Meinardus, W.: Gerhard Schott: Geographie des Atlantischen Ozeans, 959
ünd eindrucksvoll und läßt mit einem Blick erkennen, in welchen Gegenden des
Ozeans die Hauptwasserbewegungen stattfinden. So zeigt sich mit frappierender
Deutlichkeit, daß der Südäquatorialstrom viel stärker ist als der Nordäquatorial-
strom, und ein ähnliches Stärkeverhältnis zeigen der Benguela« und der Kanaren-
strom, welch letzterer nur als schwache, unbestimmte Wasserbewegung in die
Erscheinung tritt. Die rückwärtige Verbindung‘ des Benguelastromes mit der
Westwindtrift wird im Gegensatz zu der von Hans H. F, Meyer vertretenen
Auffassung!) als vorhanden angesehen und dargestellt, wenn auch in weit engeren
Grenzen, als es früher geschah,
Der Abschnitt über Ebbe und Flut, der in der ersten Auflage fehlte, gibt
einen Überblick über die Gezeitenerscheinungen des Ozeans nach dem Entwurf
v, Sternecks (1920) durch Flutstundenlinien ($. 148), Ob sie den wirklichen
Verhältnissen entspricht, bleibt allerdings noch eine offene Frage, wie die Leser
dieser Zeitschrift aus den widerstreitenden Ansichten Sternecks und Defants
entnehmen können, Die Gezeiten der nordwesteuropäischen Gewässer (Nordsee,
Britisches Schelfmeer) werden durch Linien gleichen mittleren Springtidenhubs
nach A, Merz dargestellt. Von Interesse ist die kleine Kartenskizze der Chess-
peake-Bai mit ihrem Gezeitenausmaß, das an der vom Ozean aus rechtsliegenden
Ostküste unter dem Einfluß der Erdrotation größer ist als an der Westseite, eine
Tatsache, der allgemeine Bedeutung zukommt.
Bei der Einzelbesprechung der Strömungen in den von Schott unterschiedenen
Gebieten des Ozeans verdient Erwähnung die Wiedergabe des Strömungsbildes
in der Floridastraße nach G. Wüst; ferner die Darstellung der Strömungen und
Wirbel in der Nähe der Neufundlandbank nach Edward H. Smith, Auf solche
Wirbel an der Grenze der Strömungen an dieser Stelle haben übrigens u, a, auch
schon E, Knipping?) und O0. Krümmel? hingewiesen. Der Verfasser macht
dann durch Vergleich der Beobachtungen des „Thor“ im Juni 1905 und des „Michael
Sars“ im Juni 1910 auf die Tatsache besonders aufmerksam, daß unperiodische
Schwankungen in den physikalischen Verhältnissen des Ozeans bis in große Tiefen
hinab vorkommen. Diese Feststellung kann eine Warnung sein für eine zu weit-
gehende Verallgemeinerung der bei einer einzelnen Expedition gewonnenen Be-
obachtungsreihen. Es gewinnt immer mehr den Anschein, daß auch in größeren
Tiefen des Ozeans unperiodische Erscheinungen von £o0 erheblichem Ausmaß vor-
kommen, daß das normale Bild der Verteilung der 0zeanischen Elemente erst durch
oftmalige Wiederholung der Messungen an derselben Stelle ermittelt werden kann,
In dem sehr umfangreichen Kapitel über das Klima finden wir Änderungen
der Darstellung auf Tafel XVIII (Jahresschwankung der Lufttemperatur) in den
Subtropen des Nordatlantischen Ozeans und ganz im Süden, hier nach den von
Barkow bearbeiteten Ergebnissen der Deutschen Antarktischen Expedition, Auch
die Luftdruckkarten für Januar und Juli sind im Bereich des Weddell-Meeres und
westlich davon neu gezeichnet nach den Ergebnissen der „Internationalen Meteoro-
logischen, Kooperation 1901 bis 1904“, die in dem von Mecking und mir bear-
beiteten Meteorologischen Atlas des Deutschen Südpolarwerkes Drygalskis nieder-
gelegt sind. Ebenso sind die Isobaren des Nordatlantischen Ozeans nach der
Veröffentlichung von Defant neu gezeichnet worden, Leider sind aber die Luft-
druckkarten auch noch in der neuen Auflage ohne Berücksichtigung der Schwere-
korrektion entworfen, was vermieden werden sollte, Die neueren Forschungen
im antarktischen Teil des Ozeans sind bei der Darstellung der Windverhältnisse,
der Bewölkung und der Niederschläge ebenfalls berücksichtigt.
Selbstverständlich sind auch die neueren Werte der Verdunstung, die G. Wüst
für die verschiedenen Zonen des Ozeans berechnet hat, aufgenommen, Aber es
ist fraglich, ob der Verfasser mit der Behauptung recht hat, daß die Verdunstungs-
menge des Atlantischen Ozeans durch die auf ihn fallenden Regenmengen und
die ihm zugeführten Fiußwassermengen genau kompensiert wird (S, 232), Es ist
Inst,
3 Hans H, F. M bh Die Oberflächenströmungen des Atlantischen Ozeans im Februar, .Veröff,
{. Meeresk. Neue Folge A, Heft 11. Berlin 1923.
*) Am, d. Hydr, usw, 1906, 8. 214. und Tafel 2, Fig. 4.
%) Handbuch d. Ozeanographie. 2. Aufl, Bd. 11, S. 604: Stuttgart 1911.