Spiess: Die Deutsche Atlantische Expedition auf d. Vermessungs- u, Forschungsschiff „Meteor“, 87
großen Maßstabes alle Feinheiten der Temperaturschwankungen erkennen läßt,
ist im Laboratorium aufgestellt. .
Die Luftfeuchtigkeit wird durch zwei abwechselnd in der meteorolo-
gischen Hütte auf dem Kartenhaus aufgestellte Hygrographen registriert, die
auf einer Zwei-Tage-Uhr die kleinsten Feuchtigkeitsschwankungen erkennen lassen.
Die Windstärke wird mit einer Fernanemometeranlage einwandfrei gemessen
und aufgezeichnet, Diese besteht aus drei Anemometern, von denen eins an der
Spitze des Göschstockes am Bug, das zweite am Heckflaggenstock und das dritte
an der Spitze des Fockmastes in 31 m Höhe angebracht ist, so daß alle drei dem
Wind völlig frei ausgesetzt sind. Das Schreibgerät, das auf einem Chrono-
graphen die drei Windstärken untereinander registriert, ist im Laboratorium
aufgestellt. Die Messung ergibt die Stärke des scheinbaren Windes, der noch
auf Grund der Fahrtrichtung und Geschwindigkeit des Schiffes mit Hilfe des
„Winddreiecks“ verbessert werden muß.
Der Niederschlag wird in einem auf dem Achterdeck aufgestellten Hell-
mannschen Regenschreiber mit Windtrichter registriert, dessen Angaben durch
ginen einfachen Regenmesser kontrolliert werden, der kardanisch an der Reeling
aufgehängt ist und gleichzeitig für die Zwecke der Verdunstungsmessungen dient.
8. Strahlungsmessungen, Besonderer Wert wird auf die Messung der Sonnen-
strahlung gelegt, da sie letzten Endes die Ursache aller Bewegungen in der
Atmosphäre ist. Bisher fanden auf Seereisen nur sehr selten Strahlungs-
messungen statt. Da diese subtilen Messungen nur bei klarem und ruhigem
Wetter ausführbar sind, sind sie auf „Meteor“ bisher naturgemäß selten möglich
gewesen. Für die Messungen wird das Michelson-Aktinometer und das Universal-
Aktinometer von Hartmann und Braun nach Linke benutzt, wobei die Instru-
mente auf das kardanische Stativ eines Spiegeltheodoliten aufgesetzt werden.
Zur Registrierung der Gesamtstrahlung (Himmels- und Sonnenstrahlung) dient
ein auf dem Achterdeck aufgestellter, nach Angaben von Dr. Robitzsch in
Lindenberg konstruierter Strahlungsschreiber. Für die Messung der nächtlichen
Ausstrahlung dient der Tulipan, der auf einem Schlingertisch nach Sonnen-
untergang frei gegen den Himmel exponiert und vor Sonnenaufgang abgelesen
wird, so daß man die Ausstrahlung während der Nacht erhält.
b. Die Untersuchung der höheren Luftschichten.
Die meteorologischen Verhältnisse der unteren Luftschichten sind im Süd-
atlantischen, wenigstens in klimatischer Hinsicht, durch die vielen Schiffsbeobach-
tungen schon einigermaßen bekannt. Anders dagegen die Verhältnisse in den
höheren Luftschichten. Hier bringen die zahlreichen, systematischen, in allen
geographischen Breiten und zu allen Jahreszeiten während zweier Jahre vorge-
nommenen Untersuchungen wertvolles Material für die Erkenntnis des Problems
der atmosphärischen Zirkulation. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, daß auch
in den Tropen eine sehr viel größere Veränderlichkeit in allen Höhenschichten
vorliegt, und daß die Windverhältnisse wesentlich komplizierter sind, als bisher
angenommen, Die Untersuchung der Atmosphäre geschieht durch aerologische
Aufstiege, mit denen Windmessungen und meteorologische Registrierungen er-
zielt werden.
ji. Höhenwindmessung. Pilotballonaufstiege. Im allgemeinen werden
zweimal täglich große Gummiballone mit einer Steiggeschwindigkeit von 250 bis
400 m in der Minute hochgelassen, deren Wasserstoffüllung an Bord in Stahl-
HNaschen mitgenommen und aus der Heimat ergänzt wird. Die Messung des
Höhenwinkels des Ballons über der Kimm und seines Azimuts zur Längsschiffs-
richtung geschieht mit.dem von Wegener und Kuhlbrodt konstruierten
Spiegeltheodoliten !), einer Kombination eines Spiegelinstruments, wie es in der
2) Vgl. A. Wegener und E. Kuhlbrodt: „Der Spiegeltheodolit für Pilot- und freie Registrier-
ballonaufstiege auf See“, Ann, d, Hydr., 50, 1922, Seite 241—244. Ferner „Pilotballonaufstiege auf
:iner Fahrt nach Mexiko, März bis Juni 1922“, Aus dem Archir der Deutschen Seewarte, 40, 1922,
Nr. 4, S. 13—19: „Anweisung für Pilotballonaufstiege auf See“.