Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 54 (1926)

Kleinere Mitteilungen, 
385 
2, Erwiderung auf die Bemerkungen A. Defants zu meiner Abhaudlung‘ 
„Eur Theorie der halbtägigen Goazeiten des Atlantischen Ozeans“, Mit den 
Einwänden, die Prof, Defant auf Seite 133 dieses Jahrgangs der Ann, d, Hydr. 
gegen den Inhalt der eben genannten Arbeit (Ann. d. Hydr, 1926, S. 1 bis 13) 
vorbringt, will er vor allem seine eigene Theorie der Längs- und Querschwingungen, 
die ich abgelehnt hatte, wieder stützen. Aber seine Argumente sind nicht stichhaltig. 
Defant hatte in seiner Arbeit: „Die Gezeiten des Atlantischen Ozeans und 
des Arktischen Meeres“ (Ann, d, Hydr, 1924, S. 153 bis 166, 177 bis 184) behauptet, 
daß sich die Atlantischen Gezeiten restlos durch Längs- und Querschwingungen 
eines Kanals, den er sich am jenseitigen Ufer des Arktischen Meeres abgeschlossen 
dachte, erklärbar seien. Dieser Meinung trat ich entgegen, indem ich zunächst 
zeigte, daß Defants Grundannahme den Tatsachen widerspricht, indem sich an 
dem sogenannten „inneren“ Ende nicht, wie Defants Auffassung es unbedingt 
erfordern würde, ein Schwingungsbauch ausbildet, sondern im Gegenteil außer- 
ordentlich kleine Hubhöhen zur Beobachtung kommen. 
Wie Defant nach dieser Feststellung u, a. seinen rechnerischen Nachweis 
einer Knotenlinie bei Island noch aufrechterhalten will, ist mir nicht verständlich, 
denn dieser beruhte doch ausschließlich auf der Annahme eines Schwingungs- 
bauches am inneren Ende, Meine Auffassung der Amphidromie um die Fär Öer 
als einer lokalen, durch die besonders geringen Meerestiefen bedingten Erscheinung 
bezieht sich. selbstverständlich auch auf die zugehörigen Gezeitenströmungen. 
Gegen den von mir geführten Beweis, daß bloße Längs- und Querschwingungen 
zur Darstellung der Atlantischen Gezeiten vollkommen unzureichend sind, kann 
Defant keinen Einwand erheben. Wenn er wörtlich sagt: „Wenn man die 
Kanaltheorie zur Erklärung der Gezeiten des Atlantischen Ozeans heranziehen 
will, muß man am geschlossenen Ende des Kanals zu rechnen anfangen‘', so ist 
dies in doppelter Hinsicht unzutreffend; denn erstens gibt es, wie sich gezeigt 
hat, überhaupt kein im hydrodynamischen Sinne geschlossenes Ende des von 
Defant betrachteten Kanals; zweitens übersieht er aber, daß meine numerische 
Integrationsmethode ohne weiteres gestattet, die Rechnung an jeder beliebigen 
Stelle des Kanals zu beginnen, wenn es gelingt, die beiden Integrationskonstanten 
für die betreffende Stelle zu bestimmen. 
Als diesen Ausgangspunkt wähle ich das Amphidromiezentrum, dessen Lage 
uns ja näherungsweise bekannt ist. Dort muß jedenfalls » = 0 sein; außerdem 
müssen die Integrationskonstanten so gewählt werden, daß kein Widerspruch mit 
den auf den Azoren sehr genau beobachteten Amplituden besteht. - Aus diesen 
beiden Annahmen berechne ich die sämtlichen Längs- und Querschwingungen, die 
vom Amphidromiezentrum bis zum südlichen Ende des Atlantischen Ozeans statt- 
finden müßten, wenn die Theorie zuträfe, mit aller erreichbaren Exaktheit, Das 
Resultat steht nun aber mit den Boobachtungen in vollstem Widerspruch. Nicht 
nur sogenannte „Feinheiten“ der Erscheinungen, wie Defant sich ausdrückt, sondern 
auch die Haupterscheinungen selbst, wie z. B. die fortschreitende Welle im süd- 
lichen Atlantischen Ozean blieben ganz unerklärt. Denn die Längsschwingung 
erführe durch sämtliche hinzutretende Querschwingungen nicht, wie Defant meint, 
eine „Modifikation“, die zu einem engeren Zusammenrücken der Flutstundenlinien 
führte, vielmehr müßten sich auch beim Hinzutreten der Querschwingungen an 
der Mittellinie geradezu sprunghafte Änderungen der Phase um je sechs Stunden 
einstellen, wovon die Beobachtungen keine Spur zeigen, 
Es bleibt also wohl kein anderer Ausweg, als die Theorie der Längs- und 
Querschwingungen endgültig fallen zu lassen. Daß auch alle von Defant 
aus ihr gezogenen Folgerungen, wie z. B, die Trennung der selbständigen und 
der Mitschwingungsgezeit hierdurch gegenstandslos werden, ist selbstverständlich,. 
Über die Art und Weise, wie Defant die von mir entwickelten Rechenmethoden 
zur Anwendung bringt, möchte ich nur noch bemerken, daß man mit Querschnitten: 
die {im südlichen Teil) durchschnittlich um 1000 km voneinander entfernt sind, 
die numerischen Integrationen wohl nicht ausführen darf, wenn man zu brauch- 
baren Ergebnissen gelangen will. Irgendwelche Hilfsrechnungen, die auf der 
Annahme linearer Änderungen der Größen 4E und 4n in diesen großen Inter- 
vallen beruhen, nützen da natürlich nichts,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.