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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

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Aus dem Arbeitsbereiche der Deutschen Seewarte in Hamburg. 
leitung der Höhe darzustellen, um die Zeiten der Hoch- und Niedrigwasser zu 
ermitteln, die ja dann eintreten, wenn die "Tangenten an der Gezeitenkurve 
wagerecht werden oder die erste Ableitung der Höhe nach der Zeit verschwindet, 
Der Augenblick des Verschwindens der ersten Ableitung wird durch ein elektrisch 
betätigtes Glockenzeichen kenntlich gemacht. Zur Berechnung der Hoch- und 
Niedrigwasser an der Maschine wird die Zeit am Zeitzeigerblatt in dem Augen- 
blick beobachtet, in dem das Klingelzeichen ertönt; unmittelbar daran anschließend 
wird dann die am Höhenzeigerblatt angegebene Höhe abgelesen. Zur Er- 
leichterung der Ablesung sind an diesem noch zwei Hilfszeiger angebracht, die 
abwechselnd auf den Hoch- und Niedrigwasserhöhen stehen bleiben. 
_ Die mit Stundenmarken versehene, für den Pegeltisch bestimmte Kurve der 
vorausberechneten Gezeiten wird in dem dem Vorgelege vorgelagerten Zeichen- 
werk entworfen. Das Einstellen der harmonischen Konstanten an der Maschine, 
die Vorausberechnung und das Eintragen der etwa 1400 Hoch- und Niedrig- 
wasser in die Druckvorlagen erfordert für ein Jahr und einen Hafen etwa 10 
bis 15 Stunden, während dieselbe Berechnung mit der gleichen Genauigkeit ohne 
Maschine viele Monate beanspruchen würde. 
Damit sind nun alle die Hilfsmittel angegeben, die der Deutschen Seewarte 
zur Ausübung des Sturmflutwarnungs- und Gezeitendienstes zur Verfügung 
stehen. Es soll nun mitgeteilt werden, welchen Nutzen der Sturmflutwarnungs- 
dienst den einzelnen beteiligten Kreisen bietet oder leisten kann. 
5. Welchen Nutzen schafft der Sturmflutwarnungsdienst? 
—_ Eine große Zahl von Anfragen wird bei starken westlichen Winden, vor 
allem aber unmittelbar nach der Abgabe der ersten Warnungsschüsse durch die 
Polizeibehörde an die Gezeitenabteilung gerichtet. Die Bewohner von Kellern 
und die Besitzer von Lagern in den niedrig gelegenen Stadtteilen, die der Ge- 
fahr der Überflutung ausgesetzt sind, erkundigen sich, welche Höhe voraussicht- 
lich das Hochwasser erreichen wird. Von der Auskunft, die ihnen gegeben 
werden kann, müssen sie ihren Entschluß abhängig machen, die Keller zu räumen 
oder ihre Lagervorräte noch in Sicherheit zu bringen. In vielen Fällen sind 
diese Kreise schon selbst imstande, anzugeben, welche Höhe ihnen bereits eine 
Überflutung ihrer Räumlichkeiten bringt. Werden die Warnungsschüsse während 
der Nachtzeit abgegeben, so können die Kellerbewohner wohl noch ihre Habe 
in Sicherheit bringen; die Lagervorräte zu bergen, wird es jedoch in vielen 
Fällen während der Nacht an Arbeitskräften fehlen. Durch Sturmflutvorher- 
sagen, die schon am Tage herausgebracht werden könnten, wenn der Deutschen 
Seewarte die für die Verbreitung notwendigen Mittel zur Verfügung ständen, 
könnte somit mancher Wasserschaden verhütet werden. ; 
Die Besitzer derjenigen an der Unterelbe gelegenen nicht eingedeichten 
Ländereien, die bei hohen Wasserständen der Überflutung ausgesetzt sind, er- 
fragen ebenfalls die voraussichtliche Höhe der Sturmflut, sobald heftige West- 
und Nordweststürme auftreten, um Vieh oder Gras, Heu, Holz und andere‘ am 
Fluß lagernde Vorräte noch rechtzeitig bergen zu können. 
Im Elbegebiet bei Hamburg gibt es ferner eine Anzahl niedriger Brücken, 
unter denen Fahrzeuge nur bis zu einer bestimmten Höhe des Wasserstandes 
hindurchfahren können, Bei Sturmflutgefahr werden von den Brückenwärtern, 
von den Besitzern der dort fahrenden oder liegenden Fahrzeuge, sowie von den 
Verfrachtern ebenfalls Auskünfte über die zu erwartende Sturmfluthöhe ein- 
zeholt. Gelingt es des Nachts nicht, die Fahrzeuge unter den Brücken zu ent- 
fernen, so können Brücken wie Fahrzeuge beschädigt oder die letzteren selbst 
zum Absinken gebracht werden, Auch an den Ufermauern zu kurz vertäute 
Fahrzeuge können absinken oder sich losreißen und durch Vertreiben ebenfalls 
Beschädigungen hervorrufen. Eine frühzeitig erfolgende Warnung würde auch 
in diesen Fällen Schäden vermeiden; wenn diese durch Versicherungen auch 
wohl teilweise gedeckt werden, so würde ein Verhüten der Schäden doch im 
Laufe der Zeit zu einer Herabsetzung der Versicherungsprämien führen und
	        
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