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Full text: Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie usw, 1926, 
„=... Für jedes Institut, das Wissenschaft anwenden soll, ist die Pflege der reinen Wissenschaft 
und die Mitarbeit an ihr ein notwendiges Erfordernis, wenn es nicht in der Schablone erstarren soll. 
Ganz besonders, wenn die Wissenschaft so im Werden begriffen ist, wie es die Meteorologie war und 
ist, Es läßt sich nie von einem Wissenszweige, besonders einem Forschungsgebiet der Naturwissen- 
schaft sagen, daß eu nur für die Theorie von Interesse und dauernd für die Praxis unfruchtbar sein 
werde... Auf der anderen Seite ist die Anregung, welche die Bedürfnisse der Praxis der 
wissenschaftlichen Arbeit gehen, schr hoch unzuschlagen. Überall im Fortschritt unseres Nalur- 
erkennens ist die „Stellung der Frage“ der erste notwendige Schritt zum Weiterkommen, Und diesen 
ersten Schritt liefert in unzähligen Füllen die Praxis. Die Wissenschaft schuldet und weiß ihr Dank 
dafür, verlangt aber auch für sıch das Recht, die weiteren Fragen, die sich ihr bei Verfolgung dieses 
Ziels ergeben, zu verfolgen. Die Praxis hat davon mehr Vorteil, als wenn sie Halt gebieten würde, 
wo der unmitielbare Nutzen nicht mehr zu ersehen ist. — SO sind denn auch, wie bei allen Akademien 
and wissenschaftlichen Gesellschaften, zo insbesondere auch bei der Seewarle die von außen kommenden 
Anfragen und Aufgaben sehr wichtige und ersprießliche Anregungsmittel, die ihrer Arbeit zugute 
kommen, selbst wo sie zunächst als störend empfunden werden. Es kommt nur auf die richtige 
Mischung von außen kommender und vom Institut selbstgyestellier Aufgaben an, Eine wissenschaft. 
iche Anstalt darf nicht zum reinen Auskunfisbio werden, . , Wenigstens ihre höheren wissenschaft- 
‚ichen Beamten müssen neben der Erledigung solcher Aufgaben auch Zeit und Initiative zur Bear- 
Beitung selbeigestellter Fragen behalten, Diese Fragen werden doch zumeist ihrem Wirkungskreise 
entnommen sein...“ ,.. Weiterhin spricht K. von der „Mehrang, Verwaltung und Ausnutzung 
der Sammlung bhandschriftlicher Schiffsjournale, des kostbarsten Besitzes der Secwarte* ,.. „Ob 
die Verwaltung der „Deutschen überseeischen meteorologischen Beobachtungen“ bei der Seewarte bleiben 
oder etwa an das Reichskolonialamt übergehen soll, ist... nicht zu ersehen. In jedem Fall ist deren 
Erhaltung zu wünschen,“ 
Der Urgroßvater Köppens stammt aus Mecklenburg, von dort wurde er als 
Leibarzt vom Zaren nach Rußland mitgenommen, der ihm den erblichen Adel 
verlieh, Köppens Vater (Peter von Köppen, geb, 1793 in Charkow) war 
Ethnograph, Statistiker und Altertumsforscher aın russischen Hofe, er schrieb über 
180 Werke und bekam als Anerkennung für seine russischen Geschichtsforschungen 
vom Zaren das Gut Karabagh in der Krim, Hier verbrachte Wladimir als Kind 
öfter den Sommer. Er war geboren am 25, September 1846 in St. Petersburg 
und besuchte 1858—1864 in Simferopol das Gymnasium. Bis 1866 studierte er 
dann in St, Petersburg, 1867—1870 in Heidelberg und Leipzig, wo er seinen Doktor 
machte, Er fuhr zum Examen von Heidelberg nach Leipzig aus Furcht, die 
Heidelberger Professoren könnten, weil sie ihn persönlich kannten, zu milde prüfen. 
Das wollte er nicht. Das Examen machte er unmittelbar vor Ausbruch des 
Krieges 1870, geriet bei der Rückreise nach Heidelberg schon in die Militär- 
transporte und konnte sich als Sanitäter im Anfang des Krieges betätigen. 1872 
und 1873 war er Assistent am Physikalischen Zentralobservatorium in St. Peters- 
burg. Seine erste amtliche Tätigkeit als Meteorologe war, die Bibliothek der 
Zentralanstalt unter Wild zu ordnen. Zum 1. Mai 1875 wurde er von Neu- 
mayer nach Hamburg zur Deutschen Seewarte berufen als Abteilungsvorstand 
des Weiterdienstes, Diese Abteilung gab er am 1. April 1879 an van Bebber 
ab und konnte sich nun auf der Seewarte als freier Forscher ganz den mete- 
orologischen Fragen widmen, bis er am 1, April 1903 wieder eine Abteilung, die 
Drachenstation, sich selbst schuf. 1884—1891 war er — zwei Jahre allein, dann 
mit Hann — Schriftleiter der „Meteorologischen Zeitschrift“ um die er sich große 
Verdienste erworben hat. 
Aus Köppens Forschungsgebieten und Arbeiten seien hier nur wenige heraus- 
gegriffen: Grundlegend sind seine Erklärungen der Tagesperiode der Windstärke 
(Espy-Köppen), seine Arbeiten über die Fortbewegung der barometrischen 
Depressionen, über Gewitter und Böen, die er mit besonderer Liebe behandelte, 
auch die über dem Atlantischen Ozean, über Windgeschwindigkeit und Beaufort- 
Stärke, über Blindlingsprognosen und Luftbahnen, über Wolken, als deren Er- 
gebnis er mit Hildebrandsson und Neumay er den Wolkenatlas 1890 heraus- 
gab, seine vielen Theorien, Statistiken und zahllosen Veröffentlichungen über 
Perioden von Temperaturmitteln, Regenhäufigkeiten, Winden über Land und Meer 
asw., Die klimatologischen Teile in den Seehandbüchern der Deutschen Seewarte 
sind sein Werk, Köppens Windkarten der Ozeane sind in. die Literatur aller 
Kulturländer übergegangen. Aus vielen der Arbeiten geht sein Weitblick für die 
Entwicklung der Meteorologie hervor, sie sind als Vorarbeiten der neuesten 
meteorologischen Theorien anzusehen, die unter dem Sammelnamen der Bjerk- 
nesschen Theorien gehen. Gelegentlich einer Erklärung der starken Winterkälte
	        
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