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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Paulus, A.: Schiffahrt und Eis. 
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östlichen Windes noch merkbare nördlich und nordwestlich drängende Tendenz, 
Da ich außerdem bei Gjedser Rev noch regen Schiffsverkehr vermutete, nahm 
jch von vornherein an, daß die beiden zu suchenden Schiffe in der Nähe von 
(ljedser Rev sich nicht befinden könnten. Meine Absicht war deshalb, die 
Mecklenburger Bucht in ihren nördlichen Teilen abzusuchen und dann bis Gjedser 
und. darüber hinaus vorzustoßen, 
Gegen Mittag wurde 6 Sm SSO von Hyllekrog der Dampfer „Nordland“, 
Reederei Nordika, Hamburg, aus dem Eis gebrochen und angewiesen, im Kiel- 
wasser „Richtung Warnemünde“ zu folgen. Auf dem Wege dorthin würde mit 
dem schwedischen Dampfer „Göta“ aus Oskarshamn in gleicher Weise verfahren, 
Beide Dampfer wurden gegen 5h Nm. im freien Wasser vor Warnemünde entlassen, 
Danach wurde noch bei guter Sicht bis Gjedser Rey vorgestoßen. Die Eis- 
stärke nahm erheblich zu (10 bis 20 cm Dicke), auch erschien bei der ein- 
getzenden Dunkelheit ein Suchen bei Nacht östlich und nördlich von Gjedser Rev 
aussichtslos. Ich gab deshalb folgenden Funkspruch ab; „Deutscher Dampfer 
„Nordland“ und schwedischer Dampfer „Göta“ sind vor Warnemünde geführt, 
Durch starkes Eis bis GHjedser Rev vorgestoßen. „Oderberg“ und „Ellen“ bisher 
nicht gefunden. Eisgefahr für Schiffahrt groß. Soll Aufgabe fortgesetzt werden? 
Schiffsverkehr rege.“ Bis zum Eintreffen weiterer Befehle wurde West-Kurs 
gesteuert und bei der prachtvoll mondhellen und sternklaren Nacht das Seegebiet 
weiter abgesucht. 
Gegen 8h Nm, ging die funkentelegraphische Nachricht ein, daß, wie zu 
erwarten, „Oderberg“ und „Ellen“ zwischen Trälleborg und Stevensklint gesichtet 
seien. Da ein weiterer Marsch von 60 Sm durch das starke Eis für den Kreuzer 
bedenklich schien — das Schiff zitterte stark, die Platten am Bug vibrierten 
ein paar Zentimeter und durch lose Nieten drang etwas Wasser ein —, 80 brach 
ich mit Rücksicht auf zu erwartende Beschädigung, und weil wegen des %Zu- 
nehmenden Eises die Rückfahrt durch den Fehmarn-Belt später in Frage gestellt 
schien, die Unternehmung ab. 
Bei der Fahrt nach Westen wurden ein schwedischer und ein norwegischer 
Dampfer sowie die deutschen Dampfer „Corona“ von der Reederei Viotor 
Schunnel, Berlin, und „Käthe“ von der Reederei Griebel, Stettin, aus Eisnot 
befreit und. nach. Warnemünde geleitet. Der schwedische und der norwegische 
Dampfer verließen den Geleitzug vorzeitig, als sie anscheinend glaubten, in 
weicheres Eis zu kommen. Der schwedische Dampfer, wahrscheinlich „Reserve“ 
von der Reederei Sundsvall, bat später funkentelegraphisch erneut um Hilfe, 
die ich aber ablehnen mußte. . 
Gegen Mitternacht wurde die Rückfahrt durch den Fehmarn-Belt angetreten 
und durch ununterbrochene Eisfelder wechselnder Stärke nach der Marstal-Bucht 
gesteuert und dort gemäß Befehl der Dampfer „Heikendorf“ mit seinem Leichter 
aus dem Eis gebrochen. Unterwegs wurde der Dampfer „Finkenau“, Reederei 
Cohrs u. Amm6, Hamburg, noch befreit und mitgenommen. Dem Geleitzug 
schloß sich noch ein Fischdampfer an; bei „Kiel-Feuerschiff“ wurden die Fahr- 
zeuge in freiem Wasser entlassen. 3* Nın, machte „Medusa“’ an der Blücher- 
brücke fest, 
Bei Nacht ist die Beurteilung der Stärke der zu durchstoßenden Eisschichten 
sehr schwierig. Am Tage kann man jedoch bald aus dem Aussehen der Ober: 
fläche des Feldes die Widerstandskraft einschätzen. 
Zum Aufsuchen von Schiffen würden Flugzeuge, zur schnellen Verständigung 
von Schiff zu Schiff bei Nacht mit den Morselampensignalen vertrautes Schiffs- 
personal von großem Nutzen sein.« 
Nachdem „Medusa“ durch Funkspruch gemeldet hatte, daß das Eisbrechen 
für den Kreuzer infolge der wachsenden Stärke des Eises bedenklich würde und 
es daher ratsam erschiene, für weitere Eisbrechertätigkeit ein Linienschiff heran- 
zuziehben, wurde am 17. II. 4 Vm, vom Kommandanten des Linienschiffes „Braun- 
schweig“, Kapt. z. See Wieting, der Befehl gegeben, daß das Schiff um 8b Ym, 
zum Eisbrechen seeklar sei, Diese Maßnahme schien erforderlich, da angenommen 
werden mußte, daß sich durch den immer stärker einsetzenden Frost die Lage
	        
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