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Aus dem Arbeitsbereiche der Deutschen Seewarte in Hamburg,
Bucht wie in einen weiten Trichter eindringen, finden sie, in dieser fortschreitend,
ein stets engeres und seichteres Bett. Da ein seitliches Ausweichen nicht stattfinden
kann, wird das Wasser in die Höhe getrieben. Im innersten Winkel der Helgoländer
Bucht, wo die Elbe mündet, setzt sich die Trichterform im kleinen landeinwärts
ort. Hier erreichen die Sturmfluten ihre größte Höhe.
Der auf der großen Fläche der Nordsee herrschende und auf sie einwirkende
Wind treibt also je nach seiner Stärke und Dauer das Wasser in mehr oder
weniger hohem Maße nach der Richtung, wohin er weht, und erzeugt eine dauernd
zunehmende Erhebung, also ein Sichschiefstellen des Meeresspiegels, derart,
daß dort, wohin der Wind weht, ein Aufstau des Wassers stattfindet.
Die Wirkung des Windes auf den Meeresspiegel muß wohl als eine gesetz-
mäßige angesehen werden; für jeden Ort und jede vorherrschende Windrichtung
wird es für jede Windgeschwindigkeit, bei genügend langer Dauer ein und des-
selben Windes, einen Höchstbetrag des Windstaus geben, der auch bei sehr
langer Dauer des Windes nicht überschritten werden kann, da ihm der durch
den geneigten Meeresspiegel erzeugte hydrostatische Überdruck das Gileich-
gewicht hält. -
Die große Veränderlichkeit des Windes nach Richtung, Stärke und Aus-
dehnung vereitelt jedoch meistens das Bemühen, seine Wirkungen im einzelnen
genau zu verfolgen.
b. Welche Wirkung hat das Oberwasser der Flüsse auf die Sturm-
fluten?
Die im Mündungsgebiet der Elbe auftretenden Sturmfluten pflanzen sich
noch bis zu 165 km und mehr elbaufwärts fort. Erst das stärkere Ansteigen
von Spiegel und Sohle der Elbe und ihr Oberwasser setzen dem weiteren Vor-
dringen der Sturmfluten ein Ziel. Je nachdem der obere Flußlauf einen niedrigen
oder hohen Wasserstand hat, ist die Entwicklung der Sturmfluten im Flusse
verschieden,
Bei niedrigen Oberwasserständen kann die Sturmflutwelle am leichtesten
stromaufwärts fortschreiten. Hohes Oberwasser dagegen verhindert das Vor-
dringen der Sturmflutwelle nach oben. Die bedeutenden Wassermengen jedoch,
die das hohe Oberwasser der Sturmflut von der entgegengesetzten Seite zuführt,
vermehren deren Höhe namentlich im oberen Teile des Flutgebietes der Elbe,
(GHücklicherweise findet ein Zusammentreffen einer großen Sturmflut und eines
hohen Oberwassers höchst selten statt.
ce. Welchen Einfluß üben die Gezeiten auf die Sturmfluten aus?
Die wichtigste Ursache, die den Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste
erst zu ihrer vollen Entwicklung und Gewalt verhilft, sind die Gezeiten. Diese
Erscheinung, die täglich zweimal ein Steigen und Fallen des Wassers um zwei
bis drei Meter im Mittel auf der Strecke von Helgoland bis Hamburg hervor-
ruft, vereinigt sich mit der Windwirkung und wirkt dann in verstärkendem oder
in abschwächendem Sinne auf diese ein.
Die aus dem Atlantischen Ozean um Schottland herum in die Nordsee ein-
dringende und im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers die Nordsee durch-
laufende Gezeitenwelle pflanzt sich nach ihrem Durchgange durch die Deutsche
Bucht auch elbaufwärts fort; ihre Wirkung in der Elbe verschwindet bei mitt-
leren Oberwasserständen gewöhnlich in der Nähe von Geesthacht, etwa 140 km
oberhalb der Elbmündung. Die mittlere Dauer einer Gezeitenwelle, einer Tide,
beträgt 19h 25m; sie umfaßt die mittlere Dauer des Steigens und des Fallens,
die in Cuxhaven 5% 39m und 6% 46m und in Hamburg 4b 55m und 7h 30m be-
tragen. Die mittleren Hoch- und Niedrigwasserhöhen von Cuxhaven sind + 4.82 m
und + 1.98 m und von Hamburg + 5.11m und + 3.00 m über H. N.
Je nach der Stellung der fluterzeugenden Gestirne schwanken die für einen
bestimmten Tag geltenden Werte zwischen gewissen kleinsten und größten Be-
trägen, die innerhalb einer neunzehnjährigen Periode des Mondes erreicht werden
können. Die größten Abweichungen vom Mittel der Hochwasserhöhen be-