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Full text: Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

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Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie usw. 1926, 
einigen Generationen nur in den Subtropen ab — sofern nicht dem Klima in 
der Erziehung der Kinder Rechnung getragen wird —, weil hier der Sommer 
scht tropisch ist. Dagegen fehlt der Arbeitswille in der ganzen Zone, Ge- 
arbeitet wird natürlich auch hier, denn ganz umsonst gibt die Natur auch hier 
nicht das Leben, aber die Arbeit wird von jedermann nur als ein Übel betrachtet, 
Jas man durch List, die hier bewundert wird, oder durch Einschränkung der 
Lebenshaltung nach dem Muster Diogenes’ zu umgehen sucht. Nirgends sieht 
man verlumptere Menschen als inmitten des Reichtums dieser Zone, weil jeder 
hofft, daß die andern arbeiten, und daß er mühelos die Frucht dieser Arbeit 
durch List, manchmal auch durch Gewalt an sich bringen könne, Das „Paradies“ 
dieser Zone kennt keine Arbeit; es würde dem Bewohner der gemäßigten Zone 
sehr langweilig vorkommen. „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein 
Brot essen“, gilt hier als fürchterlicher Fluch. 
Aber auch der Intellekt ist in seiner Richtung von dem der gemäßigten und 
kalten Zone wesentlich verschieden; ein Beispiel genüge. Wer in Montevideo 
am Segelschiffhafen entlang geht, sieht einen Haufen gesunkener Fahrzeuge 
liegen, die vor Jahren einem Sturm zum Opfer fielen. Im gemäßigten Klima 
wären diese Schiffe wieder instand gesetzt oder abgewrackt. Hier wird nur um 
sie prozessiert, und noch lange, nachdem der Bohrwurm sie endgültig zerstört 
hat. Im gemäßigten Klima wendet sich der Intellekt (Verstehen und Planen) 
ursprünglich und grundsätzlich gegen die Naturgewalten, in der Zwischenzone 
aber, wo die Natur keine Schwierigkeiten bereitet, gegen die andern Menschen 
und bringt einen egoistischen, anarchistischen Unterton in den Charakter ‚des 
Menschen. Der Bewohner der gemäßigten und der der wärmeren Zone ver- 
achten sich gegenseitig, mindestens im stillen. Der eine sagt, daß man die 
Arbeit ehren muß, und daß der verächtlich ist, der fern vom Gemeinschaftsgeist 
den Intellekt nur als Waffe gegen andere braucht; der andere, daß es Sache 
kulturloser Sklaven ist, die Arbeit zu ehren, und in ihr, statt im Lebensgenuß, 
das Ziel des Lebens zu sehen. Daß aber vollends der fortschrittlich und tech- 
nisch gerichtete Intellekt nicht nur sehr unphilosophisch, sondern obendrein 
verantwortlich sei für die gegenwärtige Verwirrung der Welt. 
Indessen sind die beiden wärmeren Zonen von der gemäßigten und kalten 
heute wirtschaftlich vollständig abhängig. 
Wir müssen uns mit der Zergliederung in drei Zonen als erstes ordnendes 
Prinzip begnügen, weil die Menschen durch den zum Wahnsinn entwickelten 
Verkehr heute durcheinandergewürfelt werden, so daß nur noch die gröbsten 
Züge des ursprünglichen natürlichen Bildes sich erkennen lassen und andre 
verändert sind. So hat sich in den übervölkerten Ländern und überall in den 
Städten der gemäßigten Breiten die Richtung des Intellekts bei einer breiten 
Bevölkerungsschicht stark verändert, vielleicht im Zusammenhang mit der Wir- 
kung von Kohle und Petroleum, die den Städter sehr weitgehend der Wirkung 
des heimischen Klimas und dem Zusammenhang mit der Natur überhaupt ent- 
ziehen.
	        
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