3 Meeresphysik
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System Nordsee
regimes, die bislang vor allem die Windverhältnisse im Winter innehatten, ist im rezen
ten extremen Warmregime an advektive Wärmetransporte und einen verstärkten so
laren Energieeintrag im Sommer übergegangen.
Interessanterweise wurden synchrone abrupte Verschiebungen in der winterlichen at
mosphärischen Zirkulation der Nordhemisphäre festgestellt (Watanabe und Nitta
1999). Insbesondere wurden zeitgleiche, teils entgegensetzte Regimewechsel in den
Meerestemperaturen des Nordpazifik beobachtet, die - wie in der Nordsee auch (Wei-
jerman 2005) - mit gravierenden Veränderungen des marinen Ökosystems einhergin
gen (Hare und Mantua 2000). Das simultane quasi-globale Auftreten dieser Phäno
mene weist auf ein Zusammenspiel dominanter dynamischer Moden des Klimasys
tems hin (ENSO, PNA, PDO, NAO).
Die für den Zeitraum 1969 - 1996 durch hohe Korrelationen belegte Abhängigkeit von
Winter- und Jahresmitteln der Nordseeoberflächentemperatur vom Winter NAO-Index
erwies sich in der Folgezeit als ungültig. Früher nur mit stark positivem NAO-Mode ein
tretende hohe Temperaturen wurden seit dem Temperatursprung 2001/02 sogar über
troffen, obgleich sich die NAO seit 1997 im Winter überwiegend in einem neutralen,
tendenziell negativem Zustand befunden hat. Anhand weitergehender Analysen wur
de gezeigt, dass der NAO-Mechanismus durchaus intakt geblieben ist, dass jedoch
das NAO Paradigma NAO + (NAO - ) -> warme (kalte) Nordseetemperatur durch -> ge
ringe (starke) winterliche Abkühlung zu ersetzen ist. Ursache hierfür sind im Sommer
generierte extreme Warmanomalien, die z. T. bis in den Frühsommer des Folgejahres
andauern. Diese hohe Persistenz resultiert aus der Wärmespeicherfähigkeit des Mee
res und wird durch fehlende winterliche Gegenimpulse (neutraler NAO-Zustand) wei
ter begünstigt. Die möglicherweise mit einer polwärtigen Verschiebung der Hadley-Zir-
kulation (Hu und Fu 2007) zusammenhängende erhebliche sommerliche Erwärmung
dominiert seit 1997 den gesamten jahreszeitlichen Temperaturgang. Dies zeigt sich in
einer hohen Korrelation zwischen Jahres- (Juli bis Juni) und Sommertemperatur, wel
che die bislang gültige starke Abhängigkeit der regulären Jahrestemperatur von der
Wintertemperatur ablöst. Die geschilderten Veränderungen sind bio-/ökologisch min
destens insofern relevant, als sie Wirkungsketten der Sorte NAO -> Temperatur -> ...
entwerten. Schließlich ist bemerkenswert, dass die Veränderungen zeitgleich mit ei
ner beschleunigten globalen Erwärmung eintraten (Trenberth et al. 2007).
Starke Eiswinter traten in der Deutschen Bucht in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
quasiperiodisch in Abständen von 7-9 Jahren ein. Der letzte Winter dieser Art ereig
nete sich 1996 bei erheblich abgeschwächter Zonalzirkulation bzw. negativem NAO-
Zustand. Das Ausbleiben solcher Winter ist Konsequenz des hohen Wärmeinhalts des
Meerwassers zu Winterbeginn bei gleichzeitig unzureichenden Abkühlungsraten im
Winterverlauf (neutraler NAO-Zustand). Die kritische Meerwassergefriertemperatur
wird nicht mehr oder jahreszeitlich so spät erreicht, dass eine effiziente Eisbildung in
folge der ab Mitte Februar schnell anwachsenden solaren Einstrahlung unmöglich
wird. Der Eiswinter des Jahres 2005 war mit einer Eisvolumensumme von 0.03 m
praktisch eisfrei. Auch der als kalt empfundene gegenwärtige Winter (2009) produzier
te bezogen auf die Klimatologie 1971 - 1993 in Nordsee und Deutscher Bucht ledig
lich normale Temperaturbedingungen, die für ein Durchbrechen des geschilderten
Szenarios nicht ausreichen.