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Full text: Jahresbericht 1871

Die ewig denkwürdigen Ereignisse des Jahres 1871 haben ihren Schatten 
sowohl als ihr Licht natürlich auch in die Seewarte geworfen, welche mit dem 
sensibelsten Theil des Yölkorverkchrs in so inniger Verbindung steht. Im 
Beginn des Jahres finden wir ganze Flotten von Stillliegern in unseren und in fremden 
Häfen, von der offenen See woggescheucht durch die Furcht vor der französischen 
Kaperei, gegen welche völkerrechtliche Barbarei nur einzelne Schiffe auf nur 
ihnen bekannten Schleichwegen praktisch zu protestiren wagen. Dann lähmte 
ein nicht enden wollender Winter die Schifffahrt von unseren Strömen vollends, 
und erst lange nach dem vielersehnten Friedensschluss konnten wir uns deren 
erfreuen, als, durch die Frühlingssonne geweckt, 
Tausend fieiss’ge Hände regten, 
Halfen sich im muntern Bund! 
Denn wenn je eine siegreiche Nation einhellig und rasch entschlossen von 
der rauhen Kriegsarbeit zu den segensreichen Werken des Friedens 
zurückgekehrt ist, so war es unser Volk. Und zwar nicht nach einem Pyrrhus 
siege wie die Amerikanischen Nordstaaten, sondern nach Erringung einer zweifel 
losen Hegemonie in Europa steckte es das Schwert in die Scheide, und erklärte 
friedliche Arbeit überall für seine Losung. Kein Wunder, dass so das erschütterte 
Vertrauen rasch wiederkehrte, alte Verbindungen wieder aufgenommen, neue 
geknüpft wurden, und bald der steigende Frachtenmarkt ein mehr und mehr 
lohnendes Geschäft anzeigte. 
Wenn freilich wir „Segler der Meere“ auch mit einigem Recht scheel Wiedcrbe- 
auf die vielen neuen Dampferlinien blicken, welche namentlich von den deut-Verändernnn- 
sehen Küsten nach den transatlantischen Gestaden zu fahren sich anschicken, ¿ es ° 
so wissen wir doch auch die daraus hervorgehende allgemeine Belebung des Seeverkehrs. 
Verkehrs zu würdigen, werden aber um so mehr bedacht sein müssen, durch 
Kürzung und Sicherung der Segelwege uns den zum Gedeihen nöthigen 
Antheil am Frachtverkehr zu wahren. 
Ist es doch des Rheders eigenstes Interesse, sich nicht allein einen durch 
Schule und Fahrzeit tüchtig ausgebildeten Kapitän auszusuchen, sondern ihm 
auch alle Erfahrungen zugäugig zu machen, welche nur durch Combination der 
Erfahrungen möglichst vieler Seefahrer können ermittelt werden. Nur unter 
Beachtung aller zu Gebote stehenden Vortheile wird der steigenden Concurrenz 
des Dampfes zu begegnen sein, und ist es eine schwächliche Ausflucht, wenn 
man sich einredet, das Ende der Segelschifffahrt sei doch gekommen. Die 
Fahrten ausserhalb des Atlantic, die eigentliche sog. lange Fahrt, bleiben uns 
noch lauge Jahre; der Einfluss des Suez-Kanals fängt erst schwach an sich 
geltend zu machen; er wird steigen, aber die chinesische Fahrt noch lange von
	        
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