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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1926,
Die übrigen Hafenplätze des Baltischen Meeres — Stockholm, Riga, Libau
u. a, — haben in der ersten Hälfte des vergangenen Winters nicht über besonders
ungünstige Eisverhältnisse klagen können, im Gegenteil! Die Schiffahrt im Rigaer
Hafen hatte beispielsweise bis gegen Ende Februar noch nicht aufgehört; zeit-
weilig war sie freilich nur starken Dampfern möglich, zeitweilig jedoch völlig
unbehindert, jedenfalls aber, verglichen mit den Durchschnittsverhältnissen, nicht
ungünstig !). Hieraus darf nun nicht der Schluß gezogen werden, daß zwischen
den Verhältnissen im Baltischen Meer und im Finnischen Busen eine enge Kor-
relation besteht. Die Frage ist in der Literatur schon erörtert worden*). Fälle,
in denen schwere Eiswinter im südlichen und mittleren Teil des Baltischen Meeres
mit verhältnismäßig leichten im Finnischen Busen zusammenfielen (1923/24), sind
wie auch die umgekehrte Erscheinung (1922/23) gelegentlich vorgekommen. Doch
dürfen diese wechselseitigen Beziehungen einstweilen noch nicht als Regel an-
gesprochen werden, wenn auch der vergangene Winter, wenigstens in seiner
ersten Hälfte, sich, wie wir sahen, entsprechend verhielt,
Bin Umstand darf bei Erörterung der Arbeiten der Eisbrecher auch nicht
unberücksichtigt bleiben. Während der Eisjahreszeit fehlen im Fahrwasser des
Finnischen Meerbusens die Besen, Tonnen und Feuerschiffe. Die Schiffsführung
ist also zur Ortsbestimmung auf astronomische Beobachtungen und das Anpeilen
von Leuchttürmen und Landmarken angewiesen, Das erstere Verfahren genügt
in einem verhältnismäßig kleinen und schwer befahrbaren Wasserbecken, wie es
der Finnische Busen darstellt, nicht, die Frage der Ortsbestimmung muß mithin
ausschließlich mit Hilfe der Leuchttürme usw. und des Kompasses gelöst werden.
Gerade hierfür lagen indes die Verhältnisse im Dezember und Januar des ver-
gangenen Winters denkbar ungünstig, wie folgende Übersicht zeigt:
Zahl der Tage mit:
Dezember | Januar
Kronstadt | Kurgalowol Kronstadt | Kurgalowo
) Nee a . 22
b) Schneegestöber { 1oappg 21... 11 | 12 & | 5
a Mittel esse e nern ernennen 10 6 (11) 6
ea REN 29 16 so | 12
Bem.: Die eingeklammerten Werte sind unsicher; wahrscheinlich sind die wahren Mittel kleiner,
Die Zahlen der Tabelle lassen, zumal im Vergleich mit den langjährigen
Mittelwerten, erkennen, daß die Sichtverhältnisse in jenen Monaten außerordentlich
ungünstig gewesen sind; Nebel und Schneegestöber beeinträchtigten sie an mehr
als der Hälfte aller Tage. Außerdem wies Kurgalowo im Dezember 12, im Januar
6 Sturmtage auf. Daß diese Witterungsverhältnisse auch ihrerseits die Tätigkeit
der Eisbrecher erschwert haben, ist selbstverständlich.
Leningrad, 23. Februar 1926. Geophysikalisches Zentralobservatorium.
Fortlaufende Lustren-Mittel
der Wasserstände verschiedener Ost- und Nordseestationen.
(Nebst Bemerkung über eine 11jährige Periode der Wasserstände.)
Von Otto Meißner, Potsdam,
(Hierzu Tafel 24 und 25.)
1. Bei meinen Untersuchungen?) über die vermutliche säkulare Periode des
Wasserstandes an der deutschen Ost- und Nordseeküste hatte ich, um die auf
meteorologischen Ursachen beruhenden Schwankungen kürzerer Dauer einiger-
1) L. Rudowitz, Die Eisdecke des Rigaer Meerbusens. 1918 (in russ. Spr.).
2) Bull, de Inst, Hydrolog. de Russie; Heft 13. S. 77; Leningrad 1925.
3, Ann, d. Hydr. usw., 52, 121—124; 53, 201—298,