Ann, d. Hydr. usw., LIV. Jahrg. (1926), Heft XI.
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Die Deutsche Atlantische Expedition
auf dem Vermessungs- und Forschungsschiff „Meteor‘‘.
[V.% Die Vorrichtung für stereophotogrammetrische Wellenauinahmen an Bord
des „Meteor“.
Von Arnold Schumacher,
(Hierzu Tafel 26 und 27 mit Abbildung 3 und 4.)
Mitgeteilt durch die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft,
Das Studium der Meereswellen mit Hilfe der Stereophotogrammetrie!) scheint
bislang nur von deutscher Seite betrieben worden zu sein. Die bis jetzt auf
diesem Gebiet vorliegenden Versuche sind mit den Namen der Herren E, Kohl-
schütter und W. Laas verknüpft, die beide fast gleichzeitig im Jahre 1904, der
eine auf dem Vermessungsschiff „Hyäne“, der andere auf dem Fünfmastvollschiff
„Preußen“, die ersten Aufnahmen zur Vermessung von Meereswellen gemacht haben.
1914 hat die Preußische Akademie der Wissenschaften auf einen Antrag, den der
Direktor des Instituts für Meereskunde, Professor Penck, gemeinsam mit Professor
Laas gestellt hatte, aus ihrer Wentzel-Heckmann-Stiftung für das Jahr 1915
Mittel zur Fortsetzung der Untersuchungen über Meereswellen bereitgestellt; aber
der Krieg und später die Inflation haben deren Durchführung vereitelt”).
Wie alle stereophotogrammetrischen Arbeiten zerfällt die Aufgabe in zwei
voneinander getrennte Teile, in die Aufnahme und die Aufmessung. Die Aus-
wertung stereophotogrammetrischer Platten hat in den letzten Jahrzehnten ganz
außerordentliche Fortschritte gemacht, die auch der Aufnahmetechnik wesentlich
zugute kommen, und die daher hier wenigstens kurz erwähnt werden müssen,
Die Durchbildung der Auswertungsgeräte ist vornehmlich das Verdienst der Firma
Carl Zeiß, Jena; die drei Stufen dieser Entwicklung sind der Stereokomparator
nach C, Pulfrich®), der Stereoautograph nach v. Orel*), dessen spätere Modelle
durch die Zeiß-Werke eine wesentliche Verbesserung erfuhren, und der Stereo-
planigraph,dievon Bauersfeld angegebene letzte Vervollkommnung des Stereoauto-
graphen®). Der Stereokomparator gestattet die punktweise Auswertung von Auf-
nahmen mit parallelen optischen Achsen, bei denen sich die beiden photographischen
Platten in einer Ebene befunden haben; mit dem Stereoautographen und Stereo-
planigraphen werden dagegen unmittelbar Schichtlinien gezeichnet, wodurch die
für die Auswertung erforderliche Zeit von Wochen auf Stunden herabgesetzt worden
ist. Der Stereoplanigraph, vornehmlich für die Stereophotogrammetrie mit Hilfe
von Luftfahrzeugen gebaut, ist bislang der Wellenmessung noch nicht nutzbar
gemacht worden. Er gestattet, Platten auszuwerten, bei denen die Achsen der
Aufnahmekammern beliebige Richtung hatten, sogar solche, die dasselbe Objekt
in verschiedener Größe zeigen. Die Brennweiten der beiden Aufnahmekammern
brauchen, ebenso wie beim Stereoautographen, nicht genau übereinzustimmen.
Die Bedingungen, unter denen ein Paar von Stereoplatten im Stereoplanigraphen
noch- auswertbar ist, sind im wesentlichen die folgenden: Die Platten müssen in
*) Abhandlung JIT (Kuhlbrodt, „Technik und bisheriger Umfang der Pilotballonaufstiege auf
dem Vermessungs- und Forschungsschiff »Meteor«“) befindet sich auf S, 57 bis 64 des Köppen-Heftes
der Ann. d. Hydr. usw. (Beiheft zur September-Nummer 1926).
1} Vgl. E, Rottok, Meereswellen-Beobachtungen. Ann. d. Hydr. 1903, S, 329. — E, Kohl-
schüßter, Die Forschungsreise S, M. S. „Planet“. IJ. Stereophotogr. Aufnahmen. Ann. d. Hydr.
1906, S. 219. — E. Kohlschütter, Stereoph. Arbeiten. „Planet‘“-Werk, Band III, S. 135ff. —
W. Laas, Photogr, Messung der Meereswellen, Zeitschr. d. Vereins Deutscher Ingenieure, 1905,
5. 1889 ff., 1937 ff. und 1976, — W. Laas, Messung der Meereswellen und ihre Bedeutung für den
Schiffbau. Jahrb. d. Schiffbautechn. Gesellschaft. 7. Bd., 1906, S. 391.
2) W. Laas, Die photographische Messung der Meereswellen, Veröff, Inst. für Meereskunde,
N. F.‘ Reibe A, Heft 7, April 1921,
3) Vgl. z. B. H. Lüscher, Photogrammetrie, S. 70 ff, Leipzig 1920.
‘) Vgl. z. B. H. Lüscher, a. a. 0. 5. 83ff.
5) O. v. Gruber, Der Stereoplanigraph der Firma Carl Zeiß. Zeitschr. £ Instrumentenkunde,
1923, S, 14.
Ann. d, Hydr, usw, 1928, Heft XI.