412 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, November 1926,
äußerst ungünstige Wetterlage. Die Zyklone war mit ihrem kräftigen primären
Fallgebiet weiter ostwärts gewandert und lag nun mit ihrem Kern über Süd-
schweden. Die kalten, an ihrer Rückseite ostsüdostwärts fließenden Luftmassen
verstärkten noch den nachdrängenden primären Druckanstieg. Der Druckgradient
wurde dadurch immer größer, so daß Weststurm die Folge war. Die Flugstrecke
dieses Tages führte von Warnemünde über Stettin, Pillau und Memel nach Pillau
zurück. Im ganzen Ostseegebiet tobte ein Weststurm (Stärke 8 bis 9), der die
Lage außerordentlich schwierig gestaltete, Hervorgerufen durch einen Kaltluft-
einbruch herrschte labiles Gleichgewicht in der Atmosphäre, das besonders an
der Küste zu schweren Regenböen Anlaß gab. Gerade die für den Flugbetrieb
in Frage kommenden Luftschichten zeigten eine große Unruhe. Die horizontale
Windgeschwindigkeit schwankte zwischen 12 und 22m p. sec, Die vertikalen
Luftbewegungen haben 15m p. sec überschritten. Nach Aussagen der meisten
Flugzeugführer erreichten die Vertikalbewegungen das Maximum des Erlebten,
In Stettin konnte als Wetteraussicht den Piloten für den Weiterflug nach
Pillau dieselbe gegeben werden, die sie für die Strecke Warnemünde-—Stettin
gehabt hatten: Starkböige Westwinde, Westnordwest schon in 200 m Höhe bis
Danzig, in der Danziger Bucht Südwestwinde von 300 m auf West drehend, Da
auf der ganzen Strecke gleichmäßig schlechte Wetterverhältnisse herrschten, war
dieselbe eine einzige gleichmäßige Gefahrenzone. Die Flugzeugführer waren
schon reichlich abgekämpft und hatten jetzt ganz besonders den Wunsch, schnell
ans Ziel zu kommen. Wieder interessierten die Windverhältnisse am meisten,
Angaben über Sicht und Niederschlagsverhältnisse wurden als Nebensache be-
trachtet. Auch nach dem Seegang wurde wieder lebhaft gefragt. Da hatten
sich seit Beginn des Wettbewerbs die Verhältnisse sehr geändert. Am Sonn-
abend meldeten die Stationen der Nordsee fast alle noch leichten Seegang, am
Dienstag herrschte, hervorgerufen durch den Weststurm, in der Ostsee durchweg‘
Seegang 7 bis 8, sehr hohe See und schwere Dünung.
Da der Sturm und mit ihm die unruhige schlechte Wetterlage am Dienstag
ihren Höhepunkt erreichen mußte, entschloß sich die Sportoberleitung, den
Dienstag für alle, auch für die Nachzügler, als Zwangsruhetag zu bestimmen.
Für den kommenden Tag, Mittwoch den 28, Juli, konnte ein Abflauen des Sturmes
vo rausgesagt werden, Die Flugstrecke ging über Königsberg, Danzig, Stolp-
münde, Warnemünde nach Travemünde und zum Endziel nach Warnemünde
zurück. Die Wetterlage zeigte die südschwedische Zyklone in der Auffüllung
begriffen. Am Vormittag wehte noch ein frischer Wind, aber auch seine Stärke
und die des Seegangs hatten erheblich nachgelassen. So konnte ohne schwer-
wiegende Bedenken für die letzte Flugstrecke von der Beratungsstelle in Pillau
zum Start geraten werden, doch wurde für Start und Landung Vorsicht an-
empfohlen.
Die schweren Bedingungen des Seeflugwettbewerbs, doppelt schwer wegen
der äußerst schlechten Wetterlage, wurden nur von wenigen Maschinen restlos
erfüllt. Der Flugwetterdienst hat nach Möglichkeit das großzügige Sportereignis
unterstützt. Er konnte sich, im Gegensatz zum. sonstigen Luftverkehr, nur auf
eine beratende Tätigkeit beschränken; die Auffassung der Hauptsportleitung war
die, es gibt Wetterlagen, die den Flug ‚unmöglich, und solche, die den Flug
schwierig oder gefährlich machen. Die ersteren (Nebellagen) unterbinden auch
den Sportflug. Alle anderen Wetterlagen dürfen für eine sportliche‘ Veranstal-
tung, wie sie der Seeflugwettbewerb darstellt, nicht hemmend oder verbietend
sein. Für einen Wettbewerb mußte ja gerade eine recht schwierige Wetterlage
vorhanden sein, dann konnten die Leistungen um so höher gewertet werden,
Die Nachfrage der Sportleitungen und besonders der Oberleitung nach Wetter-
nachrichten war äußerst rege, Sie konnte in allen Fällen befriedigt werden,
Die Erfahrungen, die beim Flugwetterdienst während der Tage des Seeflugwett-
bewerbs gesammelt worden sind, werden für ähnliche, spätere Veranstaltungen
zu verwerten sein, Das Beobachtungsnetz, das zur Verfügung stand, reichte
vollkommen aus, doch hätten von einigen Meldestellen, die an besonders wichtiger
Stelle lagen, noch öftere Meldungen abgesetzt werden können. Von den weitab