Schott, G.: Die Tiefwasserbewegungen des Indischen Ozeans. 4925
5. Zur Kerguelen-Mulde und der „Gauß“-Station 42 rückkehrend, wird man,
wie schon oben, S. 422 angedeutet, unter Beachtung der absoluten Beträge des
Salzgehaltes sogar eine besonders mächtige Entwicklung des Polarwassers, etwa
von 100—700 m Tiefe, annehmen müssen (in 700 m noch nur 34.18 %/,,). Das
wird erklärlich durch die vom Kerguelen-Plateau im O und vom Crozet-Plateau
im W bedingte Einengung der Stromlinien in der tiefen Kerguelen-Mulde; die
Schichten weichen nach unten aus, Und nun kommt endlich, allerdings auf
Grund der für Stat. 42 aus anderer Quelle von mir eingesetzten Werte, auch
die Drygalskische Anschauung zu Recht, daß in derselben Kerguelen-Mulde auch
das Tropenwasser besonders mächtig entwickelt sein muß — ich füge ein:
aber erst unterhalb 1100 m bis mindestens 3000 m. Diese Forderung er-
gibt sich aus dem Befund auf Stat, 87; deshalb auch wurde bei Stat. 42 in
1500 m ein S von 34,.78—34,85 als wahrscheinlich eingesetzt. Energische Aus-
bildung also sowohl von P wie von T in dieser Öffnung zwischen Crozet und
Kerguelen. .
6. Der indische Tropenstrom der Tiefe hat nach dem hier vorgelegten
Material unter rund 45° S-Br. sein Hauptniveau in 2000 m, unter 55° S-Br.,
schon in 1500 m, unter 65° S-Br. in 700—1000 m; er steigt auf, dynamisch oder
konvektiv; jedenfalls muß sein Wasser, soweit es nicht zum Bodenwasser wird,
auch in die höheren Schichten übergehen,
7. v. Drygalski bespricht ferner nicht unwichtige Unterschiede zwischen
der Region westlich und der Östlich des Kerguelen-Gaußberg-Rückens. Im
ganzen sind westlich der N—$ verlaufenden untermeerischen Erhebung die senk-
rechten Gradienten der ozeanographischen Faktoren etwas stärker ausgeprägt
als östlich davon, auch die Extreme deutlicher. Das deutet im ganzen auf einen
Wasseraustausch, der im W energischer ist als im O, was mit der Boden-
konfiguration gemäß den Ekmanschen Entwicklungen zusammenhängen wird.
Wenn aber v. Drygalski (S. 499) mit diesem örtlichen Unterschied die be-
kannte oder doch jedenfalls bisher immer angenommene Einbuchtung der Treib-
gisgrenze nach Süden zwischen 60° und 80° O-Lg., also bei den Kerguelen, in
Verbindung bringt, so vermag ich ihm hierin nicht zu folgen. Die gesamten,
vorstehenden Ausführungen sollten zeigen und haben wohl auch gezeigt, daß
nach Norden zu bis 47° S-Br. polares Wasser oder subpolares Wasser durchweg
in den obersten Schichten die Vorherrschaft hat. Xch kann nicht glauben, daß
die Verbreitung der Tiefwasserarten mit der Verbreitung der verschiedenen
Erscheinungsformen des Eises zusammenhängt, wenigstens nicht die Verbreitung
des Tropenwassers, obwohl v. Drygalski, wenn ich ihn recht verstehe, dies
annimmt. Aber ich lege auf diesen Punkt kein besonderes Gewicht.
Wenn wir das Gesamtergebnis nur allein aus den Salzgehaltsbestimmungen
des „Gauß“ ziehen, so ist es ein überaus Wertvolles und Erfreuliches für die
Kenntnis der Zirkulationsvorgänge zunächst im außertropischen Indischen Ozean.
Da aber nun durch die Arbeit der Männer des „Gauß“ eine sichere Grundlage
etwa für die halbe Erstreckung dieses Ozeans in S—N-Richtung vorliegt, so er-
schien es mir zweckmäßig, ehe dies Gesamtergebnis übersichtlich geschildert
wird, die „Gauß“-Beobachtungen nach Norden zu mit dem sonstigen Material zu
einem vollen Längsschnitt von Antarktika bis Indien zu vereinigen (s. Taf. 29).
Das ist in überraschend günstiger Weise gelungen, wie ein erster Blick zeigt.
Die wichtigsten weiteren Daten, zumal für die tropischen Gebiete, werden dabei
W. Brennecke verdankt, der durch seine sorgfältigen titrimetrischen Beob-
achtungen auf der Ausreise S, M, S. „Planet“ 1906 zwischen rund 50° S-Br. und
4° N-Br. es ermöglichte, die „Gauß“-Messungen eng zu verknüpfen mit den
„Planet“-Messungen‘) und dann das Bild nach N fortzuführen. Wichtig wurden
ferner die durch S. M. S. „Möwe“ 1913 der Seewarte eingesandten Wasserproben
auf der Strecke von Durban durch den Mozambique-Kanal nach Deutsch-Ostafrika,
1} Reichs-Marine- Amt, Forschungsreise S. M. S. „Planet‘“ 1906/07, Bd. 111, W. Brennecke,
Özeanographie. Berlin 1909,
Ana. d. Hrydr. usw. 1926, Heft XI