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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Maurer, H.: Zum Begriff der Loxodrome, 
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sogar Jakob Bernoulli für sich als Kronzeugen auf (S. 120), weil jener in der 
Definition der logarithmischen Spirale, deren Verwandtschaft mit der Loxodrome 
ar hervorhebt, von schiefen Schnittwinkeln spricht. Wenn hier Bernoulli an 
den für die Theorie dieser Kurven ganz uninteressanten Spezialfall mit recht- 
winkligem Schnitt nicht gedacht hat und der allgemeinen Vorstellung der Kurven- 
form entsprechend von schiefem Schnitt spricht, so kann man doch daraus nicht 
folgern, daß ein so systematischer Kopf wie Bernoulli damit hätte aussprechen 
wollen, daß er den Fall mit rechtwinkligem Schnitt nicht als Spezialfall dieser 
Kurven angesehen wissen wolle. 
Mir scheint es, daß Herr v. Böhm die Linien der gleichbleibenden Kurs- 
winkel 0°, 90°, 180°, 270° (abgesehen von den historischen Gründen) deshalb nicht 
als Loxodromen anerkennen will, weil diejenigen vom Winkel 90° und 270°, ab- 
weichend von allen anderen Loxodromen, nicht bis in die Pole laufen, und anderer- 
seits diejenigen vom Kurswinkel 0° und 180° nicht alle Meridiane unter gleichem 
Winkel zu schneiden scheinen, wie es die Definition doch erfordert, Nun glaube 
ich, daß man darin keinen Grund zur Änderung der gebräuchlichen Auffassung 
sehen sollte. Auch andere Kurven haben ja bei gleicher Definition verschiedene 
Kurvenformen, Die Lemniskaten eines Systems haben teils Biskuitform, teils zer- 
fallen sie in zwei geschlossene Kurven; die Schneckenlinien zu einem Grundkreis 
haben teilweise einen Doppelpunkt, teilweise keinen usw. So brauchen wir uns 
auch nicht zu wundern, wenn die Kurven gleichbleibenden Kurses zwar im all- 
gemeinen in endlicher Bogenlänge von Pol zu Pol gehen, im Spezialfall mit dem 
Kurswinkel 90° aber den Polen nicht näher kommen. Auch Herr v. Böhm 
empfindet ja das Bedürfnis, alle Kurven gleichbleibenden Kurses unter einen 
Begriff zusammenzufassen, wie sein Vorschlag der Bezeichnung „Isodromen“ zeigt. 
Warum sollen wir nicht sagen: „Alle Loxodromen als Linien gleichbleibenden 
Kurswinkels umlaufen beide Pole unendlich oft, erreichen sie aber, mit Ausnahme 
des Sonderfalles vom Kurswinkel 90°, mit endlicher Bogenlänge? Über dies 
Erreichen der Pole sagt der Aufsatz (S. 135): „So ist denn auch — in aller Strenge 
gesagt — der Pol für die Loxodrome ein asymptotischer Punkt, dem sie sich 
ohne Unterlaß bis ins Allerkleinste nähert, ohne ihn jedoch trotz endlicher Länge 
aller unendlich vielen Windungen wirklich jemals vollends zu erreichen,“ 
Hier ist die mystische Angabe, daß ein laufender Punkt das Ende einer endlichen 
Bahnlänge niemals erreichen könne, unzutreffend. Da die Bahnlänge endlich ist, 
so wird sie bei jeder endlichen Bahngeschwindigkeit in endlicher.Zeit bis zum 
Endpunkt durchlaufen. Die Vorstellung, daß der Endpunkt niemals („niemals“ 
ist eine Zeitbestimmung!) erreicht werde, kommt durch den Trugschluß zustande, 
daß man sich darauf kapriziert, diese endliche Bahnlänge in Umläufe um den 
Pol zu zerlegen, deren es tatsächlich zwar unendlich viele, aber doch auch von 
ins Unendliche abnehmender Bogenlänge gibt. Wer behauptet, die Loxodrome 
erreicht den Pol nie, macht genau denselben Trugschluß wie die alten Sophisten, 
die behaupteten, der zehnmal schneller als die Schildkröte laufende Achill könne 
diese nie einholen, wenn sie neun Stadien Vorsprung habe; denn wenn Achill am 
Auslaufsort der Schildkröte sei, habe diese 0,9 Stadien Vorsprung, und wenn dieser 
eingeholt sei, noch 0,09 Stadien und so fort ins Unendliche. Der Trugschluß ist 
nun, daß man, weil man die endliche Strecke von 10 Stadien, die Achill bis 
zum Einholen der Schildkröte durchlaufen muß, in unendlich viele Stücke 
9 + 0 + Yı0o0 + Yıooo + ---. zerlegt hat, erklärt, das Ende der Strecke könne 
nie erreicht werden. Ganz genau so liegt es bei der Loxodrome, wenn man ihre 
andliche Bahnlänge in unendlich viele Umläufe zerlegt. Diese Zerlegung der als 
endliche Strecke nachgewiesenen Bahnlänge ist völlig willkürlich und unnötig, 
und die Parallele, man könne die ‘unendlich vielen Summationen der Reihe 
U, +14 + Ya +... nicht ausführen (S. 135), ist verfehlt, denn die Bahnlänge b 
der Loxodrome ist uns gar nicht als eine unendliche Reihe gegeben, sondern 
einfach in der Formel b = (%, — g,) sec k, wo.k der Kurswinkel und g, und %, 
Anfangs- und Endbreite des Bogens sind. Freilich ist für die Loxodrome die 
re) 
. Maurer, Loxodromische Entfernungen. Ann, d. Hydr. usw. 1919, S. 42/43.
	        
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