Bartels, J,: Barometrische Messung der Hochseegezeiten,
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pischen Gewässern zu veranlassen,‘ dem Barographen größere Aufmerksamkeit zu
schenken, namentlich hinsichtlich Skalenwert und Temperaturempfindlichkeit. Selbst
geringe Temperaturkoelffizienten (etwa 0.1 mm pro Grad) reichen bei einigermaßen
großen Wärmeschwankungen hin, um die Reihe für die Untersuchung unbrauchbar
zu machen, namentlich für die Ableitung der sonnentäglichen Schwankung, wie
traurige Erfahrungen an Landstationen gezeigt haben.
Angesichts des riesigen Beobachtungsmaterials an vierstündlichen Barometer-
ablesungen, das seit Jahrzehnten in Gestalt der meteorologischen Tagebücher von
Handelsschiffen in den hydrographischen Ämtern gesammelt wird, erscheint es
aber nur als eine Geldfrage; brauchbare Werte für die Hochseegezeiten abzuleiten.
Bisher ist dieses Material wohl nur in einer Arbeit von P. Henckell!) benutzt
worden, der die halbtägige Luftdruckschwankung über den tropischen Ozeanen
berechnete, Daß wenigstens in vielbefahrenen Meeresteilen die Beobachtungen
genügend häufig sein werden, kann man daraus entnehmen, daß allein das Zehn-
gradfeld 0%-—10° N, 20°—30° W in den 18 Jahren 1891—1908 über 4000 brauch-
bare Beobachtungstage aufwies! Dabei wurden nur Tagebücher von Segelschiffen
benutzt, die in der Deutschen Seewarte aufbewahrt werden.
Das Rechenschema müßte natürlich sehr sorgfältig ausgearbeitet werden,
Wegen der jährlichen Periode der atmosphärischen Ebbe und Flut (ö,p), die
S, Chapman nachgewiesen hat, muß das Jahr in drei Teile zerlegt werden:
Sommer (Mai bis August), Winter (November bis Februar) und Äquinoktien (März
April, September, Oktober}; diese Einteilung schließt sich an diejenige an, die
sich bei den Untersuchungen über 6, p als zweckmäßig erwiesen hat. Als Minimum
wären etwa 100 Tage in jeder Gruppe anzusehen, jedoch sind 400 Tage und mehr
erwünscht. Um diese Anzahl zu erhalten, wird man vielleicht mehrere Gradnetz-
einheiten zusammenfassen müssen, und zwar zweckmäßig in Streifen längs der
zu erwartenden Flutstundenlinien. Die Rechnung würde also in folgenden Schritten
verlaufen:
a) Aufstellung einer Liste der verfügbaren Beobachtungen innerhalb der
Tropenzone, nach Jahresdritteln und einer passenden Netzeinheit geordnet, (Die
üblichen Fünfgradfelder sind ein wenig zu groß.)
b) Zusammenfassung der Netzeinheiten in geeignete Gruppen, die in den
Jahresdritteln verschieden sein können, falls die Schiffshäufigkeit wechselt. Mini-
mum der Anzahl der Tage in der Gruppe ist 100, jedoch sind 400 anzustreben,
oc) Ausschreiben der Luftdruckwerte, zunächst nach Sonnenzeit geordnet. Aus
verschiedenen Gründen empfiehlt es sich, nicht die Werte selbst, sondern Ände-
rungen zwischen aufeinanderfolgenden Ablesungen auszuschreiben. Denn die ab-
solute Höhe des Barometerstandes, das Tagesmittel, interessiert uns nicht, und die
Änderungen (in !/,„ mm oder 0.01 inches) sind mit weniger Ziffern wiederzugeben
als die Druckwerte, wodurch die Rechenarbeit vermindert wird. Außerdem würde
die verschiedene Höhe der Tagesmittel bei der späteren Ordnung nach Mondzeit
störend wirken.
d) Berechnung des sonnentäglichen Ganges dieser Differenzen.
e) Elimination des sonnentäglichen Ganges aus den Einzelwerten, Neuord-
nung nach Mondzeit. Da die Termine der Einzelwerte nur bis auf + 2 Stunden
mit der betreffenden Mondstunde zusammenfallen, wird die zwölfstündige Welle,
durch Ausgleichung über vierstündige Intervalle, im Verhältnis sin (mz/3):7/3 = 0.83
abgeflacht; die Amplituden sind deshalb zum Schluß in diesem Verhältnis zu ver-
größern. Auch empfiehlt es sich, überall den Greenwicher Meridiandurchgang
anzunehmen, und nur zum Schluß die Phase um 2L°/29 zu vermindern, wo L die
Länge in Grad bedeutet, Östlich positiv, westlich negativ?)
f) Fortlaufende Addition der mittleren Differenzen gibt den lunaren Gang
5 P, Heneckell, Ann. d. Hydr., Bad. 40, Hamburg 1912, S, 680-—670.
2 Vgl. S. Chapman, Quart, Journ, R. Meteor, Soc., Vol. 45, London 1919, p. 132. Auch die
übrigen Teile dieser Arbeit sind hier von Interesse. Die demnächst erscheinende Bearbeitung des
mondtägigen ONE des Luftdrucks zu Potsdam und Hamburg, die der Verf, mit Unterstützung der
Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft durchgeführt hat, wird auch eine kurze Übersicht über
die Methoden und Ergebnisse S, Chapmans enthalten.