Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

440 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1926, 
Bahn nicht gerade, sondern gewunden, Einem mathematischen Punkte aber — 
und darum handelt es sich bei dem Begriff der Loxodrome — macht es durchaus 
keine Schwierigkeit, eine beliebig oft, auch unendlich oft, gewundene Bahn mit gleich- 
bleibender Bahngeschwindigkeit zu durchlaufen. Die praktische Navigations- 
schwierigkeit, daB wir ein Schiff nicht mit ins Unendliche anwachsender Dreh- 
geschwindigkeit drehen können, hat mit dem Beg riff der Loxodrome gar nichts zu tun. 
In der Schrift von Herrn v. Böhm wird allerdings eher der umgekehrte 
Standpunkt vertreten, daß in streng mathematischem Sinne die Loxodrome 
den Pol niemals erreiche, weil die unendlich vielen Umläufe in Wirklichkeit 
unerfüllbar seien. (Das ist doch nicht mathematisch unerfüllbar!), während 
ein Schiff praktisch wegen seiner endlichen Breite schon nach wenigen 
Windungen am Pol ist. Dies ist natürlich richtig; aber die Loxodrome hätte 
es begrifflich erst durchlaufen, wenn es die unendlich vielen Kursänderungen 
ausgeführt hätte, Über die Annäherung der Loxodromen an den Pol gibt Herr 
v. Böhm einige zahlenmäßige Angaben, die die außerordentliche Raschheit der 
Polannäherung zeigen, mit der Bemerkung, daß ähnliche Berechnungen noch nie- 
mals ausgeführt worden seien, Ich darf demgegenüber darauf hinweisen, daß 
ich die gleichen Gedanken 1919!) vorgetragen habe, ebenfalls mit zahlenmäßigen 
Belegen, aus denen hier folgendes wiederholt sei: In der Tabelle ist k der Loxo- 
dromen-Kurswinkel und a der Abstand, bis zu dem, vom Äquator ausgehend, die 
Loxodrome schon nach einem halben Umlauf sich dem Pol nähert: 
K a 8 
52° 12 10° 9° 19° 2 Tausendtel” 
36° 49 6° 6° 53‘ 2 Milliontel“ 
14° 24’ 2” j 3° 21° 2 Trilliontel“. 
Auf der letztgenannten Loxodrome haben die nach diesem ersten halben 
Umlauf folgenden unendlich vielen Polumläufe eine Gesamtbogenlänge von weniger 
als ein Billiontel Millimeter, Es ist schade, daß Herr v. Böhm meine Aufsätze 
über die Loxodrome nicht benutzt hat. 
Nun noch ein paar Worte über die Loxodrome vom Kurswinkel 0°. Die 
Ansicht, sie sei keine richtige Loxodrome, weil sie ja im Pol die verschiedenen 
Meridiane offensichtlich unter verschiedenen Winkeln schneide, ist irrig und nur 
auf eine Täuschung durch den Augenschein zurückzuführen. Man muß zwischen 
dem Meridian und der Loxodrome vom Kurswinkel 0° begrifflich unterscheiden. 
Der Meridian geht in einer bestimmten Richtung über den Pol weg und bildet’ 
mit den anderen Meridianen wechselnde Winkel, die dem Längenunterschied gleich 
sind. Die Loxodrome 0° dagegen überschreitet den Pol nicht; sie läuft nur bis 
in den Pol, aber auch nicht glatt wie der Halbmeridian, sondern es gehören zu 
ihr dann noch unendlich viele Umläufe um den Pol in diesem selbst hinzu, und 
auf diesen Umläufen erfüllt die Loxodrome, wie ich in den Ann, d. Hydr. usw. !} 
1919 bewiesen und ausführlich erläutert habe, die ihr gestellte Bedingung, mit 
jedem Meridian den Winkel 0° zu bilden, Die Loxodrome 0° hat im Pol Tangenten 
von jeder Richtung, (Übrigens sind auch die Loxodromen 90° nicht einfach identisch 
mit den Breitenkreisen, sondern zu den Loxodromen gehört die Vorstellung, daß 
sie die Erde unendlich oft umkreisen, was mit dem Begriff des Breitenkreises 
nicht notwendig verbunden ist; die Loxodrome ist hier eine Art Schraubenlinie 
mit der Ganghöhe Null.) ; 
So sehen wir, auch rein begrifflich, die Loxodromen 0° und 90° den übrigen 
Loxodromen völlig stetig angeordnet, und keinen Grund für eine Scheu, sie als 
richtige Loxodromen zu betrachten, Aus mathematischen und aus nautischen 
Gründen ist es nicht geboten, vom bisherigen allgemeinen Brauch, die Loxodromen 
als Linien gleichen Kurswinkels zu definieren, abzugehen, Wer daran denkt, dies 
atwa aus sprachlichen oder historischen Gründen doch tun zu wollen, möge die 
Begründung dafür in der Schrift von Herrn Böhm v, Böhmersheim nachsehen, 
lie eine Fülle von historischem -Material darüber enthält. 
Berlin, August 1926, 
3 H,. Manrer, Kann die Winkeltreue in Einzelpunkten winkeltreuer Karten fehlen? Ann, d. 
Hrdr, usw, 1919, S, 217 bis 219. (Siehe auch 5, 41/42.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.