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Aus dem Arbeitsbereiche der Deutschen Seewarte in Hamburg.
Die meteorologische Beratung des Lutitverkehrs.
Von Dr. Seilkopf,
Eine wesentliche Erweiterung seiner Aufgaben erfuhr der Wetterdienst durch
die meteorologische Beratung des Luftverkehrs. Bereits vor dem Weltkrieg hat
die Deutsche Seewarte Fahrten von Luftschiffen und die gelegentlichen kleineren
Flugunternehmungen an der Küste und in ihrem Wetterdienstbezirk wetterkundlich
beraten. Nach dem Kriege galt es, durch eingehende Beratung die wenigen,
ans noch verbliebenen Flugzeuge vor den Gefahren der Witterung sichern zu
helfen. Wachsende Erfahrung und die technische Entwicklung neuzeitlicher,
hochwertiger Verkehrsflugzeuge haben den Luftverkehr immer unabhängiger
von den Launen der Witterung gemacht; nur Nebel und dichter, die Sicht stark
herabsetzender Schneefall bergen für Flugzeuge, Gewitter und starke Winde
am Aufstiegs- und Landeplatz für Luftschiffe noch schwere Gefahren. Aber
der Wetterdienst hat trotzdem steigende Bedeutung für den Luftverkehr ge-
wonnen. Nicht nur dadurch, daß mit wachsendem Aktionsradius von Luftschiffen
wie von Flugzeugen und mit zunehmender Länge der Luftverkehrslinien die Wahr-
scheinlichkeit eines Witterungswechsels größer wird, sondern auch dadurch, daß
die technische Entwicklung in erhöhtem Maße erlaubt, die Wetterlage durch
Wahl der günstigsten Flughöhe und günstigsten Flugstrecke auszunutzen und
dadurch Zeit- und Kostenersparnisse zu erzielen, Somit trägt der Wetterdienst
dazu bei, die Wirtschaftlichkeit des Luftverkehrs zu erhöhen.
Flug-Wetterdienst kann wirksam nur durch unmittelbares Zusammenarbeiten
ausgeübt werden, Bei der wetterkundlichen Flugberatung zeigte es sich bald,
daß erst die persönliche Beratung von Flugleiter und Flugzeugführer durch
Meteorologen den Wetterdienst dem Luftverkehr voll nutzbar macht, Bei schwie-
rigen Wetterlagen ist eine eingehende Aussprache zwischen Flugleiter, Flugzeug-
führer und Meteorologen unbedingt notwendig. Die Deutsche Seewarte führt
daher innerhalb ihres Wetterdienstbereiches, der die deutschen Küsten und den
größten Teil Nordwestdeutschlands umfaßt, persönliche meteorologische Flug-
beratung fast allenthalben durch auf Flugweiterwarten, die auf den Flughäfen
selbst liegen:
Die Flugwetterwarte Hamburg-Fuhlsbüttel berät die Flugstrecken nach
Amsterdam— Rotterdam, nach Kopenhagen-Malmö, nach Berlin und nach Dort-
mund— Frankfurt a. M. sowie die geplante Strecke nach Hannover. Die in
früheren Jahren geflogenen Strecken nach Westerland und Stettin— Königsberg
wurden ebenfalls von der Seewarte beraten.
Der größte Teil der übrigen nordwestdeutschen Flugstrecken wird von der
Flugwetterwarte Hannover-Vahrenwalder Heide beraten, Es handelt sich um die
Teilstrecken Hannover— Berlin und Hannover— Amsterdam der großen kontinen-
talen Flugstrecke London—Berlin—Königsberg—Moskau, ferner die Flugstrecken
Hannover— Bremen und Hannover— Leipzig, gegebenenfalls noch die Strecken
nach Hamburg, nach Cassel—Frankfurt a. M. und nach dem Industriegebiet,
Der Flugverkehr im Osten wird von der Wetterwarte Königsberg-Devau
beraten. Vom Flughafen Devau gehen die Linien nach Danzig—Königsberg,
nach Smolensk — Moskau und nach Memel—Riga—Reval—Helsingfors aus, die
für die Verbindung des Ostens mit Mittel- und Westeuropa steigende Bedeutung
besitzen.
Die Wetterwarte Swinemünde berät die Teilstrecken Stettin—Kopenhagen
und Stettin—Berlin, die Nachtflugstrecke Berlin—Stettin—Kopenhagen fern-
mündlich.
Als Grundlage der Beratung dient an allen diesen Stellen die Wetterkarte,
die auf Grund der drahtlos über die postalische Hauptfunkstelle Königswuster-
hausen verbreiteten Sammeltelegramme der Deutschen Seewarte und der vom
Auslande gefunkten Wettertelegramme entworfen wird. Die Beobachtungszeiten
des europäischen Stationsnetzes sind 8 Uhr morgens, 2 Uhr nachmittags und
7? Uhr abends; einige Länder übermitteln auch Beobachtungen von 2 Uhr nachts,
so daß an diesen 4 Terminen Wetterkarten gezeichnet werden. Als Ergänzung
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