Süden
bzw. Nordwesten der Deutschen Bucht (Abb. 4-19) sind offensichtlich mit diesen bei
den Wassermassen assoziiert. Die hohen a/y-Verhältnisse vor der nordfriesischen
Küste bilden das Elbewasser als dritten Wasserkörper ab.
b) Korrelationen zum Salzgehalt
Für Nährstoffe in der Deutschen Bucht ist eine lineare Abhängigkeit der Konzentratio
nen vom Salzgehalt im Winter meist gut erfüllt und wird zur Trendabschätzung genutzt
(vgl. Abb. 4-7, S. 164). Die hohen inversen Korrelationen beinhalten, dass sich die hier
beobachteten Nährstoffkonzentrationen (wie der Salzgehalt selbst auch 1 ) hydrodyna
misch konservativ verhalten und sich demnach im Wesentlichen durch lineare Vermi
schung von Fluss- und Meerwasser einstellen.
Für die Konzentrationen der HCH-Isomere und den Salzgehalt in der Deutschen Bucht
im Mai 2005 lassen sich ebenfalls hohe lineare Korrelationskoeffizienten von - 0.89
(a-HCH), - 0.90 (ß-HCH) und - 0.94 (y-HCH) errechnen. Tatsächlich liegt ein stabiler,
im gesamten Untersuchungsgebiet gültiger, einfacher linearer Zusammenhang mit
dem Salzgehalt jedoch nur für y-HCH vor. Für die beiden anderen Isomere kommt es
hingegen für Salzgehalte > 32 zu erheblichen Abweichungen von entsprechenden
»globalen« Regressionsbeziehungen.
Aus statistischer Sicht ist eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des Kor
relationsverfahrens nicht erfüllt: die Konzentrationen für a- und ß-HCH sind nicht nor
mal, sondern bimodal (zweigipflig) verteilt, so dass sich für die vollständigen Daten
sätze keine sinnvollen Mittelwerte und Standardabweichungen angeben lassen, wel
che für die Berechnung des Korrelationskoeffizienten (des mittleren Produkts
standardisierter Variablen) essentiell sind.
Die physikalische Ursache dieser Bimodalität ist unmittelbar aus der geographischen
Konzentrationsverteilung ersichtlich, die für a- und ß-HCH durch einen markanten
Gradienten in zwei Seegebiete zerfällt, für die sich die Konzentrationen um eine Grö
ßenordnung unterscheiden (Abb. 4-19, S. 181). Diese Konzentrationsregimes korres
pondieren mit den Einflussbereichen von Elbfahne und Wasser aus der südlichen
Nordsee. Bei entsprechender räumlicher Aufteilung (Stratifizierung) der ß-HCH-Pro-
ben ergibt sich für das Elbfahnensample (Abb. 4-21, rote Kreise) ein überzeugender li
nearer Zusammenhang zum Salzgehalt, der die Elbe als Haupteintragsquelle für ß-
7. Der Salzgehalt s einer linearen Mischung zweier Wassermassen hängt von den Salzgehalten und den relati
ven Volumina der Mischungskomponenten ab: s = s 1 *v 1 +s 2 *(! - v 1 ). Für ein Gemisch aus 11 Flusswasser (s = 0)
und 41 Seewasser (s = 35) ergibt sich beispielsweise ein Salzgehalt von 28 (s = 0*1/5 + 35* 4/5). Die angegebene Mi
schungsformel lässt sich nach v-, = (s - s 2 )/(s 1 - s 2 ) umstellen und vereinfacht sich Im Beispiel zu v-, = l - s/35. Der
Salzgehalt (des Gemisches) lässt sich demnach und ggf. anschaulicher als Süßwasseranteil (v,) auffassen. Für s = 30,
32 und 34 beläuft sich dieser Anteil auf etwa 15,9 und3 % (vgl. Abb. 4-21).