Spiess: Die Deutsche Atlantische Expedition auf d. Vermessungs- u, Forschungsschiff „Meteor“, 77
3. Die Anlage der Stationen und die ozeanographischen Arbeiten,
Durch die akustischen Lotungen, die während der ganzen Reise in Abständen
von 20 zu 20 Minuten, also etwa alle 2 bis 3 Seemeilen, ausgeführt wurden, sind
wir ständig auf dem. laufenden über die auf den einzelnen Beobachtungsstationen
zu erwartende Tiefe. Das ist einmal von Vorteil für die Vorbereitung der
ozeanographischen Messungen, dann aber wichtig für die Anlage und Verteilung
der Stationen selbst. Wenn auch im allgemeinen die Punkte, auf denen beobachtet
werden soll, von vornherein sorgfältig nach den eingangs geschilderten Gesichts-
punkten ausgewählt sind, so machen doch unerwartete Abweichungen von der bisher
bekannten Morphologie des Meeresbodens es nötig, unter Umständen sofort eine
Station einzuschalten, da das Relief von wesentlichem Einfluß auf die chemisch-
physikalischen Verhältnisse und auf die Zirkulation ist. Die Berücksichtigung
dieser wichtigen Merzschen Forderung, die Forschungsarbeit den an Ort und
Stelle angetroffenen Verhältnissen und Problemen anzupassen, wäre ohne das
Echolot nicht möglich. Aber auch die Ergebnisse der ozeanographischen Beob-
achtungen selbst können eine neue Aufgabenstellung und ein Abweichen von dem
vorgesehenen Beobachtungsplan bedingen. Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem
Maße, von der Wetterlage und dem Fahrbereich des Schiffes. Auf den bisherigen
ersten vier Querprofilen konnten alle 90 Beobachtungsstationen auch bei schlechtem
Wetter und nachts planmäßig durchgeführt werden. ;
Die ozennographischen Messungen auf einer normalen Tiefseestation bestehen
aus drei Serien. ei allen Serien werden je 10 bis 12 Wasserschöpfer mit im
ganzen 17 geschützten und 3 ungeschützten Thermometern, die zu je zwei in
den an den Schöpfern befindlichen Rahmen angebracht werden, in die Tiefe
gelassen. Die Meßtiefen sind folgende: Serie 1: 0, 50, 100, 150, 200, 250, 300,
400, 500, 600 und 700 m; Serie 2: 700, 800, 900, 1000, 1100, 1200, 1400, 1600,
1800 und 2000 m; Serie 3: 2000, 2250, 2500, 3000, 3500, 4000, 4500, 5000,
5500 ın und Meeresboden,
Der Arbeitsgang auf den einzelnen’ Stationen ist im allgemeinen folgender:
Zunächst nimmt der Geologe mit der großen Lukasmaschine eine Drahtlotung
vor, die einmal zur Kontrolle der Echolotung dient, dann aber das Heraufholen
einer Bodenprobe mittels Stoßröhre oder Grundzange gestattet. Auf die geolo-
gischen Untersuchungen wird noch zurückgekommen. Die neuartige Konstruktion
unserer Stoßröhren ermöglicht, in der im Innern der Röhre sitzenden Glasröhre
über der Bodenprobe eine Probe unverfälschten Boden wassers heraufzuholen, das
in gleicher Weise wie der Inhalt der Wasserschöpfer untersucht werden kann,
Einige Meter über der StoßBröhre wird ein Tiefseethermometer in einem Propeller-
kipprahmen am Lotdraht befestigt, um die Bodentemperatur zu erhalten. An
die Drahtlotung schließt sich die erste ozeanographische Serie an, und während
die mit der ersten Serie heraufgeholten Wasserproben nun an den Ozeanographen,
Biologen und Chemiker für die chemische und mikroskopische Untersuchung
verteilt und die Tiefseethermometer im Wasserbad abgelesen werden, nimmt der in
biologischen Untersuchungen ausgebildete Schiffsarzt, Marinestabsarzt Dr. Kraft
die Planktonnetzfänge aus verschiedenen Tiefen vor, worauf die zweite und die
dritte ozeanographische Serie folgen. Durch diese ökonomische Arbeitsteilung,
dank der Leistungsfähigkeit der Maschinen sowie der personellen Übung und
Erfahrung ist es gelungen, die von Merz geschätzte Arbeitszeit von 12 Stunden
auf jeder Station, selbst bei Tiefen von 5000 m auf 8 Stunden herabzusetzen.
Bei günstigem Wetter werden außerdem biologische Schlauchfänge und vom
ausgesetzten Boot aus Lufttemperatur-, Feuchtigkeits- und Wassertemperatur-
messungen an der Meeresoberfläche sowie Sichttiefenmessungen des Meerwassers
vorgenommen. Desgleichen werden bei geeignetem Wind auch auf den Stationen
meteorologische Drachenaufstiege, abgesehen von den regelmäßig stattfindenden
Pilotballonaufstiegen, ausgeführt und bei stärkerem Seegang noch stereophoto-
grammetrische Aufnahmen der Meereswellen, Stationen auf weniger großen
Wassertiefen und kombinierte, aus zwei Serien bestehende Stationen bis zu 4000 m
wurden in 41/, Stunden erledigt. Auf diese Weise sind auf den ersten vier Pro-
fÄilen auf 90 Beobachtungsstationen 2040 Beobachtungen von Temperatur und
Ann. d. Hydr. usw. 1928, Beft 117.