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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

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Aus dem Arbeitsbereiche der Deutschen Seewarte in Hamburg. 
werden von der Schiffahrt Zeitsignale gefordert, die auf die Sekunde genau 
sind. In der Uhrenindustrie (bei der Regulierung und Prüfung von Präzisions- 
pendeluhren und Schiffschronometern) sowie auf manchen wissenschaftlichen 
Gebieten wird gar mit kleinen Bruchteilen der Zeitsekunde gearbeitet. 
Sowohl für das praktische Leben als auch für die Wissenschaft sind daher 
einheitliche, übereinstimmende Zeitangaben erforderlich; durch Zeitsignale muß 
die Zeit über mehr oder minder große Gebiete verbreitet werden. Die Probleme 
der Zeitübertragung haben eine überaus einfache und zugleich alle Interessenten 
befriedigende Lösung gefunden, nachdem es gelungen war, die drahtlose Tele- 
graphie in den Dienst der Sache zu stellen. Der funktelegraphische Zeitdienst 
hat sich zu einem der wichtigsten Anwendungsgebiete der drahtlosen Technik 
antwickelt. In Deutschland wird der Funkzeitdienst ausgeübt von der Groß- 
funkstelle Nauen in Verbindung mit der Deutschen Seewarte zu Hamburg. 
Das Hauptinteresse an der Aussendung von funktelegraphischen Zeitsignalen 
lag ursprünglich bei der Schiffahrt. Die genaue Ermittlung des Schiffsortes auf 
hoher See, d. h. die Bestimmung der geographischen Breite und Länge, ist dem 
Seemann nur möglich durch Ausführung astronomischer Beobachtungen; durch 
Benutzung anderer Hilfsmittel (Kompaß, Log) kann immer nur ein Näherungs- 
wert für den Schiffsort gewonnen werden. Wenn auch die Astronomie, die 
Mutterwissenschaft der Schiffahrt, dem Seemann im Laufe der Jahrhunderte 
immer vollkommenere Hilfsmittel zur Bestimmung der Schiffsposition geboten 
hat, so ist doch die Ermittlung der geographischen Länge immer ein Schmerzens- 
kind für die Seefahrt gewesen. Erst die Funkzeitsignale haben hier gründlich 
Wandel geschaffen, und im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte hat der. Funk- 
zeitdienst sich zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel des Seeverkehrs entwickelt. 
Das Problem der Längenbestimmung steht in engster Beziehung zum Zeit- 
begriff. Die Zeiteinteilung ist dadurch gegeben, daß sich die Erde in 24 Stunden 
einmal um ihre eigene Achse dreht. Da diese Achsendrehung der Erde in der 
Richtung von Westen nach Osten, entgegengesetzt der scheinbaren Bewegungs- 
richtung der Sonne, erfolgt, so haben die Orte der Erde um so früher Mittag, 
je weiter sie nach Osten liegen. Von zwei Orten hat der westlich gelegene in 
irgendeinem absoluten Zeitmoment eine frühere Ortszeit als der Östlich gelegene 
Punkt. Der Unterschied der geographischen Längen der beiden Orte ist weiter 
nichts wie der für irgendeinen Augenblick gültige Unterschied der beiden Orts- 
zeiten. Damit sind die Längenunterschiede zwischen den Orten der Erdober- 
Näche, wie das in Astronomie und Nautik fast stets geschieht, im Zeitmaß aus- 
zedrückt; aber durch die Tatsache, daß bei einer vollen Umdrehung der Erde, 
also in 24 Stunden, ein Winkel von 360° beschrieben wird, ist auch die Beziehung 
zwischen Zeit- und Bogenmaß ohne weiteres gegeben. Als Ausgangszeit für 
die Zählung der Länge wird in der Nautik allgemein die Greenwicher Zeit 
(„Weltzeit“) benutzt; der Meridian von Greenwich ist der Anfangsmeridian für 
die Längenrechnung. 
Die Greenwicher Zeit wird nun den Schiffen durch funktelegraphische Zeit- 
signale übermittelt; mit Hilfe dieser Signale kann der Seemann die Abweichung 
seines Schiffschronometers‘ von der Greenwicher Zeit jeden Tag auf das ge- 
aaueste ermitteln. Ferner berechnet er aus der mit dem Sextanten gemessenen 
Höhe der Sonne oder eines bekannten Sterns die für den Moment der Messung 
gültige Ortszeit, und der Unterschied zwischen der letzteren und der auf funk- 
telegraphischem Wege übermittelten Greenwicher Zeit ergibt sofort den gesuchten 
Längenunterschied gegen Greenwich. — Vor der Einführung drahtloser Zeit- 
zeichen waren die Schiffe auf hoher See betreffs der Ermittlung der Greenwicher 
Zeit auf die Angaben ihrer Chronometer angewiesen!), und jeder Fehler in der 
Chronometerangabe ging voll in die berechnete Länge ein. Im Laufe der Zeit 
zeigen aber auch die besten Chronometer merkliche Abweichungen, So ist durch 
die Funkzeitsignale, die eine dauernde Kontrollierung des Ganges der Schiffs- 
1) Die früher angewandte Methode-der Bestimmung der Greenwicher Zeit aus der Messung von 
‚Monddistanzen“ war zeitraubend und ziemlich ungenau,
	        
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