Kuhlbrodt, E,: Die Deutsche Atlant, Exped, auf d.: Vermessungs- u, Forschungsschiff „Metcor“. 57
Deutsche Atlantische Expedition auf dem Vermessungs-
und Forschungsschiff „Meteor“.
Technik und bisheriger Umiang der Pilotballonauistiege,
Von E, Kuhlbrodt, Hamburg, z. Zt, an Bord des „Meteor“,
Mitgeteilt durch die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft.
(Hierzu Tafel 2 und 3.)
Angeregt durch die Bedürfnisse der transozeanischen Luftfahrt haben seit
1922 bisher sechs deutsche Forschungsfahrten mit von Fachmeteorologen ver-
anstalteten Pilotballonaufstiegen stattgefunden, auf denen mehr als ein halbes
Tausend Visierungen auf dem Atlantischen Ozean gewonnen wurden. Diese
Fahrten brachten wertvolles Beobachtungsmaterial für das meteorologische Grund-
problem der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre‘).
Im Gegensatz zu früheren Expeditionen, auf welchen Pilotaufstiege zumeist
nur an Tagen mit Schönwetter, also bei bevorzugten Wetterlagen, angestellt
wurden, fanden auf diesen Fahrten die Höhenwindmessungen bereits grundsätzlich
jeden Tag zweimal statt, so daß, soweit möglich, die Wind verhältnisse fortlaufend
erfaßt wurden. Die Beobachtungen waren naturgemäß an bestimmte Fahrtstrecken
gebunden (überwiegend Kanal— Mittelamerika); diese örtliche Beschränkung läßt
eine Verallgemeinerung der Ergebnisse auf die große Zirkulation nur mit größter
Vorsicht zu. Da ist es von grundlegender Bedeutung, daß die Aerologie ein
Arbeitsgebiet der Deutschen Atlantischen Expedition ist, Jetzt wird eine gleich-
mäßige Verteilung der Höhenwindmessungen über das ganze große Gebiet des
Atlantischen Ozeans von 20° N bis über 60° S hinaus erreicht, und die lange
Dauer der Expedition von zwei Jahren ermöglicht eine große Häufung der Auf-
stiege. Durch diese systematische Erforschung werden die Zufälligkeiten, welche
bei der Stichprobenmethode so stark eingingen, erkannt; gerade die „Störungen“
in den Strömungsverhältnissen sind ja ein wesentlicher Bestandteil der allgemeinen
Zirkulation, und ihre Kenntnis ist notwendig in allen Breiten, auch den niederen.
Es ist ein Vorteil, daß das Arbeitsgebiet besonders auf dem Südatlantischen Ozean
liegt, denn hier sind bisher nur ganz vereinzelte Messungen gemacht worden.
Die Expedition hat jetzt mit Beendigung des Schnittes Y und der ersten
Expeditionshälfte die Erforschung des südlichen Teils des Südatlantischen Ozeans
beendet?), Eine allgemeine Übersicht über die meteorologischen Beobachtungen
befindet sich in zwei kurzen Berichten der beiden teilnehmenden Meteorologen
in der Zeitschr, d. Gesellschaft f. Erdkunde in Berlin 1925. Im folgenden soll
über die Höhenwindmessungen auf dem „Meteor“ ausführlicher berichtet werden,
aber nicht über die Ergebnisse selbst, sondern nur über die instrumentelle und
die methodische Seite sowie über den Umfang der bisherigen Messungen. Es ist
zu hoffen, daß Pilotballonaufstiege auf hoher See auch von anderer Seite weiter
angestellt werden; da wird es von Nutzen sein, die Erfahrungen der Expedition
näher kennenzulernen.
Die
1. Zur Technik der Pilotballonaufstiege,
1. Der Spiegeltheodolit, Von dem zum Anvisieren der Ballone erforderlichen
Spiegeltheodoliten sind auf der Seewarte für die Expedition zwei Instrumente
angefertigt worden. Hierbei berücksichtigte ich die inzwischen gemachten Er-
lahrungen und brachte in Zusammenarbeit mit dem Mechaniker der Seewarte,
F. Friedrichs, einige Verbesserungen an, die sich jetzt bestens bewährt haben.
Die Vorrichtung, durch welche der Aufsatzsextant an dem Objektiv des Fernrohrs
befestigt wird, ist fester und praktischer gemacht worden, Das Herausschrauben
des ganzen Sextanten senkrecht zu seiner Ebene geschieht jetzt stabiler längs
:) Die Ergebnisse von vier Fahrten sind veröffentlicht im „Archir der Deutschen Seewarte“
1922 Nr. 4, 1920 Nr. 4, 1924 Nr. 2, 1925 Nr. 3. © arte
?) Vgl. den Fahrtplan der Expedition in Ann, d. Hydr. usw. 1926 auf Tafel 2, Heft II.