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Die Seuche forderte besonders viele Opfer bei den Italienischen Aus
wanderern, die in engen Häusern zusammengepfercht waren, wo sie für 2 pence
die Nacht zubriugen.
Diese Auswandererbäuser sind überhaupt eine beständige Gefahr für die
öffentliche Gesundheit und meistens seit 1867, wo die Cholera herrschte, ent
standen. Es existiren davon über 400, im Kirchspiel Solarro allein 91,
Das ganze Einkommen der Municipalität besteht aus 160,000 demgemäss
sind für hygieinischc Zwecke nicht genügende Mittel vorhanden; die Aufhebung
der Lotterie hat dieselben noch bedeutend verringert. Im Anfang des Februar,
der noch sehr heiss war, starben nicht über 20 Personen täglich und erst am
22. Februar kam der erste Gelbfieberfall ausserhalb des Kirchspiels San Telmo
vor. Die Absperrung desselben war versäumt, nur waren nutzloser Weise zur
Reinigung der Luft Nachts grosse Feuer auf den Strassen angezündet worden,
auch hatte man das Pflaster mit Thcer zu desinficiren versucht.
Jetzt begann man mit Reinigungsversuchen in der Stadt, während die
Sterblichkeit auf 40—50 täglich stieg.
Im März wurde es schlimmer, aber man gestand öffentlich nur 43 Todesfälle
per Tag ein, während doch 109 Begräbnisse zu constatiren waren.
Die Kräfte der Todtengräber fingen an nicht mehr auszureichen und blieben
in einer Nacht 70 Särge über der Erde, obgleich Tag und Nacht begraben wurde.
Mitte März war die Krankheit allgemein verbreitet, selbst im gesündesten
Theile der Stadt, dem Kirchspiel Socarro.
ln der ersten Woche des März kamen täglich durchschnittlich 70 Todes
fälle vor, am 8. 115. Die Acrzte riethen an, die Stadt zu verlassen, von den
Behörden aber wurde gratis Kalk und Kohlentheer zur Desinfection vertheilt
und das Publicum aufgefordert, alle Häuser weissen zu lassen. Man inspicirte
die Wohnungen und brachte schreckliche Zustände der Verwahrlosung au den
Tag. Keiner der englischen Aerzte vcrliess die Stadt, wenngleich auch sie von
der Krankheit heimgesucht wurden, doch starb keiner von ihnen. Die englischen,
irischen, schottischen und amerikanischen barmherzigen Schwestern opferten sich
auf, ebenso die Geistlichkeit der verschiedenen Confessioncn. Besonders die
im März 1870 überschwemmten Strassen, welche in einem modrigen Zustande
verblieben waren, der durch die schweren Regengüsse im März dieses Jahres
sich noch verschlimmert hatte, litten unter der Epidemie.
Dabei verbreitete sich unter dem niedrigen Volke die Meinung, sie würden
von den Priestern und Acrztcn vergiftet, was sie abhielt, ihre Hülfe in An
spruch zu nehmen.
Ausserdem entstand durch die Epidemie eine so grosse Krisis im Handels
stande, dass an einem Tage 300 Wechsel protestirt wurden.
Nachdem im Anfänge nur die Italiener besonders gelitten hatten, erfasste
nun die Krankheit alle Nationalitäten und alle Stände, doch litten vor allen die
Bäcker und Drucker, Frauen und Kinder am wenigsten, %o der Ergriffenen
waren Männer. In der letzten Woche des März starben 350 Personen täglich.
In dieser Zeit trat an der Mündung des Riachuelo bei niedrigem Wasser
stande eine Schlammbank zu Tage, welche mephitische Dünste verbreitete, bei
den in der Nähe Wohnenden entstand eine grosse Mortalität. Auch die Be-
gräbnissplätze hauchten schlimme Gase aus, so dass die Verordnung erlassen
wurde, es sollten nur zwei Personen den Leichen folgen dürfen. Nun waren
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