Aus dem Arbeitsbereiche der Deutschen Seewarte in Hamburg,
Diese Gezeitentafeln umfassen die Gezeitenangaben für alle wichtigeren, zur
See erreichbaren Plätze der Erde. Für die Häfen an der deutschen Nordseeküste
und in ihren Filußgebieten und für die wichtigsten Seehäfen der Welt sind in
den Gezeitentafeln ausführliche Zusammenstellungen gegeben, die für den Vor-
und Nachmittag eines jeden Tages des Jahres die vorausberechneten Zeiten und
Höhen der Hoch- und Niedrigwasser enthalten, Durch eingefügte Hilfstafeln
lassen sich die gleichen, allerdings etwas weniger genauen Gezeitenangaben noch
für mehrere tausend dazwischen liegender Häfen ermitteln.
Etwa die Hälfte der ausführlich vorausberechneten Häfen wird mittels der
Gezeitenrechenmaschine berechnet; von der andern Hälfte wird ein Teil der
Häfen im Austausch gegen die Vorausberechnungen deutscher Häfen von den
fremden Staaten zur Verfügung gestellt; der Rest wird nach einem älteren Ver-
fahren berechnet, das sich besonders für die deutschen Häfen bisher noch als
das geeignetste erwiesen hat.
Die Gezeitentafeln enthalten ferner eine große Anzahl von Abbildungen und
Beschreibungen der an der Nordseeküste und in ihren Flußgebieten aufgestellten
Wasserstandsanzeiger nebst ausführlichen Angaben über ihre Signale,
Den Gezeitentafeln sind außerdem Tabellen beigegeben, aus denen für eine
große Anzahl von Orten im Nordseegebiet, im Kanal und der Irischen See für
jede Stunde (Mondstunde) der herrschende Gezeitenstrom nach Richtung und Ge-
achwindigkeit entnommen werden kann. Diese Gezeitenstromangaben sind ferner
zu Gezeitenstromkarten, verarbeitet und für die britischen und französischen Ge-
wässer nach fremden Quellen ergänzt worden, so daß diese Angaben nun für jeden
Ort dieser Meeresgebiete aus den den Gezeitentafeln beiliegenden Karten er-
mittelt werden können,
Diese Karten werden in größerem Maßstabe auch als „Atlas der Gezeiten
und Gezeitenströme für das Gebiet der Nordsee, des Kanals und der Britischen
(Gjewässer“ von der Deutschen Seewarte herausgegeben. Der Gezeitenatlas erscheint
jedoch nicht jährlich, sondern in größeren Zwischenräumen, entsprechend dem Fort-
schreiten der Erkenntnis der Gezeitenerscheinung in den genannten Gebieten.
Welcher Gebrauch von den vom Gezeitendienst gelieferten Angaben gemacht
werden kann, möge an den folgenden Beispielen gezeigt werden. ;
Vor den Mündungen vieler Flüsse, sowie vor und in den Einfahrten zu den
Anker- und Landungsplätzen mancher Inseln und Buchten khegen Barren und
Sandbänke, die von tiefer. gehenden Schiffen oft nur zu den Hochwasserzeiten
überfahren werden können, So ist im besonderen das Befahren der Fahrwasser
zu den Inseln und den Häfen an der deutschen Nordseeküste, abgesehen von den
Hauptfahrwassern der Elbe, der Weser, der Jade und der Ems, wegen vorge-
lagerter Barren je nach dem Tiefgange der Schiffe teilweise nur zur Hoch-
wasserzeit möglich, Dies hatte besonders während des Krieges, als die Gewässer
der deutschen Nordseeinseln als Stützpunkte und Zufluchtsorte für leichte See-
streitkräfte dienten, eine sehr große Bedeutung; die erfolgreiche Durchführung
mancher Unternehmungen beruhte auf genauer Kenntnis der Gezeiten und Ge-
zeitenströme.
Der kleine Küstenverkehr innerhalb der deutschen Nordseeinseln ist voll-
ständig von den Gezeiten abhängig. Die Wailtfahrwasser an der Westküste
Schleswig-Holsteins und innerhalb der ostfriesischen Inseln ermöglichen kleineren
flachgehenden Segel-. und Motorfahrzeugen, Ewern, Kuttern einen Verkehr
zwischen den Haupthäfen und kleineren Küstenplätzen sowie Inseln ohne die
Notwendigkeit, auf die offene See hinausgehen zu müssen, Einzelne Stellen
dieser Wattfahrwasser sind jedoch nur zur Hochwasserzeit befahrbar. Die
Kenntnis und Befolgung der Angaben der Gezeitentafeln ist deshalb bei diesem
Verkehr ohne weiteres geboten.
Im Gegensatz hierzu ist der Landverkehr zwischen einzelnen Inseln und dem
Festlande, z. B. der Wagenverkehr zwischen der Insel Neuwerk und dem auf dem
Festlande liegenden Ort Duhnen auf die über die Watten führenden Fahrwege an-
gewiesen, deren Benutzung nur zu den Niedrigwasserzeiten möglich ist, und zwar
auch dann nur, wenn kein hoher Windstau vorhanden ist,