4, Aus dem Arbeitsbereich der Abteilung IV.
99
In den Stromkreis ist jeweils nur einer der beiden Signalgeber eingeschaltet;
der zweite dient als Reserve, —
Der Auslösungs-Stromstoß der Deutschen Seewarte wird durch zwei Signal-
Auslöseuhren gegeben, die im Zeitdienstzimmer aufgestellt und über ein Relais
an die Telegraphenleitung nach Nauen angeschlossen sind. Es sind dies zwei
astronomische Präzisionspendeluhren, die von der Firma Max Richter in Berlin
mit den für die Signalauslösung erforderlichen elektrischen Kontakten versehen
sind, und deren Stand stets »auf Null« gehalten wird. Die für die tägliche Ein-
stellung der Auslöseuhren auf »richtige Zeit« notwendigen Zeitangaben werden
geliefert von den vier erstklassigen astronomischen Präzisionsuhren der Seewarte,
die in dem neuen Ührenraum vollkommen erschütterungsfrei und unter konstanter
Temperatur aufgestellt sind. Die Angaben dieser Uhren werden wiederum kon-
trolliert durch astronomische Zeitbestimmungen (Sternbeobachtungen an einem
mit unpersönlichem Mikrometer ausgestatteten Bambergschen Durchgangsinstru-
ment). Die Vergleichungen aller Uhren erfolgen auf elektrischem Wege unter
Anwendung neuer Hilfsmittel, die erst in den letzten Jahren geschaffen worden sind.
Auf der Seewarte werden die Nauener Funkzeitsignale natürlich auch auf-
gefangen und einzeln kontrolliert. Die dazu dienenden Einrichtungen sind ebenso
wie alle übrigen für den Signal- und Zeitdienst erforderlichen Apparate und In-
strumente im Gebäude des Chronometer-Prüfungsinstituts (Abteilung IV der See-
warte) untergebracht. Die Signale werden nicht nur mit dem Telephon des
Funkempfangsgeräts kontrolliert, sondern auch auf dem Chronographen registriert
und mit den Uhren verglichen.
Die Genauigkeit, mit der die gesamte Funkzeitsignal-Anlage arbeitet, dürfte
auch den höchsten Anforderungen genügen. Der Fehler, der von dem Aus-
lösungs-Mechanismus der Seewarte und der Großfunkstelle sowie von der Tele-
graphenleitung herrührt, macht nur einen winzigen Bruchteil der Sekunde aus
und ist kaum meßbar. Größer sind die Fehler in der Abgabezeit der Signale,
die daher rühren, daß man an den zwischen zwei Zeitbestimmungen liegenden
Tagen bei der Vorausberechnung der Zeit ganz angewiesen ist auf die Gänge
der Präzisionsuhren, die sich aus den vorangegangenen Zeitbestimmungen er-
geben haben, Dieser Fehler der Extrapolation der Uhrstände, der ja in die
Auslösungszeit der Funksignale eingeht und der jeweils erst nach der nächsten
Sternbeobachtung ermittelt werden kann, ist in der großen Mehrzahl aller Fälle
kleiner als der zehnte Teil der Sekunde — ein Beweis für die hervorragende
Leistungsfähigkeit der Präzisionsuhren der Seewarte, von denen besonders die
unter luftdichtem Verschluß befindliche Uhr Nr. 223 der Firma Riefler
(München) erwähnt sei. — Für die Praxis sind alle diese kleinen Signalfehler
von astronomischer Größenordnung belanglos, und bei der Verwendung der
Signale für wissenschaftliche Zwecke werden die Fehler dadurch unschädlich
gemacht, daß für alle abgegebenen Signale im Anschluß an die astronomischen
Zeitbestimmungen Korrektionen abgeleitet und in den einschlägigen Fachzeit-
schriften nachträglich veröffentlicht werden.
Im übrigen ist der Verwendungsbereich der „Onogo“-Signale für wissen-
schaftliche Zwecke in hohem Grade abhängig von der benutzten Empfangs-
apparatur, die dann, wenn eine sehr hohe Genauigkeit der Signalaufnahme
gefordert werden muß, ziemlich kompliziert und teuer ist. Auch für gewisse Uhr-
macherkreise ist die Erzielung eines hohen Genauigkeitsgrades der Signalauf-
nahmen notwendig, ohne daß diese Kreise immer in der Lage wären, sich die
entsprechenden Empfangseinrichtungen zu leisten. Daraus folgt, daß die Onogo-
Signale keineswegs für alle Zwecke ausreichen. Diesem Mangel ist durch die
Einführung von „Koinzidenzsignalen“ abgeholfen worden, die seit Mitte Juni 1924
täglich nachmittags und nachts im Anschluß an die Onogo-Signale, von etwa
Jh im bis etwa 1h 6m, von Nauen gegeben werden, und zwar auf denselben
Wellen wie die gewöhnlichen Signale. Diese Koinzidenzsignale, auch „wissen-
schaftliche Signale“ genannt, setzen sich zusammen aus 5 Gruppen von je 59
kurzen Punktsignalen, wobei jede dieser Punktgruppen durch zwei Strichsignale
von je */„ Sekunde Dauer eingeschlossen wird. Es werden also 301 Zeichen