3 Meeresphysik
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System Nordsee
gehaltsbedingungen bis in den Sommer nur geringen Änderungen unterworfen sind
(Abb. 3-30, rechts). Deshalb nimmt es nicht Wunder, dass die südwärtige Verschiebung
der Isohaiine 35 seit 2003 (vgl. Tab. 3-9) gleichermaßen in den bodennahen Saltsge-
haltsverteilungen der Sommermonate zu beobachten war. Die horizontalen Strukturen
erscheinen im Sommer 2005 auf Jahressicht wenig verändert, in der südlichen Nord
see wurden jedoch großräumig Salzgehalte oberhalb von 34.75 nachgewiesen. Letz
teres trifft für die Oberflächenverteilung ebenso zu (Abb. 3-30).
Kennzeichnend für die oberflächennahe Salzgehaltsverteilung im Sommer ist der
Kontrast zwischen salzreichem Wasser atlantischen Ursprungs im Westen und salz
armen Wassermassen im Osten. Salzgehalte unter 34 markieren dabei den Einfluss
bereich von Ostseewasser und kontinentaler Frischwasserabflüsse. Die mit dem os
zillierenden Schleppsystem >Delphin< gemessenen Salzgehaltsprofile zeigen auf den
Schnitten nördlich 56° N deutliche vertikale Unterschiede (Abb. 3-31), die durch den
oberflächennahen Baltischen Ausstrom und dessen Fortsetzung im Norwegischen
Küstenstrom hervorgerufen wurden. Die Isohaiine 34 lag hier im August 2005 auf dem
Meridian 2° E (s. a. Abb. 3-30). Dieses weite Vordringen des Baltischen Ausstroms
nach Westen dürfte ebenso wie der starke Export von Ostseewasser durch das Katte
gat im Spätwinter (s. Abb. 3-4, S. 86) vor allem auf die Häufung von Ostwetterlagen im
Zeitraum Februar bis April zurückzuführen sein (s. Tab. 2-3, S. 57). Im der Messkampa
gne unmittelbar vorausgegangen Juli enthielt der Windantrieb im relevanten Seegebiet
ebenfalls eine anomale Ostkomponente (Abb. 2-11, 5.56). Die Westausdehnung des
Ostseewassers war erheblich stärker ausgeprägt als im Vorjahressommer; seine
Schichtmächtigkeit war hingegen im Bereich des Norwegischen Küstenstroms auf 58
und insbesondere 59° N um bis zu 30 m flacher (Abb. 3-31).
3.6.3 Nördliche Randbedingungen
Analyse und Bewertung, aber auch die Modellierung raumzeitlicher Veränderungen
der Nordsee setzen Kenntnisse der hydrographischen Bedingungen an den System
grenzen zum Nordatlantik voraus, die sich insbesondere aus Langzeitbeobachtungen
gewinnen lassen. An dieser Stelle werden deshalb die aktuellen Salzgehaltskonditio
nen im >Fair Isle Current< (FIC) im Einstrombereich der nördlichen Nordsee im Kontext
der langfristigen Entwicklung betrachtet. Die zugrunde liegenden Daten wurden
freundlicherweise von S. Hughes (Fisheries Research Services, Aberdeen, UK) zur
Verfügung gestellt.
Abb. 3-32 zeigt die zeitliche Entwicklung des oberflächennahen Salzgehalts im FIC auf
der nominellen Position 59° N /2° W. Die dargestellten »Jahresmittel« (strichliert) ba
sieren auf durchschnittlich 3 Messkampagnen in verschiedenen Jahreszeiten. Die
rechte Achse wurde so skaliert, dass sie diese Zeitserie in Form von standardisierten
Abweichungen vom Mittelwert des Zeitraums 1971 -2000 »vermisst«. Im Jahr 2005
lag der Salzgehalt mit 35.0 um 1 g (Standardabweichung) über dem Langzeitmittel
und damit weiterhin auf hohem Niveau.
Charakteristisch für die Zeitreihe sind quasizyklische Variationen im Periodenbereich
von 6-9 Jahren, die durch eine 5-Punkt Tiefpassfilterung deutlich hervortreten
(Abb. 3-32). Auch im Spektrum des NAO-Index oder des Kerndrucks des Islandtiefs
zeichnet sich dieser Periodenbereich durch hohe Varianzanteile aus (z. B. Loewe und
Koslowski 1998). So ist nicht allzu erstaunlich, dass die negativen Phasen dieser
Quasizyklen mit den »Großen Salzgehaltsanomalien< assoziiert sind, die in den '70er,