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Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie usw. 1926,
Über den Einfluß
von Luftdruckänderungen auf die vertikale Temperaturverteilung.
Von Felix M. Exner, Wien,
Wenn wir uns aus der Atmosphäre durch einen vertikalen Zylinder von
zroßer Höhe eine vertikale Luftsäule herausgeschnitten denken, so haben wir
eine abgeschlossene Gasmasse vor uns, die durch die Schwerkraft auf der Erde
iestgehalten wird. Diese Luftsäule hat im Ruhezustand bei einer gegebenen
Temperaturverteilung eine ganz bestimmte Massenverteilung, die durch die
Grundgleichung der Aerostatik festgelegt ist.
So viel mir bekannt ist, hat man bisher das physikalische Problem noch
nicht erörtert, wie sich durch eine Massenzufuhr oder -abfuhr von der Seite her
die Temperaturverteilung in der vertikalen Säule infolge der Luftdruckänderung
ändert; hierbei wird vorausgesetzt, daß die Zylinderwand für die Wärme un-
durchdringlich ist und vor wie nach der Massenverschiebung stabiles Gleich-
zewicht herrschen soll.
Wenn wir diese Frage in Erwägung ziehen, so kann ihre Lösung dazu bei-
tragen, die verschiedenen vertikalen Temperaturverteilungen in der Atmosphäre,
welche wir den aerologischen Beobachtungen verdanken, zu erklären. Auf Grund
der Münchener Aufstiege hat seinerzeit A. Schmauss!) vier Typen der Tempe-
raturverteilung aufgestellt und sie zum Teil auf Druckeinflüsse zurückgeführt.
Auch für das Verständnis dieser Typen ist es vorteilhaft, einmal den Einfluß
der Massenänderungen näher festzustellen.
Ich will gleich anfangs bemerken, daß in der vorliegenden kurzen Mitteilung
keine allgemeine mathematische Lösung des Problems gegeben ist. Vielleicht
können aber die einfachen Lösungsversuche, die ich nun angebe, die Anregung
zu einer exakten Behandlung der Frage geben.
Wir wollen von einer Temperaturverteilung in dem vertikalen Zylinder aus-
gehen, die dem schematischen Normalzustand in der Tropo- und Stratosphäre ent-
spricht; es soll also in dem unteren Teil des Zylinders die Temperatur nach aufwärts
linear abnehmen und an der Grenze der Stratosphäre zur Isothermie übergehen.
An erster Stelle betrachten wir den Fall, daß im obersten Teil des Zylinders
durch Massenzufuhr oder Massenabschub eine Druckerhöhung oder Druck-
erniedrigung stattfindet, Damit soll die Wirkung von Oberflächenwellen der
Atmosphäre auf die Temperaturverteilung darunter bestimmt werden; unter
diesen Wellen sind Einsenkungen und Aufbauschungen der Atmosphäre gemeint,
über deren Vorkommen noch nichts Näheres bekannt ist. Da noch in großen
Höhen (Stratosphäre) interdiurne Veränderlichkeiten des Druckes vorkommen,
go müssen entweder Temperaturwellen (Zufuhr kalter und warmer Massen aus
demselben Niveau) oder Oberflächenwellen vorhanden sein, Im ersten Fall würde
sich in noch größeren Höhen die Druckverteilung in einem Niveau ausgleichen,
im letzteren nicht, Ich halte die letztere Anschauung für wahrscheinlicher,
nehme also an, daß in den obersten Atmosphärenschichten die Masse oberhalb
sines Niveaus nicht konstant ist, sondern daß die Atmosphäre in ihrer Vertikal-
ausdehnung schwankt, was vermutlich zu wellenförmigen Bewegungen Anlaß gibt.
Sei der Druck im Meeresniveau, am Boden des Zylinders, zu Anfang po, die
Temperatur To, a die Temperaturabnahme in der Troposphäre, so daß in ihr
T=T, — az, reiche ferner die Troposphäre bis zur Höhe h (z. B. 10 km), so
daß von hier an Ty = T,— ah die Temperatur der isothermen Zone ist, dann läßt
sich der Druck p in der Höhe z ausdrücken: für das Gebiet der Troposphäre
g
durch p= (Ans (S Gaskonstante), und für die Stratosphäre durch
° „gz—h)
pm RT
Münchener aerologische Studien Nr. 1. 1912.