Ekman, W. V.: Können Verdunstung usw. im Meere merkliche Kom pensationsströme verursachen? 269
allgemeinen in der Nähe der Grenzlinien eines Verdunstungs- oder Nieder-
schlagsgebietes ihre größten Geschwindigkeiten erreichen. Wir müssen also ein
möglichst großes, zusammenhängendes Verdunstungsgebiet in Betracht ziehen und
wählen die Zone zwischen 10° und 40° N-Br. (Die Gewässer hinter der west-
indischen Inselfront sollen dabei nicht mit einbezogen werden, da sie an einer
großen atlantischen Wirbelbewegung nicht teilnehmen können.) Die Nettoabgabe
von Wasser zur Atmosphäre entspricht nach Wüst in den Zonen 10°—20°,
20°—30°, 30°—40° einer jährlichen Senkung der Oberfläche um bzw. 94 cm, 95 cm
und 43 cm. Werden diese Zahlen mit den Flächeninhalten der entsprechenden
Breitezone — rund 5,5, 6.9 und 7.0 Millionen Quadratkilometer multipliziert, und
wird auf Sekunden umgerechnet, so findet man im Jahresmittel für das ganze
Gebiet einen Totalverlust von rund 470000 m? Wasser pro Sekunde. Diese
470000 m? Wasser in der Sekunde müssen von außen her zugeführt werden, ob
durch Flüsse oder durch Meeresströme von Norden und Süden ist belanglos.
Wegen der Form des betrachteten Verdunstungsgebietes sind die Gleichungen
(8) und (10) eigentlich hier nicht verwendbar, Da nach der vereinfachten Gl. (14)
die Zirkulation um das Verdunstungsgebiet gleich ist der mit einem Mittelwerte
von 2x/q’D” multiplizierten totalen Verdunstungsmenge pro Zeiteinheit, können
wir aber auf folgende Regel schließen: Wenn verschiedene Meeresgebiete des-
selben Flächeninhaltes und mit derselben totalen Verdunstungsmenge, alle von
einigermaßen regelmäßigen, konvexen Form, untereinander verglichen werden,
so wird die mittlere Randgeschwindigkeit des Verdunstungsstromes im allgemeinen
bei kleinerer Grenzlänge größer, und mithin für das kreisförmige Gebiet am
größten. Wenn wir ein kreisförmiges Meeresgebiet von dem gegebenen Flächen-
inhalte und mit der gegebenen totalen Verdunstungsmenge annehmen und nach (8)
die Randgeschwindigkeit berechnen, so kann die letztere also als eine obere
Grenze der tatsächlich erreichten, mittleren Randgeschwindigkeiten benutzt werden,
Der Flächeninhalt ist 194 X 105 km*, was einem Halbmesser r= 2.5 X 10% cm
entspricht. Die mittlere Verdunstungshöhe des ganzen Gebietes ist 2.4 X 10-5 cm/sec,
was — wenn für die Bodenschichten qg” = 1.05 angesetzt wird —
8 m 2.45<10—
entspricht. Mit diesen Werten von ” und Ö ergibt sich aus (8) eine Geschwin-
digkeit längs der Randkurve des Gebietes von
G = 1,7 em/sec
and dementsprechend eine untere Reibungstiefe D” — 10 m,
10. Die so berechnete maximale Geschwindigkeit eines Verdunstungsstromes
ist aber — selbst von der nicht kreisförmigen Gestalt des Meeresgebietes ab-
gesehen — aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich viel zu groß.
Erstens ist der Koeffizient 600 in Gleichung (6) wahrscheinlich zu klein, was
zu große Geschwindigkeiten zur Folge haben muß, Er wurde, in Ermangelung
eines sichereren Wertes, in Analogie mit einem für die obere Reibungstiefe ge-
machten Ansatze gewählt. Die Analogie ist aber keine vollständige, denn die in
den Oberflächenschichten meistens stabile Schichtung fehlt in den großen Tiefen,
was eine Vergrößerung der unteren Reibungstiefe bewirken muß. Erwägungen
ampirischer Art weisen auch in gleicher Richtung‘).
Noch wichtiger ist der Umstand, daß der Verdunstungsstrom im Meere nicht
allein auftritt. Auch die Winde müssen Tiefenströme hervorrufen, die wahr-
scheinlich die Verdunstungsströme an Geschwindigkeit weit übertreffen. Dann
wird aber die Reibungstiefe XD)” wesentlich von anderen Faktoren als von dem
Verdunstungsstrome selbst abhängen, und sie wird größer als nach dem nunmehr
angültigen Ansatze (6). Nehmen wir z. B. den mit den tatsächlichen Verhält-
nissen der Oberflächenschichten vergleichbareren, konstanten Wert D” = 100 m
an, so ergibt sich (unter im übrigen unveränderten Voraussetzungen) aus (10)
oder (14) die Randgeschwindigkeit
G — 0.2 cm/sec.
Siehe z, B. „Über Horizontalzirkulation usw.“ 8, 74.