. Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Februar 1926,
Il. Schwimmkompasse für Seeschiffe,
Um die an einen solchen Kompaß in bezug auf seine Bauart zu stellenden
Anforderungen erkennen zu können, sei kurz die Trockenrose besprochen. Die
nach der theoretischen und praktischen Seite ausgeglichenen Grundsätze, die
nicht nur beim Magnetkompaßbau, sondern zum Teil auch beim Kreiselkompaß-
bau Berücksichtigung finden müssen, sind vor nahezu 50 Jahren von dem eng-
lischen Physiker William Thomson aufgestellt. Seine Hauptforderung war ein
im Verhältnis zum geringen Eigengewicht recht hohes Trägheitsmoment und
damit eine große Schwingungsdauer. Letztere ist aber nur möglich, wenn das
magnetische Moment nicht höher gehalten wird, als es zur genügenden Ein-
stellung erforderlich ist. Je größer die Schwingungsdauer der Rose ist, d. h. je
mehr sie von der Schwingungsdauer des rollenden und stampfenden Schiffes
abweicht, um so ruhiger wird die Rose bei den wechselseitig auftretenden
Störungen in grober See sein. Praktische Erfahrungen bestätigen, daß von zwei
vollständig gleichen Rosen mit demselben Trägheitsmoment, aber verschiedenem
magnetischen Moment, diejenige, welche das geringere magnetische Moment und
damit die größere Schwingungsdauer hat, die ruhigste und deshalb für die Praxis
wertvollere ist, wenn sie sich dabei gut einstellt. Wegen der zu überwindenden
Reibung zwischen Hütchen und Pinne ist dem magnetischen Moment nach unten
hin jedoch eine scharfe Grenze gesteckt, so daß die Schwingungsdauer nicht
beliebig vergrößert werden kann. Thomson ging mit dem magnetischen Moment
bis zur äußersten Grenze hinunter, Seine großen Trockenrosen von 270 mm
Durchmesser bei.einem Gewicht von 11 bis 12 Gramm, die für größere Schiffe
mit langer Schlingerperiode bestimmt waren, hatten eine Schwingungsdauer von
etwa 22%, Der Varteil bei diesen äußerst leichten Rosen dürfte mit in der ver-
hältnismäßig starken Dämpfung liegen, die sie durch die Luft erfahren und die
nur bei dem geringen Gewicht stärker in Erscheinung treten kann. Meines
Wissens ist das nie betont worden.
In Deutschland haben jetzt die Rosen von Ludolph, Plath, Hechelmann
und Bamberg bei 250 mm Durchmesser eine Schwingungsdauer von etwa 14,5%
bis 15s im Mittel, die englischen Rosen nach Thomson sonderbarerweise bei
254 mm Durchmesser nur etwa 12s bis 13°, Auf Kosten der Ruhe wird dort
scheinbar eine bessere Einstellung durch ein höheres magnetisches Moment an-
gestrebt. Bei der etwa 10s bis 11® betragenden Schlingerdauer der größeren
Passagierschiffe muß eine Schwingungsdauer unter 17: bis 18% als bedenklich
erscheinen. Wenn die genannten Kompasse trotzdem zufriedenstellend arbeiten,
50 liegt das an der recht guten Aufstellung an Bord und daran, daß diese
Schiffe vorzügliche Seeschiffe sind. Bei ungünstigen Verhältnissen müßten die
Rosen versagen.
Die verschiedenen Anforderungen an den Kompaß stehen sich entgegen, der-
art, daß, wenn die eine etwas stärker berücksichtigt wird, der anderen nicht
genügt werden kann. So kommt es, daß in der verflossenen‘ Zeit auf dem Ge-
biete des Magnetkompaßbaues nicht die Fortschritte zu verzeichnen sind wie
auf anderen technischen Gebieten. Wenn die Trockenrosen weiter verbessert
werden sollen, kann das nur bei gleichem Gewicht durch die Vergrößerung des
Rosendurchmessers geschehen. Unter schwierigen Umständen, wie sie gelegentlich
auf Motorschiffen und Dampfern mit starker Maschinenkraft durch die infolge
ungünstiger Gewichtsverteilung im Schiffe auftretende Vibration entstehen, kann
jedoch die beste Trockenrose unbrauchbar werden. Dieses muß besonders dann
eintreten, wenn die Erschütterungen in horizontalen Ebenen den Schiffskörper
durchlaufen, so daß die Pinnenspitze kreisähnliche Bahnen beschreibt und dabei
die Rose ins Laufen kommt. In solchen Fällen kann nur nach einem guten
Schwimmkompaß oder Kreiselkompaß navigiert werden.
Beim Schwimmkompaß wird eine stärkere Dämpfung der Rose durch die
Flüssigkeit angestrebt, als sie beim Trockenkompaß durch die Luft erfolgen
kann. Die Kernfrage beim Bau dieser Kompasse muß deshalb sein: Wie läßt
sich der dämpfende Einfluß der Flüssigkeit am besten zur vollen Wirkung
bringen, ohne daß die Einstellung und Nachschleppung ungünstig beeinflußt
BO