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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Januar 1926,
lies ich das Schiff bis 4b Nm, auf Nordkurs beigedreht bei böigem unsteten
Wind, der nach W geholt hatte, — Dann legte ich es auf S-Kurs bei südlicher
holendem Wind und steigendem Glas 758.0, um 8b Nm, wieder auf NNW-Kurs
und setzte die schweren Segel. — Am 11. Mai 8b Ym. halsten wir bei nach WNW
zurückdrehendem Wind, Bar. 763.4, nach Süden und steuerten SW-Kurs mit 9 Sm
Fahrt. — Schiffsort nach angenäherter Beobachtung am 11. Mai: 56.6° S-Br., 70.2°
W-Lg. — Wir stellten fest, daß der Haltering der Steuerbord- GroBmarspuelttings ge-
brochen war und setzten Drahtlaschings auf. — Der Wind, der inzwischen an Stärke
zunehmend nach NW geholt hatte, wuchs im Laufe des Nachmittags bei fallendem
(as 755,5 um 4b Nm. zum schweren Sturme an, Stärke 10/11. — Wir machten
alle Segel bis auf Untermarssegel und Innenklüver fest und drehten um 10h Nm, mit
Backbord-Halsen bei. — Um 11% Nm, bargen wir Vor- und Kreuzuntermarssegel
sowie Innenklüver. — Persennige wurden in den Wanten angebracht, — Während
des 12. und 13, Mai wütete der Sturm mit unverminderter Stärke. in Verbindung
mit orkanartigen Hagelböen; das Schiff arbeitete furchtbar in gewaltig hoher NW-
und W-Dünung, schöpfte Wasser in Lur und Lee und rollte häufig zum Kentern, —
Am 138. Mai 9.35 Vm, peilten wir Diego Ramirez rw. S25°0 10 Sm ab,
Wind WSW 10/11, Da zu befürchten stand, daß bei weiter südlich holendem
Wind, — das Barometer, das bis 732 gefallen war, begann zu steigen — und
bei der großen Abtrift das Schiff auf Land gesetzt werde, entschloß ich mich,
auf S-Kurs beizudrehen, — Als das Schiff nicht abfiel, setzten wir Innenklüver,
Mittelklüver, Großstengestagsegel und Fockschoot, steuerten, um gut von Diego
Ramirez frei zu liegen, rw. N18°0 4 Sm, dann rw. O0 4 Sm und drehten um 12%
mittags auf SSO-Kurs bei. — Der Wind wehte während des ganzen Tages mit
Stärke 10/11; äußerst heftige Hagelböen; gewaltige Dünung aus NW uod W, in
der das Schiff furchtbar arbeitete; das Vordeck stand ständig unter Wasser, — Am
15. abends brach der Ring der Spannschraube an den Rüsten der Steuerbord-Groß-
marsstengepardune, Wir setzten sofort starke Drahtlaschings auf, ebenso auf die
übrigen Steuerbord-Großmarspardunen, und schwichteten alle Großtoppardunen
von Backbord nach Steuerbord mit vierzölligem Tau nach. — Am 14, Mai brach
um 4,20% VYm. bei unveränderter Wetterlage die mittlere Marspardune Steuerbord-
Großtopp 2 Meter über der Spannschraube. — Wir brachten sofort Reservepardune
nach oben. — Während diese am Spill steifgehievt wurde, holte das Schiff be-
sonders stark nach beiden Seiten über, die GroBßmarsstenge brach am Eselshaupt
des Untermastes und stürzte mit der Bramstenge nach Backbord über Bord, die
Kreuzroyalstenge, deren Rahe vor Kap Horn an Deck gegeben worden war, mit
sich reißend. — Es wurden sofort Fock und Stagsegel gesetzt, damit das Schiff
nicht quer zur See zu liegen komme; dann begannen wir mit Kappen der über
Bord hängenden und bei jedesmaligem Rollen schwer gegen die Bordwand
schlagenden Trümmer und laschten an Deck die herumschlagenden Rahen, wobei
beide Bramrahen über Bord gingen. — Die sogleich angestellten Peilungen
argaben, daß das Schiff dicht war, — Nachmittags 2b brach der Laschibgs-
schäkel des mittschiffs stehenden Besanbaumes, der mehrere Male mit starker
Wucht von Backbord nach Steuerbord schlug und die Halterung der Backbord-
Kreuzmarspardune abriß. — Durch Laschen des Baumes gelang es, weitere
Schäden zu verhüten. Um 52 Nm, während das Sehiff immer noch in sehr
starker Dünung furchtbar rollte, brach die Steuerbord-Vorroyalpardune, die durch
Reservepardune ersetzt wurde.
Da das Schiff nach Logge und bei dem seit mehreren Tagen herrschenden
starken Sturm durch den Strom bereits bis zur Länge von Kap Horn zurück-
getrieben sein mußte und ein Fortsetzen der Reise unter den obwaltenden Um-
ständen unmöglich war, entschloß ich mich, zurückzugehen und Montevideo als
Nothafen anzulaufen, — Mit Fock und Stagsegel, später mit Marssegeln, steuerten
wir bei abflauendem N-Wind und immer noch äußerst heftig arbeitendem Schiff
rw. © bis SO; am 16. Mai erhielten wir angenähertes Mittagsbesteck zu 55.2° S-Br.
62.3° W-Lg. — Um nicht bei der geringen Segelführung zu weit nach O gedrängt
zu werden und um die Eisgegend zu vermeiden, entschloß ich mich, westlich
der Falklands-Inseln nach Norden zu segeln. — Der Ballast lag sehr gut.